"Der Kampf geht weiter"

Rezensiert von Rainer Moritz |
Trauer breitete sich anno 1997 über Deutschland und den Alpenrepubliken aus, als es in der "Zeit" plötzlich keine Harry-Rowohlt-Kolumnen mehr gab. Mit einem Mal sollte es diese sehr komischen - zu allem Unglück auch noch unregelmäßig erscheinenden - Blitzlichtgewitter nicht mehr geben.
Der Grund dafür war rasch benannt (und sollte anderen Schreibern als Mahnung dienen): "Ich habe mir lediglich das Schreiben abgewöhnt, weil mir meine letzten Kolumnen nicht mehr gefallen haben, und da habe ich mir gedacht: 'Wenn schon ich selbst so schreibe, dass ich das nicht gern lese, wie lausig müssen das erst Leute finden, die es nicht mal geschrieben haben?!'"

Seit diesem viel beklagten Abschied sind sieben Jahre verstrichen. Harry Rowohlt hat immer noch kein Comeback als Kolumnist gefeiert, doch sein umfängliches Talent bewies er in dieser Zwischenzeit auf vielen Feldern: zum Beispiel als hoch gelobter Übersetzer (etwa von Flann O’Brien oder David Sedaris) und als unverzichtbarer Nebendarsteller im TV-Seriendauerbrenner "Lindenstraße", wo er Woche für Woche das Ansehen des deutschen Penners mehrt.

Passend zu seinem 60. Geburtstag am 27. März tritt Harry Rowohlt nun wieder als O-Ton-Autor hervor - nicht mit verschwurbelten Gesellschaftsromanen oder hyperkomplexen Lyrikbändchen, sondern als Verfasser seiner "nicht weggeschmissenen Briefe" aus den Jahren 1966 bis 2004. Zustande gekommen ist dieser sehr komische und nicht minder lehrreiche Briefband nur dank der Kärrnerarbeit, die die tapfere Journalistin Anna Mikula als Herausgeberin auf sich genommen hat. Eine aus rund 30.000 nicht immer akribisch geordneten Lose-Blatt-Sammlung galt es zu sichten und zu einer Auswahl zu komprimieren, die die Bandbreite des Rowohlt’schen Schaffens trefflich illustrieren möge.

Adressaten dieser mal episch breiten, mal knappen, mal charmanten und mal recht rüden Briefe sind Kollegen wie Jürg Laederach, Hans Sahl oder Eugen Egner, ungeliebte Kritiker wie Fritz J. Raddatz oder Werner Fuld, aufdringliche Leserbriefschreiber, bedeutende Politiker, freundliche Buchhändler und nicht zuletzt jene Autoren, die Harry Rowohlt zu übersetzen hatte und die er als akribischer Übersetzer mit Nachfragen traktierte.

Briefe sind Nebenwerke und Gebrauchstexte - dieses lange von der Literaturwissenschaft gehätschelte Vorurteil geriet mit dem Schiller-Goethe-Briefwechsel ins Wanken und wird nun, mit Harry Rowohlts "Der Kampf geht weiter", endgültig ad absurdum geführt.