Der einstige Kunsttempel Hitlers

Von Renate Heilmeier |
Er fühlte sich nicht nur als der größte Feldherr aller Zeiten. Adolf Hitler glaubte auch, ein Kunstexperte zu sein. Und das wollte er vor 70 Jahren mit dem Bau des "Hauses der Deutschen Kunst" beweisen. Das einstige Prestigeprojekt der Nazis, die die moderne Kunst ablehnten, gilt heute als eine der ersten Adressen für zeitgenössische Kunst.
Heute vor 70 Jahren, am 18. Juli 1937 wurde das "Haus der Deutschen Kunst" in München eröffnet. Damit wollte Hitler nicht nur München zur Kunsthauptstadt des Reiches machen, sondern auch seinen persönlichen Vorstellungen von dem, was Kunst zu sein hatte, einen Raum geben. Als Architekten beauftragte Hitler im Jahr 1933 Paul Ludwig Troost – der die Fertigstellung des Gebäudes allerdings nicht mehr erlebte. Deutsche Industrielle machten als Geldgeber und Grundsteinspender den Bau überhaupt erst möglich.

Nicht nur die 25 Meter hohe Ehrenhalle mit ihren roten Marmorsäulen, auch der Säulenvorbau der Fassade und die Größe des Gebäudes sprechen die Sprache einer im wahrsten Sinne großdeutschen Architektur. Denn der an klassizistischen Vorbildern orientierte Bau mit seinen 175 Metern Länge und einer Breite von 75 Metern gehorcht in seiner Monumentalität der totalen Symmetrie, um nicht zu sagen, Gleichschaltung des NS-Systems. Nach antikem Vorbild sollte hier ein Kunsttempel entstehen. Programmatisch stand das Haus der deutschen Kunst gegen alle ästhetischen Vorstellungen der Moderne - hinter der Fassade bestand er aus Stahl, Beton und Eisen.

Hitlers Eröffnungsrede glich einer Kriegserklärung gegen die moderne Kunst – und zwang einen Großteil der bedeutenden Künstler Deutschlands in die innere oder äußere Emigration. Zur Einweihung des Museums geißelte Hitler jede Form von Abstraktion als Geisteskrankheit und sprach von einer neuen und wahren deutschen Kunst, in der der Himmel nicht Grün oder Schwefelgelb sein durfte und Menschen arisch wohlgestaltet auszusehen hatten.

Diese Ästhetik spiegelte sich auch in der "Großen deutschen Kunstausstellung", die das Haus von 1937 bis 1944 einmal jährlich veranstaltete – als eine Art Leistungsschau und Verkaufsmesse. Hitler bestimmte nicht nur, was dort ausgestellt werden durfte, er erwarb auch einen nicht unwesentlichen Prozentsatz der Werke in der Ausstellung, um sich so als Kunstmäzen zu präsentieren.

Man könnte es Ironie des Schicksals nennen, dass ausgerechnet das Haus der Kunst das Bombardement des Zweiten Weltkriegs überlebte. Eine Camouflage aus Tarnnetzen und Baumkronen auf dem Dach hatte dafür gesorgt, dass der Bau nach 1945 zunächst von den amerikanischen Alliierten als Offizierscasino und bald auch wieder als Ausstellungsraum für Kunst benutzt werden konnte.

Das Gespräch zum Thema mit dem Direktor des Museums, Chris Dercon, können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player hören.