Der Feinkost-Galerist
Der 30-jährige Amerikaner Aaron Moulton hat eine Galerie eröffnet - nicht in New York oder London, wo er studiert hat, sondern in Berlin. Konzeptkunst interessiert ihn. Er zeigt Videos, Installationen und Fotografien von Künstlern aus der ganzen Welt. Seit einem Jahr gibt es seine Galerie "Feinkost" an der Bernauer Straße.
Auf dem Bildschirm flackert eine Horoskop-Show. Dort sitzt ein Mann mit spitzem Bart und pomadig glänzenden Haaren, der unmotiviert durch Spielkarten flippt. Ein Mann ruft an: Christian Jankowski, bekannt für seine Videoinstallationen aus der schönen, schillernden Werbewelt. Die Situation: Jankowski ist auf die Biennale in Venedig eingeladen und hat ein Problem. Ihm fällt nichts ein. Er hat keine Ahnung, was er für die Ausstellung machen soll. Also ruft er in der Fernsehshow an.
Der Bildschirm, auf dem sich die Szene jetzt abspielt, steht in Berlin, in der Galerie von Aaron Moulton im Wedding. Der lehnt sich an die weißgetünchte Wand seiner Galerie, schaut auf den Bildschirm und grinst.
"Das ist wirklich verblüffend. Er sagt: Warum rufst Du an? Und der Talkmaster entgegnet: Nein, warum rufst Du mich an? Diese Show hat etwas Absurdes. Der Talkmaster redet die ganze Zeit, versteigt sich in Details, die nichts mit dem Problem zu tun haben, von dem der verzweifelte Künstler ihm berichtet. Es geht eben nicht darum, für den Anrufer da zu sein. Es geht darum, Zeit zu verschwenden, Geld mit dem Telefonat zu machen. Das ist Ausbeutung."
Aaron Moulton blickt gar nicht kämpferisch, wenn er das sagt. Seine Mimik und Gestik sind zurückgenommen, ganz unamerikanisch. Er ist 30 Jahre alt. Sein dichtes dunkles Haar ist kurz geschnitten. Er trägt Jeans, T-Shirt und dunkle Lederschuhe. Die Arbeiten in seiner Galerie spielen mit der Perspektive des Zuschauers.
Da ist zum Beispiel die Arbeit von Leopold Kessler. Er hat sich einen blauen Overall angezogen und befestigt Schlösser an Londons Telefonzellen und filmt sich dabei. Er trägt die Kleidung eines Mechanikers. So fällt er erst einmal nicht auf. Doch was er macht, ist nichts weniger als Vandalismus.
"Mich interessieren die Arbeiten von Künstlern, die ganz alltägliche Prozesse für ihre Arbeiten nutzen. Mir geht es darum, wie Kunst funktioniert. Mich reizen Arbeiten, die einen gesellschaftlichen Nutzen haben, die etwas in Frage stellen."
"Ich denke, so viel von dem, was wir heute sehen, ist so kontrolliert von der Politik des Kunstmarktes. Das führt so weit, dass wir in Ausstellungen nicht immer Kunst sehen, sondern Produkte, die ein Markt fordert. Das ist wirklich schade und hat einen schlechten Einfluss auf unsere Kultur."
Seit anderthalb Jahren lebt der 30-Jährige gemeinsam mit seiner Freundin in Berlin. Die Galerie gibt es jetzt seit einem Jahr. Aaron Moulton wollte sie bewusst nicht in London oder New York eröffnen. Der Umgang mit den Künstlern habe in Berlin etwas Informelles. Es ist leicht, sie für eine Ausstellung zu gewinnen. Und das ist eben gut, wenn man neu anfängt.
Aaron Moulton wohnt in Mitte, seine Galerie hat er auf der anderen Straßenseite in einem 50er-Jahre-Pavillon im Wedding untergebracht. Früher war das ein Gemüseladen. Das Ladenschild, eine Werbetafel mit der Aufschrift "Feinkost", hat er vom Vormieter übernommen.
Vor dem Fenster, auf der Bernauer Straße, fährt die Straßenbahn in Richtung Nordbahnhof. Vor 19 Jahren stand hier noch die Mauer. Ich hatte keine Ahnung, dass die Straße von den Berlinern immer noch wie eine Grenze wahrgenommen wird, sagt Aaron Moulton.
"Ich wohne gleich da drüben auf der anderen Straßenseite. Meine Nachbarn kommen nicht hier her. Und die Nachbarn hier gehen nicht rüber. Das ist wirklich seltsam. Die Mauer scheint irgendwie immer noch da zu sein."
Aaron Moulton ist in Springfield, Illinois, als Sohn von zwei Kardiologen aufgewachsen. In den Ferien sind seine Eltern mit ihm regelmäßig durch Europa gereist: Frankreich, Italien, Spanien, von einem Museum ins andere. So ist der 30-Jährige zur Kunst gekommen.
Später hat er in New York und London Kunstgeschichte studiert und nebenbei immer in Galerien gejobbt, meistens am Empfang. Nach dem Abschluss 2005 fing er beim Kunstmagazin "Flash Art" in Mailand als Redakteur an. Ein Zufall.
"Ich hatte keine Ausbildung im Journalismus, ich hatte nie für ein Magazin geschrieben. So war es eine Herausforderung. Ich nahm meine Arbeit sehr ernst, recherchierte und fand eine Menge Künstler, vor allem in Osteuropa, die man in keiner Galerie findet, die aber trotzdem über ein sehr ausgereiftes Profil verfügen."
