Der erste Berufsarchitekt der Geschichte
Der Architekt Andrea Palladio gilt als Meister der italienischen Renaissance. Repräsentationsbauten wie das Weiße Haus, die New Yorker Börse oder das Capitol in Washington wären ohne ihn ebenso wenig denkbar wie die Berliner Lindenoper oder die weißen Villen in der Seenlandschaft der Havel.
Conte Gaetano di Thiene: " Hier in der Provinz Vicenza ist alles Palladio: vom Hühnchen alla Palladio bis zum Palladio-Supermarkt. "
Und wer über Vicenzas Hauptstraße schlendert, der liest den berühmten Namen nicht nur auf dem Straßenschild, sondern auch noch an der Apotheke und dem Café, an einem Hutgeschäft, einem Friseursalon und einem Reisebüro. Und natürlich auf den vielen Werbefahnen für eine Ausstellung zum Todestag des Architekten, der sich heute zum 425. Mal jährt. Seit Goethes Zeiten zieht sein Name kulturinteressierte Reisende in die Region.
Goethe: " Vor einigen Stunden bin ich hier angekommen, habe schon die Stadt durchlaufen, das Olympische Theater und die Gebäude des Palladio gesehen! Es ist wirklich etwas Göttliches in seinen Anlagen, völlig wie die Force des großen Dichters, der aus Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet, dessen erborgtes Dasein uns bezaubert. "
Der berühmte Mann, 1508 im nahe gelegenen Padua geboren, hatte seinen Berufsweg als einfacher Handwerker begonnen. Er war Steinmetz und hat fast zwei Jahrzehnte in einer Werkstatt in Vicenza gearbeitet, ehe er Baumeister wurde. Der Architekturhistoriker Guido Beltramini, sieht in der langen praktischen Vorbereitungszeit einen Glücksfall, der aus Palladio den ersten Berufsarchitekten der Geschichte machte:
" Palladio kommt von der Baustelle, und das formt ihn in ganz besonderer Weise. Er geht nicht vom Bild der Konstruktion aus, sondern von der Realität der Konstruktion.“
„Andrea Palladio, Architetto“ – nur diese drei Worte stehen auf dem Sockel des Denkmals an der Basilica, deren monumentale Fassade aus zwei übereinander gestellten Arkadenreihen aus weißem Marmor der markante Mittelpunkt der Stadt ist. Ein Werk Palladios – natürlich, möchte man sagen in Vicenza. Ein Werk, das seine Bewunderung für die Bauformen der Antike und seine Fähigkeit, sie wiederzubeleben und mit den Erfordernissen seiner eigenen Zeit in Einklang zu bringen, eindrucksvoll belegt.
Gleich daneben steht er auf seinem Postament in ein wallendes Tuch gekleidet – halb Reisemantel, halb römische Toga – sein Kopf ist bis auf einen Haarkranz kahl, das Kinn von einem sorgfältig gelockten Bart umrandet. In der linken Hand trägt er eine aufgerollte Zeichnung, die rechte stützt mit zwei Fingern den nachdenklich zur Seite gelegten Kopf. So schaut er eher skeptisch über lebhafte Caféterrassen hinweg über den großen Platz in das Gewimmel der Gassen von Vicenza, wo er mit seinen Bauten an jeder Ecke Architekturgeschichte geschrieben hat, wo die Stadtpaläste stehen und das berühmte Teatro Olimpico.
Dass der gewiss begabte und ehrgeizige Steinmetz Andrea der weltberühmte Architekt Palladio werden konnte, ist in erster Linie einem Mann zu verdanken: Dem Humanisten, Dichter und Renaissancegelehrten Giangiorgio Trissino. Der hat dem jungen Handwerker, den er bei den Bauarbeiten an seiner Villa kennengelernt hatte, Kenntnisse der antiken Baukunst, der Geschichte, Philosophie und Literatur vermittelt, ihn zu Studienzwecken nach Rom geschickt und ihm so die Mittel an die Hand gegeben, seine Begabung für die Architektur zu verwirklichen. Sogar den Namen, unter dem er berühmt wurde, hat der Mäzen ihm beigelegt, nach der antiken Göttin Athene.
