Der Heilige Abend aus Sicht der Muslime
Leser christlichen Glaubens werden mit diesem Buch die erstaunliche Erfahrung machen, dass Muslime ihnen helfen können, die Botschaft Christi besser und tiefer zu verstehen. "Weihnachten und der Koran" von Karl-Josef Kuschel, Theologie-Professor an der Universität in Tübingen, ist letztlich ein Plädoyer für den Dialog zwischen Muslimen und Christen.
" Als Jesus geboren wurde, kamen die Teufel zu Satan und sagten: "Heute haben die Götzen alle ihre Köpfe gesenkt." Satan sagte: "Etwas ist auf Eurer Welt geschehen!" Satan flog kreuz und quer über die Welt, fand aber nichts. Schließlich fand er das Kind Jesus, das von Engeln umgeben war. Er kehrte zu den Teufeln zurück und sagte: "Gestern wurde ein Prophet geboren !" "
Diesen Text hat kein Christ geschrieben, sondern ein Moslem. Abu Hamid al Ghazali, ein persischer Philosoph aus dem 12. Jahrhundert.
Karl-Josef Kuschels Buch ist voll von solchen Zitaten. Leser christlichen Glaubens werden die erstaunliche Erfahrung machen, dass Muslime ihnen helfen können, die Botschaft Christi besser und tiefer zu verstehen. Der islamische Theologe Ahmad Ibn Hanbal lebte im 9. Jahrhundert; er erklärt, der Kern der Lehre Jesu bestehe darin, sich in Barmherzigkeit zu üben. Jeder solle anderen Menschen gegenüber genauso viel Barmherzig zeigen wie gegenüber sich selbst. - Eine schöne Lektion besonders für Christen, die zur Selbstausbeutung neigen. Die sich im Dienst am Mitmenschen erschöpfen, während das Gefühl für die eigenen Bedürfnisse abhanden kommt.
Die Idee dieses Buches entstand auf einer Vortragsreise. Sie hatte den Autor in die westfälische Stadt Ahlen geführt. Dort erzählten Mitglieder einer christlichen Gemeinde von einem denkwürdigen Weihnachtsfest. Es lag ein paar Jahre zurück, aber man hatte es nicht vergessen:
" Zwei Vertreter der in der Nachbarschaft liegenden Moschee sind am Heiligen Abend mit einem festlichen Blumenstrauß in der Kirche erschienen, um der versammelten Gemeinde die Grüße und Glückwünsche der Moslems zum Fest der Geburt Jesu zu überbringen. "
Eine Geste, meint Kuschel, die als Symbol taugen kann für das wünschenswerte Verhältnis der Religionen in einer globalisierten Welt. Die Zeiten des Kampfes und der gegenseitigen Denunziation sollten endgültig vorbei sein und in Zukunft der gute Wille zählen, einander zu verstehen, zu respektieren und womöglich sogar zu würdigen.
Der geistige Gehalt des Weihnachtsfestes könnte nach Kuschels Ansicht neue Kraft gewinnen durch das öffentliche und fortgesetzte Gespräch zwischen Muslimen und Christen. Denn schließlich deuten beide Religionen die Geburt Jesu als ein Zeichen Gottes für die Welt. – Was steht im Koran über Jesus von Nazareth?
Er sagte: "Ich bin Gottes Diener. Er hat mir die Schrift gegeben und mich zum Propheten gemacht."
… heißt es in Sure 19, Vers 30. Allerdings - und das ist der wesentliche Unterschied zum christlichen Glauben - Moslems lehnen die Rede vom "Gottessohn Jesus" grundsätzlich ab.
" Es kommt Gott nicht zu, dass er sich ein Kind nimmt! "
Sure 19, Vers 35. Kuschel erklärt seinem Leser die kulturhistorischen Wurzeln dieser Auffassung. Der Prophet Mohammed kannte - aus dem Götterhimmel des Alten Orient – eine Menge Götter-Söhne und Götter-Töchter und verurteilte deren Verehrung als Praktiken des Götzendienstes, die ein Moslem aufzugeben hat zugunsten von Allah, dem einen und einzigen Gott.
Das heißt: Die christliche Rede vom "Gottessohn Jesus" erschien Mohammed als polytheistischer Fauxpas einer monotheistischen Religion.
Allerdings, und daran erinnert Kuschel ebenfalls, wenn Moslems versichern, Mohammed sei eben kein Gottesssohn, sondern ein einfacher Mensch, dann wird diese Auffassung in muslimischen Texten nicht konsequent durchgehalten. - Denn wird die Geburt eines gewöhnlichen Menschen etwa von solch wundersamen Ereignissen begleitet, wie sie sich angeblich zugetragen haben in der Nacht von Mohammeds Geburt?
" In jener Nacht hätten alle Haustiere des Stammes von Mohammed geredet. Tiere seien es gewesen, die davon gesprochen hätten, Mohammed sei "der Iman der Welt und die Leuchte ihrer Bewohner"."
Und die Königsthrone in aller Welt hätte man umgestürzt gefunden am Morgen danach. - Das jedenfalls hat Ibn Abbas behauptet, Vetter des Mohammed und eine der führenden Gestalten der islamischen Urgemeinden.
Aber diesem Buch geht es nicht vorrangig darum, theologische Streitigkeiten zwischen Muslimen und Christen auszufechten.