Die Kontakte hat er für seine Galerie genutzt. Dem Rummel um junge Künstler will er sich entziehen. Keiner der Künstler, deren Arbeiten in seiner Galerie hängen, ist jünger als er. Sammler und Kuratoren kommen trotzdem vorbei.
Das Geld vom Bausparvertrag ist jetzt aufgebraucht. Die Galerie kann sich jetzt auch selbst tragen. Aaron Moulton grinst jungenhaft. Reich, sagt er, wird er damit aber erst einmal nicht.
Der Bildschirm, auf dem sich die Szene jetzt abspielt, steht in Berlin, in der Galerie von Aaron Moulton im Wedding. Der lehnt sich an die weißgetünchte Wand seiner Galerie, schaut auf den Bildschirm und grinst.
"Das ist wirklich verblüffend. Er sagt: Warum rufst Du an? Und der Talkmaster entgegnet: Nein, warum rufst Du mich an? Diese Show hat etwas Absurdes. Der Talkmaster redet die ganze Zeit, versteigt sich in Details, die nichts mit dem Problem zu tun haben, von dem der verzweifelte Künstler ihm berichtet. Es geht eben nicht darum, für den Anrufer da zu sein. Es geht darum, Zeit zu verschwenden, Geld mit dem Telefonat zu machen. Das ist Ausbeutung."
Aaron Moulton blickt gar nicht kämpferisch, wenn er das sagt. Seine Mimik und Gestik sind zurückgenommen, ganz unamerikanisch. Er ist 30 Jahre alt. Sein dichtes dunkles Haar ist kurz geschnitten. Er trägt Jeans, T-Shirt und dunkle Lederschuhe. Die Arbeiten in seiner Galerie spielen mit der Perspektive des Zuschauers.
Da ist zum Beispiel die Arbeit von Leopold Kessler. Er hat sich einen blauen Overall angezogen und befestigt Schlösser an Londons Telefonzellen und filmt sich dabei. Er trägt die Kleidung eines Mechanikers. So fällt er erst einmal nicht auf. Doch was er macht, ist nichts weniger als Vandalismus.
"Mich interessieren die Arbeiten von Künstlern, die ganz alltägliche Prozesse für ihre Arbeiten nutzen. Mir geht es darum, wie Kunst funktioniert. Mich reizen Arbeiten, die einen gesellschaftlichen Nutzen haben, die etwas in Frage stellen."
"Ich denke, so viel von dem, was wir heute sehen, ist so kontrolliert von der Politik des Kunstmarktes. Das führt so weit, dass wir in Ausstellungen nicht immer Kunst sehen, sondern Produkte, die ein Markt fordert. Das ist wirklich schade und hat einen schlechten Einfluss auf unsere Kultur."
Seit anderthalb Jahren lebt der 30-Jährige gemeinsam mit seiner Freundin in Berlin. Die Galerie gibt es jetzt seit einem Jahr. Aaron Moulton wollte sie bewusst nicht in London oder New York eröffnen. Der Umgang mit den Künstlern habe in Berlin etwas Informelles. Es ist leicht, sie für eine Ausstellung zu gewinnen. Und das ist eben gut, wenn man neu anfängt.
Aaron Moulton wohnt in Mitte, seine Galerie hat er auf der anderen Straßenseite in einem 50er-Jahre-Pavillon im Wedding untergebracht. Früher war das ein Gemüseladen. Das Ladenschild, eine Werbetafel mit der Aufschrift "Feinkost", hat er vom Vormieter übernommen.
Vor dem Fenster, auf der Bernauer Straße, fährt die Straßenbahn in Richtung Nordbahnhof. Vor 19 Jahren stand hier noch die Mauer. Ich hatte keine Ahnung, dass die Straße von den Berlinern immer noch wie eine Grenze wahrgenommen wird, sagt Aaron Moulton.
"Ich wohne gleich da drüben auf der anderen Straßenseite. Meine Nachbarn kommen nicht hier her. Und die Nachbarn hier gehen nicht rüber. Das ist wirklich seltsam. Die Mauer scheint irgendwie immer noch da zu sein."
Aaron Moulton ist in Springfield, Illinois, als Sohn von zwei Kardiologen aufgewachsen. In den Ferien sind seine Eltern mit ihm regelmäßig durch Europa gereist: Frankreich, Italien, Spanien, von einem Museum ins andere. So ist der 30-Jährige zur Kunst gekommen.
Später hat er in New York und London Kunstgeschichte studiert und nebenbei immer in Galerien gejobbt, meistens am Empfang. Nach dem Abschluss 2005 fing er beim Kunstmagazin "Flash Art" in Mailand als Redakteur an. Ein Zufall.
"Ich hatte keine Ausbildung im Journalismus, ich hatte nie für ein Magazin geschrieben. So war es eine Herausforderung. Ich nahm meine Arbeit sehr ernst, recherchierte und fand eine Menge Künstler, vor allem in Osteuropa, die man in keiner Galerie findet, die aber trotzdem über ein sehr ausgereiftes Profil verfügen."
Die Kontakte hat er für seine Galerie genutzt. Dem Rummel um junge Künstler will er sich entziehen. Keiner der Künstler, deren Arbeiten in seiner Galerie hängen, ist jünger als er. Sammler und Kuratoren kommen trotzdem vorbei.
Das Geld vom Bausparvertrag ist jetzt aufgebraucht. Die Galerie kann sich jetzt auch selbst tragen. Aaron Moulton grinst jungenhaft. Reich, sagt er, wird er damit aber erst einmal nicht.