Conte Gaetano di Thiene: " Der wahre Mäzen Palladios ist Giangiorgio Trissino. Und dann war da mein Vorfahr Marcantonio Thiene, der ihn unterstützt hat – eines der vier Bücher zur Architektur ist ihm gewidmet – er hat ihm den Auftrag für den Palazzo in Vicenza gegeben, in dem heute eine Bank ansässig ist. Es gab eine gewisse Freundschaft und Vertrautheit zwischen ihnen. "
Conte Gaetano di Thiene entstammt der Familie, die es vor mehr als 450 Jahren als erste riskiert hat, dem spätberufenenen und noch ganz unbekannten Architekten Palladio einen repräsentativen Bauauftrag zu geben: der Palazzo Thiene mitten in Vicenza, der – obwohl nur zur Hälfte verwirklicht – bis heute ein eindrucksvolles Zeugnis für die formbewusste Strenge, die perfekte Proportion und die genial kalkulierte, beeindruckende Wirkung von Palladios Schöpfungen ist. Sein Meisterstück sozusagen, mit dem er sich vielen weiteren Auftraggebern empfiehlt. Übrigens nicht nur durch ästhetische Brillanz, sondern durchaus auch durch praktische Vorzüge seiner Bauten.
" Dieses Haus liegt in der Mitte der Stadt, in der Nähe des Hauptplatzes, weshalb es mir nützlich erschien, auf der zum Hauptplatz hin gelegenen Seite einige Läden einzurichten, muss doch der Architekt an den Vorteil des Erbauers denken, wo immer es sich bei ausreichendem Platz einrichten lässt. Jeder Laden hat über sich einen abgeteilten Raum zum Gebrauch für die Händler, und darüber befinden sich die Räume der Herrschaft.“
Ein früher Mehrzweckbau also, dessen Funktionalität mit seiner repräsentativen Wirkung eine perfekte Synthese eingeht – ein wichtiges Kennzeichen eines echten „Palladio“.
Guido Beltramini: " Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Baukunst Palladios eine rationale Architektur ist, die präzise Antworten auf praktische Anforderungen gibt.“
So sind auch die berühmten Villen im Veneto optimal durchgeplante landwirtschaftliche Produktionszentren in edel und klar proportionierten Bauformen nach antiken Vorbildern gewesen: die charakteristischen vorgelagerten Säulenhallen, die oft mit Statuen geschmückten Dreiecksgiebel, die breiten Treppenanlagen lassen den nüchternen Zweck fast vergessen. Aber die Oberschicht Venedigs musste sich auf dem Festland neue wirtschaftliche Grundlagen schaffen, nachdem die Stadt durch die Entdeckung Amerikas und eines neuen Seewegs nach Indien als Handelsmacht ihre Schlüsselposition verloren hatte. Palladio konzipierte für sie den Bautyp, der dem Repräsentationsbedürfnis und den praktischen Anforderungen der neuen Gutsherren entsprach. Und dessen Glanz – schwärmerische Kunstreisende mögen es kaum glauben – oft mit bescheidenen Mitteln erzeugt worden ist Palladios Villen verbergen hinter ihren weißen Fassaden kostengünstige Ziegelmauern; wo man Stein und Marmor zu sehen glaubt, genügte dem Meister oft Holz und Gips.
Beltramini: " Diese außerordentlichen Bauten wirken höchst luxuriös, aber in Wirklichkeit sind sie klein, sie sind einfach, sie sind aus billigem Material errichtet, nur durch die Architektur erscheinen sie grandios – wie antike Tempel.“
Ursprung dieses Bautyps, der Architekturgeschichte geschrieben hat, war eines der großen produktiven Missverständisse der Geschichte.
Beltramini: " Palladio und auch alle seine Zeitgenossen glaubten damals noch, dass ein römischer Tempel – der Herkulestempel von Tivoli mit einem zentralen Innenraum und zwei vorgelagerten Säulenhallen, die für die Gläubigen bestimmt waren – in Wirklichkeit ein Privathaus gewesen wäre. Davon ausgehend hat Palladio seinen Typ der Villa erfunden. Das finde ich sehr komisch, dass die Villa im Veneto eigentlich auf einem Irrtum beruht.“
Repräsentative Bauten auf der ganzen Welt – vom Winterpalais in St. Petersburg über die Berliner Lindenoper bis zum Weißen Haus in Washington – stehen in der Nachfolge dieses Irrtums. Bis heute findet Palladio bekennende Bewunderer unter Architekten, die sich von seiner Passion für einfache geometrische Grundformen wie Quadrat und Kreis mitreißen lassen. Viele Theoretiker halten ihn für den einflussreichsten Baumeister aller Zeiten.
