Der Gipfel der Malerei

25.09.2009
Den Dänen Per Kirkeby und den Schweizer Caspar Wolf trennen 200 Jahre. Und doch verbindet den zeitgenössischen Künstler einiges mit dem Pionier der Hochgebirgsmalerei: Die Verehrung des Älteren durch den Jüngeren – und die Erdanziehung. Das "museum kunst palast" in Düsseldorf hat die beiden nun auch räumlich unter einem Dach zusammengeführt.
Gebirgszüge, Gletscherbäche und grüne Almwiesen – auf den ersten Blick scheinen diese Gemälde und Aquarelle wie aus einem Guss, Auftragsarbeiten eines Gebrauchsmalers. Dann aber werden im Vergleich einzelner Motive die Qualitäten des Schweizers Caspar Wolf sichtbar, eines Künstlers, der im 18. Jahrhundert als Chronist die ersten wissenschaftlichen Alpenexpeditionen begleitete:

"Caspar Wolf hat versucht geologische Erkenntnisse in die Malerei aufzunehmen. Am Beginn reist er quasi mit dem Weitwinkelobjektiv, da entstehen die Panoramabilder. Und je länger er daran arbeitet, desto näher geht er an den Gegenstand heran. Er geht in die Höhlen hinein und wird dann auch von seinen Zeitgenossen – das war ja das Spektakuläre – Höhlen-Wolf genannt."

Beat Wismer, Direktor des Düsseldorfer "museum kunst palast", betont nicht nur die modernen Züge seines Landsmannes, der es verstand, die trockene Wissenschaft der Geologen in spektakuläre Bilder umzusetzen: Wismer konfrontiert den Künstler der Aufklärung mit einem Malerheroen des 20. Jahrhunderts, dem Dänen Per Kirkeby. Der ging den entgegengesetzten Weg, begann als Geologe – und malte 1983 ein Bild, das Wolfs "Teufelsbrücke" oder der "Dala-Schlucht" verblüffend ähnelt: Ins Zentrum drängende, düstere Felsmassen, durchzogen von weiß aufblitzenden Wasserläufen und grünen Buschreihen, in Kirkebys Komposition "Kristall" mit kräftigen Pinselstrichen abstrahiert zu einer vielschichtigen Komposition. Kurator Kay Heymer:

"Was dem Kirkeby gelingt, ist eine Form von Zeitentrücktheit, dass ein Bild nicht erkennbar ist als Dokument eines spezifischen Zeitgeistes. Und ich glaube das Vehikel, was Kirkeby dafür effektiv nutzt, ist diese Analogie zu Erdschichtungen, die er in der Malerei als Farbschichtungen paraphrasiert."

Der Maler besinnt sich auf sein Geologie-Studium: Ein Phänomen wie die Marmorierung von Gestein ist das Ergebnis langer Prozesse, die sich über Jahrmillionen hinziehen, selber aber gar nicht sichtbar werden. Und so verzichtet auch Kirkeby auf spektakuläre Motive, versucht stattdessen die Imagination des Betrachters mit der sinnlichen Qualität seiner Malerei anzufachen. In seine Anfängen als Fluxus-Künstler keine leichte Aufgabe.

Kay Heymer: "Das war eine für die Kunst dürre Zeit, es wurden ganz trockene Drucksachen veröffentlicht mit Schreibmaschinentypographie und eine Lust oder Spaß an Formen zu finden, das war in den 70er-Jahren verpönt. Dagegen hat Kirkeby diesen Auftritt als "Bravura"-Maler gesetzt: Eine Mischung aus Arroganz und Selbstherrlichkeit und Virtuosität."