Der Glaube an die Malerei
Gerade siebzehn Jahre alt war Hans Holbein, als er 1515 zum ersten Mal nach Basel kam. Die Stadt am Oberrhein galt damals als ein Hort der Humanisten, ein Ort, an dem der Buchdruck blühte; das versprach ein Auskommen als Illustrator.
Doch die Stadt, sagt Kurator Christian Müller, hatte dem Malersohn noch mehr zu bieten:
"Sie war voller Kirchen, voller Kapellen, voller Klöster. das ist unglaublich, wie dicht eigentlich diese Klosteranlagen innerhalb Basels waren. und diese Kirchen waren voll von Kunst, voller Altäre, Epitaphen, Wandmalereien, Glasgemälden. Und es ist klar, dass Künstler überhaupt auch gehofft haben, weitere Aufträge für diese Kirchen zu bekommen."
Unter dem kunstsinnigen Klerus, aber auch unter Patriziern und Bürgern sprach sich das Talent des jungen Holbein schnell herum. Holzschnitte und spektakuläre Fassadenmalereien, hinreißend präzise Porträts und aufwändige Altarwerke festigten seinen Ruf, darunter auch der drastisch lang gestreckte Leichnam Christi mit den offenen Augen, dessen Anblick uns noch heute in die Knochen fährt. Mehrmals auch hat Holbein den spitznasigen Humanistenfürsten Erasmus porträtiert, der in der Stadt das kulturelle Klima beförderte, bis die Reformation im Februar 1529 sich schließlich auch in Basel mit Gewalt entlud.
"Man weiß, dass auf dem Münsterplatz in Basel zwölf Feuer gebrannt haben. Es ist ja auch bekannt, das Holbein Zeuge war dieser Ereignisse und dass auch eines seiner Werkle, das Abendmahl, bei diesen Vorgängen schwer beschädigt worden ist. Man sieht auch heute noch an diesem Werk, dass da mit Axthieben offenbar in die Tafel hineingeschlagen wurde."
Ob sich der Maler zu der neuen Konfession bekannte, wissen wir nicht. Auftrag war Auftrag, er glaubte wohl vor allem an die Malerei. So hatte er trotz des heranrollenden Bildersturms dem altgläubigen Basler Ex-Bürgermeister Meyer noch jene berühmte Madonna gemalt, die heute im Frankfurter Städel hängt und jetzt zu den Glanzstücken der Basler Schau zählt. Die Zeiten waren härter geworden, und schon länger hatte Basel dem ehrgeizigen Maler nicht mehr viel zu bieten.
"Wir dürfen ja nicht vergessen, dass die Aufträge, die die Stadt Basel zu vergeben hatte, relativ limitiert waren. Natürlich hatte er die große Chance bekommen, den Großratssaal im Basler Rathaus 1521/22 auszumalen. Als öffentlicher Auftrag war das natürlich phantastisch. Aber sehr viel mehr gab es eigentlich nicht."
Schon vor dem Bildersturm hatte sich Holbein vergeblich um eine Stelle am französischen Hof beworben und war dann für zwei Jahre vorübergehend nach London gegangen, wo er neben anderen Nobilitäten auch die berühmte "Dame mit dem Eichhörnchen" porträtierte, unnachahmlich in der stofflichen Wiedergabe des Pelzes - ein Bild, an dem jeder Kürschner seine Freude hätte.
Über das Privatleben des Malers wissen wir so gut wie nichts. Er habe wohl mehrere Geliebte gehabt, spekuliert die Holbein-Forschung. Seine Frau jedenfalls hat er nicht nach England mitgenommen. Auf einem Familienbildnis hat er die Verlassene als verhärmte Frau mit seltsam verweinten Augen gemalt, zusammen mit den beiden Kindern. Das Bild ist Fragment, die Figur des Malers wurde später abgeschnitten, vielleicht gar von der gramen Gattin selbst. Ein zeitloses Frauenschicksal. Tüchtig führte sie in Basel seine Werkstatt weiter, während der abtrünnige Gemahl am Hofe Heinrichs VIII. seine zweite Karriere machte und in England noch zwei uneheliche Kinder zeugte.