Goethe: " Heute besuchte ich das eine halbe Stunde von der Stadt auf einer angenehmen Höhe liegende Prachthaus, die Rotonda genannt. Es ist ein viereckiges Gebäude, das einen runden, von oben erleuchteten Saal in sich schließt. Von allen vier Seiten steigt man auf breiten Treppen hinan und gelangt jedesmal in eine Vorhalle, die von sechs korinthischen Säulen gebildet wird. Vielleicht hat die Baukunst ihren Luxus niemals höher getrieben.“
Seit der Italienreisende Goethe sich für Palladio begeisterte, sind ihm viele gefolgt, vor allem zu den Hauptattraktionen: in die von Tiepolo ausgemalte Villa Barbaro oder in die weltberühmte Rotonda.
18 Villen Palladios sind im Veneto erhalten. Manche nur noch teilweise und in stark verändertem Zustand, andere scheinen wie im Dornröschenschlaf dem Verfall entgegenzuträumen. Viele sind sorgfältig konserviert und zum 425. Todestag des Architekten nochmals frisch herausgeputzt. Die Funktion der Gebäude und die Situation der Hausherren hat sich natürlich grundlegend verändert seit Palladios Zeiten. Auch Conte Gaetano di Thiene lebt nicht mehr von der Landwirtschaft:
" Die heilige Landwirtschaft – wie man damals sagte – betreibe ich nicht mehr. Das Land haben wir verkauft. Heute bedeutet Landwirtschaft, dass man alles in eigener Person macht: Man muss selbst auf den Traktor steigen und säen und ernten, oder es lohnt sich nicht.“
Was sichert also den Unterhalt der Baudenkmäler, die sich fast alle noch in Privatbesitz befinden?
Thiene: " Der Tourismus – und wir vermieten das Haus für Veranstaltungen, für Hochzeiten, für Empfänge. (…) Es ist natürlich ein Privileg, hier zu wohnen, aber ein kostspieliges. So ein Haus zu unterhalten ist ganz und gar nicht einfach. Es braucht viel Liebe und Hingabe und Begeisterung. Wenn man die nicht hätte, wäre es doch nicht der Mühe wert, es zu behalten. "
Und wer über Vicenzas Hauptstraße schlendert, der liest den berühmten Namen nicht nur auf dem Straßenschild, sondern auch noch an der Apotheke und dem Café, an einem Hutgeschäft, einem Friseursalon und einem Reisebüro. Und natürlich auf den vielen Werbefahnen für eine Ausstellung zum Todestag des Architekten, der sich heute zum 425. Mal jährt. Seit Goethes Zeiten zieht sein Name kulturinteressierte Reisende in die Region.
Goethe: " Vor einigen Stunden bin ich hier angekommen, habe schon die Stadt durchlaufen, das Olympische Theater und die Gebäude des Palladio gesehen! Es ist wirklich etwas Göttliches in seinen Anlagen, völlig wie die Force des großen Dichters, der aus Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet, dessen erborgtes Dasein uns bezaubert. "
Der berühmte Mann, 1508 im nahe gelegenen Padua geboren, hatte seinen Berufsweg als einfacher Handwerker begonnen. Er war Steinmetz und hat fast zwei Jahrzehnte in einer Werkstatt in Vicenza gearbeitet, ehe er Baumeister wurde. Der Architekturhistoriker Guido Beltramini, sieht in der langen praktischen Vorbereitungszeit einen Glücksfall, der aus Palladio den ersten Berufsarchitekten der Geschichte machte:
" Palladio kommt von der Baustelle, und das formt ihn in ganz besonderer Weise. Er geht nicht vom Bild der Konstruktion aus, sondern von der Realität der Konstruktion.“
„Andrea Palladio, Architetto“ – nur diese drei Worte stehen auf dem Sockel des Denkmals an der Basilica, deren monumentale Fassade aus zwei übereinander gestellten Arkadenreihen aus weißem Marmor der markante Mittelpunkt der Stadt ist. Ein Werk Palladios – natürlich, möchte man sagen in Vicenza. Ein Werk, das seine Bewunderung für die Bauformen der Antike und seine Fähigkeit, sie wiederzubeleben und mit den Erfordernissen seiner eigenen Zeit in Einklang zu bringen, eindrucksvoll belegt.
