"Der große Gatsby"

Von Hans-Ulrich Pönack |
New York 1922: Ein junger Aktienmakler lebt in der Nachbarschaft eines ebenso reichen wie undurchsichtigen Geschäftsmannes, des "großen Gatsby". Der veranstaltet in seinem gigantischen Haus auf Long Island gigantische Partys.
Alles, wirklich alles schreit hier nach Geld. Viel Geld. Ein einziges Money-Movie, mit einem Budget von 125 Millionen Dollar ausgestattet. Schaut her, wie dekadent-toll die damals (in der Fitzgerald-Ära) waren und genießt es satt, wie wir so was Feudales heute hinzaubern. Hollywood prunkt mal wieder außerordentlich. Dabei aber auch leer, lahm, lau. Charakterarm. Schon mal vorweggenommen.

F. (Francis) Scott Fitzgerald (24.9.1896 – 21.12.1940) hat in seinen Romanen und Kurzgeschichten das ("üppige") Lebensgefühl der "Goldenen Zwanziger" in den USA beschrieben ("Die Schönen und die Verdammten"/1922). Die glanzvolle Welt des Reichtums und der rauschenden Partys, aber auch die tiefe Entwurzelung einer ganzen Generation nach dem Ersten Weltkrieg spiegelt sich in seinem 1925 veröffentlichten Roman "Der große Gatsby" wieder, Fitzgeralds stilistisch brillantem Werk um das Scheitern des "American Dream". Die jetzige aufwändige Erneutverfilmung ist bereits die fünfte.

Mark Anthony "Baz" Luhrmann wurde am 17. September 1962 im australischen Sydney geboren. In den 90-ern tauchte er mit seinem Debütspielfilm "Strictly Ballroom" (von 1992) weltweit auf und feierte einen Überraschungserfolg. Mit diesem (im Tanz-Milieu angesiedelten) Erstling begründete Baz Luhrmann seine "Red Curtain"-Trilogie, die er danach mit "William Shakespear’s Romeo + Julia" (1996) und "Moulin Rouge" (2001/mit Nicole Kidman und Ewan McGregor) abschloss. Als "Roten Vorhang" bezeichnete er die "Mitnahme" des Publikums in seine Filme über eine "extrem vereinfachte Handlung", mit zugleich vielen Musik- und Tanzeinlagen.

Nun also "Der große Gatsby". Die Dekadenz der Dekadenz, angesiedelt im Sommer 1922 in einer New Yorker "Gegenwelt". Hierher, hierhin verschlägt es den jungen Aktienmakler Nick Carraway (Ex-"Spider-Man" Tobey Maguire), zugleich Ich-Erzähler der Geschichte, der in unmittelbarer Nachbarschaft des ebenso reichen wie undurchsichtigen Geschäftsmannes Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio in extremer Schmink-Pose) wohnt. Gatsby veranstaltet in seinem gigantischen Haus auf Long Island gigantische Partys für die Mondänen und Angesehenen der New Yorker Gesellschaft und wirkt dennoch wie ein "Citizen Charles Foster Kane"-Verlorener.

Getrieben, angetrieben von der unbändigen Zuneigung zu seiner Jugendliebe Daisy (niedlich: Carey Mulligan/"An Education") und doch einsam. Weil Daisy während seines Kriegsdienstes den reichen Tom Buchanan (Joel Edgerton) heiratete. Und nun zwischen dem Begehren Gatsbys und dem Ehevertrag hin- und hergerissen ist. Große Emotionen werden behauptet, während Nick, der mit Daisy "fern" verwandt ist, dies alles "überrascht" bis "verblüfft" beobachtet und notiert.

Die ersten anderthalb Stunden ist eine satte Augen-Orgie annonciert: Üppige Ausstattung, überbordende Optik in Raum, Klamotten und choreographierten Bewegungen. Alles irgendwie steril, clean, humorlos, kalt. Die zentrale Geschichte mittendrin: Eine hübsche Frau mit Niedlich-Charakter, zwei Kerle. Der Ehemann und der "Herausforderer". Drumherum die "üblichen Verdächtigen", herausgeputzte, herumstaksende Girls, strenggesichtige Handlanger, lärmendes Affenvolk im Frack. Mittendrin: Leonardo als braungebrannter Lover, der "die Daisy" unbedingt "haben", wieder erobern will - mit Pomp und Gesülze. Dann wendet sich die bunte Bühne, entwickelt sich zum auch eher schwachen Krimi - ein bisschen Action. Am Ende Tote…

Was für ein hohler, teurer, faszinationsloser Glanz- und Glamour-Kramfilm. Mit behaupteten Stimmungen, konstruierter Wichtigkeit, kaltem Glitzer-Gedöns. Bastei auf Hochglanz. Interessiert "so" 2013 kaum. Zum Wegfühlen und Viel-Gähnen.

USA 2012 – Originaltitel: The Great Gatsby, Regie: Baz Luhrmann, Darsteller: Leonardo DiCaprio, Carey Mulligan, Tobey Maguire, Isla Fisher u.a., ab 12 Jahren, 143 Minuten


Filmhomepage "Der große Gatsby"
Mehr zum Thema