An Versuchen der Stadt Basel, den prominenten Bürger zurückzuholen, hat es nicht gefehlt.
"Sie hat ihm sogar eine Pension versprochen: Fünfzig Gulden pro Jahr, die er einfach erhalten würde, ohne dass er hätte arbeiten müssen. Das war mehr Geld, als er in London bei Heinrich VIII. verdient hat. Dass das dann nicht geklappt hat, dass er nicht zurückgekommen ist, das wissen wir auch nicht, warum er das dann nicht gemacht hat."
Das zünftige Leben inmitten der Basler Bürgerschaft reizte Holbein wohl nur wenig. Ihm ging es um künstlerische Unabhängigkeit, um den Rausch des Ruhms, um große Aufträge, und die gab es nur in London, wo er 1543 starb - übrigens gar nicht so glanzvoll, wie er sich das vorgestellt hatte: Der Maler hatte Schulden.
Die grandiose Ausstellung nun bietet alles auf, was Holbein in Basel geschaffen hat. Das sind neben sämtlichen erhaltenen Gemälden und der kompletten Druckgrafik mit den "Bildern des Todes" vor allem die Zeichnungen, darunter die einzigartige Darstellung einer Fledermaus mit ausgespannten Flügeln. Kein Wunder, dass da der Kurator schwärmt:
"Das Tolle ist, dass wir so gut wie alle erhaltenen Zeichnungen Holbeins zeigen können. Da sind wirklich phantastische Blätter, die jetzt die Möglichkeit geben, ein wirklich vollgültiges Bild von Holbein auch als Zeichner zu entwerfen. Allein das schon ist eigentlich eine Sensation dieser Ausstellung."
Service:
Die Ausstellung "Hans Holbein d.J. Die Basler Jahre 1515 bis 1532" ist noch bis zum 1. Juli 2006 im Kunstmuseum Basel zu sehen.
Vom 28. September 2006 bis zum 7. Januar 2007 zeigt die Tate Britain in London Holbeins Werk der englischen Zeit.
"Sie war voller Kirchen, voller Kapellen, voller Klöster. das ist unglaublich, wie dicht eigentlich diese Klosteranlagen innerhalb Basels waren. und diese Kirchen waren voll von Kunst, voller Altäre, Epitaphen, Wandmalereien, Glasgemälden. Und es ist klar, dass Künstler überhaupt auch gehofft haben, weitere Aufträge für diese Kirchen zu bekommen."
Unter dem kunstsinnigen Klerus, aber auch unter Patriziern und Bürgern sprach sich das Talent des jungen Holbein schnell herum. Holzschnitte und spektakuläre Fassadenmalereien, hinreißend präzise Porträts und aufwändige Altarwerke festigten seinen Ruf, darunter auch der drastisch lang gestreckte Leichnam Christi mit den offenen Augen, dessen Anblick uns noch heute in die Knochen fährt. Mehrmals auch hat Holbein den spitznasigen Humanistenfürsten Erasmus porträtiert, der in der Stadt das kulturelle Klima beförderte, bis die Reformation im Februar 1529 sich schließlich auch in Basel mit Gewalt entlud.
"Man weiß, dass auf dem Münsterplatz in Basel zwölf Feuer gebrannt haben. Es ist ja auch bekannt, das Holbein Zeuge war dieser Ereignisse und dass auch eines seiner Werkle, das Abendmahl, bei diesen Vorgängen schwer beschädigt worden ist. Man sieht auch heute noch an diesem Werk, dass da mit Axthieben offenbar in die Tafel hineingeschlagen wurde."