Das eigentliche Anliegen seines Werkes zitiert der Autor aus Sure 3 des Koran:
" Ihr Leute der Schrift, kommt zu einem gemeinsamen Wort! Dass wir nur Gott dienen, ihm nichts zum Partner geben noch einander zu Herren nehmen. "
Christen und Muslime sollen einander anerkennen und wertschätzen im Glauben an den Gott Abrahams und im Dienst einer globalen Spiritualität.
Rezensiert von Susanne Mack
Karl-Josef Kuschel: Weihnachten und der Koran
Patmos Verlag. München 2008.
158 Seiten. 16,90 Euro.
Diesen Text hat kein Christ geschrieben, sondern ein Moslem. Abu Hamid al Ghazali, ein persischer Philosoph aus dem 12. Jahrhundert.
Karl-Josef Kuschels Buch ist voll von solchen Zitaten. Leser christlichen Glaubens werden die erstaunliche Erfahrung machen, dass Muslime ihnen helfen können, die Botschaft Christi besser und tiefer zu verstehen. Der islamische Theologe Ahmad Ibn Hanbal lebte im 9. Jahrhundert; er erklärt, der Kern der Lehre Jesu bestehe darin, sich in Barmherzigkeit zu üben. Jeder solle anderen Menschen gegenüber genauso viel Barmherzig zeigen wie gegenüber sich selbst. - Eine schöne Lektion besonders für Christen, die zur Selbstausbeutung neigen. Die sich im Dienst am Mitmenschen erschöpfen, während das Gefühl für die eigenen Bedürfnisse abhanden kommt.
Die Idee dieses Buches entstand auf einer Vortragsreise. Sie hatte den Autor in die westfälische Stadt Ahlen geführt. Dort erzählten Mitglieder einer christlichen Gemeinde von einem denkwürdigen Weihnachtsfest. Es lag ein paar Jahre zurück, aber man hatte es nicht vergessen:
" Zwei Vertreter der in der Nachbarschaft liegenden Moschee sind am Heiligen Abend mit einem festlichen Blumenstrauß in der Kirche erschienen, um der versammelten Gemeinde die Grüße und Glückwünsche der Moslems zum Fest der Geburt Jesu zu überbringen. "
Eine Geste, meint Kuschel, die als Symbol taugen kann für das wünschenswerte Verhältnis der Religionen in einer globalisierten Welt. Die Zeiten des Kampfes und der gegenseitigen Denunziation sollten endgültig vorbei sein und in Zukunft der gute Wille zählen, einander zu verstehen, zu respektieren und womöglich sogar zu würdigen.
Der geistige Gehalt des Weihnachtsfestes könnte nach Kuschels Ansicht neue Kraft gewinnen durch das öffentliche und fortgesetzte Gespräch zwischen Muslimen und Christen. Denn schließlich deuten beide Religionen die Geburt Jesu als ein Zeichen Gottes für die Welt. – Was steht im Koran über Jesus von Nazareth?
Er sagte: "Ich bin Gottes Diener. Er hat mir die Schrift gegeben und mich zum Propheten gemacht."
… heißt es in Sure 19, Vers 30. Allerdings - und das ist der wesentliche Unterschied zum christlichen Glauben - Moslems lehnen die Rede vom "Gottessohn Jesus" grundsätzlich ab.
" Es kommt Gott nicht zu, dass er sich ein Kind nimmt! "
Sure 19, Vers 35. Kuschel erklärt seinem Leser die kulturhistorischen Wurzeln dieser Auffassung. Der Prophet Mohammed kannte - aus dem Götterhimmel des Alten Orient – eine Menge Götter-Söhne und Götter-Töchter und verurteilte deren Verehrung als Praktiken des Götzendienstes, die ein Moslem aufzugeben hat zugunsten von Allah, dem einen und einzigen Gott.
Das heißt: Die christliche Rede vom "Gottessohn Jesus" erschien Mohammed als polytheistischer Fauxpas einer monotheistischen Religion.
Allerdings, und daran erinnert Kuschel ebenfalls, wenn Moslems versichern, Mohammed sei eben kein Gottesssohn, sondern ein einfacher Mensch, dann wird diese Auffassung in muslimischen Texten nicht konsequent durchgehalten. - Denn wird die Geburt eines gewöhnlichen Menschen etwa von solch wundersamen Ereignissen begleitet, wie sie sich angeblich zugetragen haben in der Nacht von Mohammeds Geburt?
" In jener Nacht hätten alle Haustiere des Stammes von Mohammed geredet. Tiere seien es gewesen, die davon gesprochen hätten, Mohammed sei "der Iman der Welt und die Leuchte ihrer Bewohner"."
Und die Königsthrone in aller Welt hätte man umgestürzt gefunden am Morgen danach. - Das jedenfalls hat Ibn Abbas behauptet, Vetter des Mohammed und eine der führenden Gestalten der islamischen Urgemeinden.
Aber diesem Buch geht es nicht vorrangig darum, theologische Streitigkeiten zwischen Muslimen und Christen auszufechten.
Das eigentliche Anliegen seines Werkes zitiert der Autor aus Sure 3 des Koran:
" Ihr Leute der Schrift, kommt zu einem gemeinsamen Wort! Dass wir nur Gott dienen, ihm nichts zum Partner geben noch einander zu Herren nehmen. "
Christen und Muslime sollen einander anerkennen und wertschätzen im Glauben an den Gott Abrahams und im Dienst einer globalen Spiritualität.
Rezensiert von Susanne Mack
Karl-Josef Kuschel: Weihnachten und der Koran
Patmos Verlag. München 2008.
158 Seiten. 16,90 Euro.