Gleich daneben steht er auf seinem Postament in ein wallendes Tuch gekleidet – halb Reisemantel, halb römische Toga – sein Kopf ist bis auf einen Haarkranz kahl, das Kinn von einem sorgfältig gelockten Bart umrandet. In der linken Hand trägt er eine aufgerollte Zeichnung, die rechte stützt mit zwei Fingern den nachdenklich zur Seite gelegten Kopf. So schaut er eher skeptisch über lebhafte Caféterrassen hinweg über den großen Platz in das Gewimmel der Gassen von Vicenza, wo er mit seinen Bauten an jeder Ecke Architekturgeschichte geschrieben hat, wo die Stadtpaläste stehen und das berühmte Teatro Olimpico.
Dass der gewiss begabte und ehrgeizige Steinmetz Andrea der weltberühmte Architekt Palladio werden konnte, ist in erster Linie einem Mann zu verdanken: Dem Humanisten, Dichter und Renaissancegelehrten Giangiorgio Trissino. Der hat dem jungen Handwerker, den er bei den Bauarbeiten an seiner Villa kennengelernt hatte, Kenntnisse der antiken Baukunst, der Geschichte, Philosophie und Literatur vermittelt, ihn zu Studienzwecken nach Rom geschickt und ihm so die Mittel an die Hand gegeben, seine Begabung für die Architektur zu verwirklichen. Sogar den Namen, unter dem er berühmt wurde, hat der Mäzen ihm beigelegt, nach der antiken Göttin Athene.
Conte Gaetano di Thiene: " Der wahre Mäzen Palladios ist Giangiorgio Trissino. Und dann war da mein Vorfahr Marcantonio Thiene, der ihn unterstützt hat – eines der vier Bücher zur Architektur ist ihm gewidmet – er hat ihm den Auftrag für den Palazzo in Vicenza gegeben, in dem heute eine Bank ansässig ist. Es gab eine gewisse Freundschaft und Vertrautheit zwischen ihnen. "
Conte Gaetano di Thiene entstammt der Familie, die es vor mehr als 450 Jahren als erste riskiert hat, dem spätberufenenen und noch ganz unbekannten Architekten Palladio einen repräsentativen Bauauftrag zu geben: der Palazzo Thiene mitten in Vicenza, der – obwohl nur zur Hälfte verwirklicht – bis heute ein eindrucksvolles Zeugnis für die formbewusste Strenge, die perfekte Proportion und die genial kalkulierte, beeindruckende Wirkung von Palladios Schöpfungen ist. Sein Meisterstück sozusagen, mit dem er sich vielen weiteren Auftraggebern empfiehlt. Übrigens nicht nur durch ästhetische Brillanz, sondern durchaus auch durch praktische Vorzüge seiner Bauten.
" Dieses Haus liegt in der Mitte der Stadt, in der Nähe des Hauptplatzes, weshalb es mir nützlich erschien, auf der zum Hauptplatz hin gelegenen Seite einige Läden einzurichten, muss doch der Architekt an den Vorteil des Erbauers denken, wo immer es sich bei ausreichendem Platz einrichten lässt. Jeder Laden hat über sich einen abgeteilten Raum zum Gebrauch für die Händler, und darüber befinden sich die Räume der Herrschaft.“
Ein früher Mehrzweckbau also, dessen Funktionalität mit seiner repräsentativen Wirkung eine perfekte Synthese eingeht – ein wichtiges Kennzeichen eines echten „Palladio“.