Ob sich der Maler zu der neuen Konfession bekannte, wissen wir nicht. Auftrag war Auftrag, er glaubte wohl vor allem an die Malerei. So hatte er trotz des heranrollenden Bildersturms dem altgläubigen Basler Ex-Bürgermeister Meyer noch jene berühmte Madonna gemalt, die heute im Frankfurter Städel hängt und jetzt zu den Glanzstücken der Basler Schau zählt. Die Zeiten waren härter geworden, und schon länger hatte Basel dem ehrgeizigen Maler nicht mehr viel zu bieten.
"Wir dürfen ja nicht vergessen, dass die Aufträge, die die Stadt Basel zu vergeben hatte, relativ limitiert waren. Natürlich hatte er die große Chance bekommen, den Großratssaal im Basler Rathaus 1521/22 auszumalen. Als öffentlicher Auftrag war das natürlich phantastisch. Aber sehr viel mehr gab es eigentlich nicht."
Schon vor dem Bildersturm hatte sich Holbein vergeblich um eine Stelle am französischen Hof beworben und war dann für zwei Jahre vorübergehend nach London gegangen, wo er neben anderen Nobilitäten auch die berühmte "Dame mit dem Eichhörnchen" porträtierte, unnachahmlich in der stofflichen Wiedergabe des Pelzes - ein Bild, an dem jeder Kürschner seine Freude hätte.
Über das Privatleben des Malers wissen wir so gut wie nichts. Er habe wohl mehrere Geliebte gehabt, spekuliert die Holbein-Forschung. Seine Frau jedenfalls hat er nicht nach England mitgenommen. Auf einem Familienbildnis hat er die Verlassene als verhärmte Frau mit seltsam verweinten Augen gemalt, zusammen mit den beiden Kindern. Das Bild ist Fragment, die Figur des Malers wurde später abgeschnitten, vielleicht gar von der gramen Gattin selbst. Ein zeitloses Frauenschicksal. Tüchtig führte sie in Basel seine Werkstatt weiter, während der abtrünnige Gemahl am Hofe Heinrichs VIII. seine zweite Karriere machte und in England noch zwei uneheliche Kinder zeugte.
An Versuchen der Stadt Basel, den prominenten Bürger zurückzuholen, hat es nicht gefehlt.
"Sie hat ihm sogar eine Pension versprochen: Fünfzig Gulden pro Jahr, die er einfach erhalten würde, ohne dass er hätte arbeiten müssen. Das war mehr Geld, als er in London bei Heinrich VIII. verdient hat. Dass das dann nicht geklappt hat, dass er nicht zurückgekommen ist, das wissen wir auch nicht, warum er das dann nicht gemacht hat."
Das zünftige Leben inmitten der Basler Bürgerschaft reizte Holbein wohl nur wenig. Ihm ging es um künstlerische Unabhängigkeit, um den Rausch des Ruhms, um große Aufträge, und die gab es nur in London, wo er 1543 starb - übrigens gar nicht so glanzvoll, wie er sich das vorgestellt hatte: Der Maler hatte Schulden.
Die grandiose Ausstellung nun bietet alles auf, was Holbein in Basel geschaffen hat. Das sind neben sämtlichen erhaltenen Gemälden und der kompletten Druckgrafik mit den "Bildern des Todes" vor allem die Zeichnungen, darunter die einzigartige Darstellung einer Fledermaus mit ausgespannten Flügeln. Kein Wunder, dass da der Kurator schwärmt:
"Das Tolle ist, dass wir so gut wie alle erhaltenen Zeichnungen Holbeins zeigen können. Da sind wirklich phantastische Blätter, die jetzt die Möglichkeit geben, ein wirklich vollgültiges Bild von Holbein auch als Zeichner zu entwerfen. Allein das schon ist eigentlich eine Sensation dieser Ausstellung."
Service:
Die Ausstellung "Hans Holbein d.J. Die Basler Jahre 1515 bis 1532" ist noch bis zum 1. Juli 2006 im Kunstmuseum Basel zu sehen.
Vom 28. September 2006 bis zum 7. Januar 2007 zeigt die Tate Britain in London Holbeins Werk der englischen Zeit.