Guido Beltramini: " Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Baukunst Palladios eine rationale Architektur ist, die präzise Antworten auf praktische Anforderungen gibt.“
So sind auch die berühmten Villen im Veneto optimal durchgeplante landwirtschaftliche Produktionszentren in edel und klar proportionierten Bauformen nach antiken Vorbildern gewesen: die charakteristischen vorgelagerten Säulenhallen, die oft mit Statuen geschmückten Dreiecksgiebel, die breiten Treppenanlagen lassen den nüchternen Zweck fast vergessen. Aber die Oberschicht Venedigs musste sich auf dem Festland neue wirtschaftliche Grundlagen schaffen, nachdem die Stadt durch die Entdeckung Amerikas und eines neuen Seewegs nach Indien als Handelsmacht ihre Schlüsselposition verloren hatte. Palladio konzipierte für sie den Bautyp, der dem Repräsentationsbedürfnis und den praktischen Anforderungen der neuen Gutsherren entsprach. Und dessen Glanz – schwärmerische Kunstreisende mögen es kaum glauben – oft mit bescheidenen Mitteln erzeugt worden ist Palladios Villen verbergen hinter ihren weißen Fassaden kostengünstige Ziegelmauern; wo man Stein und Marmor zu sehen glaubt, genügte dem Meister oft Holz und Gips.
Beltramini: " Diese außerordentlichen Bauten wirken höchst luxuriös, aber in Wirklichkeit sind sie klein, sie sind einfach, sie sind aus billigem Material errichtet, nur durch die Architektur erscheinen sie grandios – wie antike Tempel.“
Ursprung dieses Bautyps, der Architekturgeschichte geschrieben hat, war eines der großen produktiven Missverständisse der Geschichte.
Beltramini: " Palladio und auch alle seine Zeitgenossen glaubten damals noch, dass ein römischer Tempel – der Herkulestempel von Tivoli mit einem zentralen Innenraum und zwei vorgelagerten Säulenhallen, die für die Gläubigen bestimmt waren – in Wirklichkeit ein Privathaus gewesen wäre. Davon ausgehend hat Palladio seinen Typ der Villa erfunden. Das finde ich sehr komisch, dass die Villa im Veneto eigentlich auf einem Irrtum beruht.“
Repräsentative Bauten auf der ganzen Welt – vom Winterpalais in St. Petersburg über die Berliner Lindenoper bis zum Weißen Haus in Washington – stehen in der Nachfolge dieses Irrtums. Bis heute findet Palladio bekennende Bewunderer unter Architekten, die sich von seiner Passion für einfache geometrische Grundformen wie Quadrat und Kreis mitreißen lassen. Viele Theoretiker halten ihn für den einflussreichsten Baumeister aller Zeiten.
Goethe: " Heute besuchte ich das eine halbe Stunde von der Stadt auf einer angenehmen Höhe liegende Prachthaus, die Rotonda genannt. Es ist ein viereckiges Gebäude, das einen runden, von oben erleuchteten Saal in sich schließt. Von allen vier Seiten steigt man auf breiten Treppen hinan und gelangt jedesmal in eine Vorhalle, die von sechs korinthischen Säulen gebildet wird. Vielleicht hat die Baukunst ihren Luxus niemals höher getrieben.“
Seit der Italienreisende Goethe sich für Palladio begeisterte, sind ihm viele gefolgt, vor allem zu den Hauptattraktionen: in die von Tiepolo ausgemalte Villa Barbaro oder in die weltberühmte Rotonda.
18 Villen Palladios sind im Veneto erhalten. Manche nur noch teilweise und in stark verändertem Zustand, andere scheinen wie im Dornröschenschlaf dem Verfall entgegenzuträumen. Viele sind sorgfältig konserviert und zum 425. Todestag des Architekten nochmals frisch herausgeputzt. Die Funktion der Gebäude und die Situation der Hausherren hat sich natürlich grundlegend verändert seit Palladios Zeiten. Auch Conte Gaetano di Thiene lebt nicht mehr von der Landwirtschaft:
" Die heilige Landwirtschaft – wie man damals sagte – betreibe ich nicht mehr. Das Land haben wir verkauft. Heute bedeutet Landwirtschaft, dass man alles in eigener Person macht: Man muss selbst auf den Traktor steigen und säen und ernten, oder es lohnt sich nicht.“
Was sichert also den Unterhalt der Baudenkmäler, die sich fast alle noch in Privatbesitz befinden?
Thiene: " Der Tourismus – und wir vermieten das Haus für Veranstaltungen, für Hochzeiten, für Empfänge. (…) Es ist natürlich ein Privileg, hier zu wohnen, aber ein kostspieliges. So ein Haus zu unterhalten ist ganz und gar nicht einfach. Es braucht viel Liebe und Hingabe und Begeisterung. Wenn man die nicht hätte, wäre es doch nicht der Mühe wert, es zu behalten. "