Der Blitzemacher

09.03.2010
Nikola Tesla war ein genialer Erfinder: Er meldete einige hundert Patente an, erfand u.a. einen Wechselstromgenerator, einen Radiosender und sogar einen Röntgenapparat von ihm soll es geben. Leider war er kein guter Ökonom und starb bettelarm. Michael Krause erinnert mit seiner Biografie an das vergessene Genie.
Geheimnisvolle Bilder, von Lichtblitzen durchzuckt, erschienen ihm häufig in seiner Kindheit. Träumte er, war er wach? Als Kind konnte er es nicht unterscheiden. Später hegte er eine phobische Abneigung gegen Menschenhaar, Frauenohrringe und den Geruch von Pfirsichen und verehrte die Zahl drei. Dreimal ging er um den Block, bevor er ein Haus betrat, dreimal wusch er sich die Hände, um Bakterien fern zu halten, drei mal drei mal zwei Servietten brauchte er, um bei seinen einsamen Abendessen in Hotelrestaurants Sicherheit zu empfinden.

Was man heute obsessiv-kompulsives Syndrom nennt, baute Nikola Tesla zum Genie aus. Davon erzählt das neue Buch "Wie Nikola Tesla das 20. Jahrhundert erfand" von Michael Krause. Nikola Tesla, am 10. Juli 1856 als Serbe im heutigen Kroatien geboren, erfand so ziemlich alle umwälzenden technischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts: Wechselstromtechnologie, Radio, Fernsteuerung, Tesla-Spulen und die Grundlagen der Hochfrequenz- und Plasmaforschung. Sogar die Röngtenstrahlung soll er als Erster entdeckt haben - eigentlich. Doch die wenigsten seiner Erfindungen sind heute noch mit seinem Namen verknüpft. Wie kommt es?

Spannend erzählt Michael Krause, wie eine Mischung aus Übervorteilung und Pech Tesla immer wieder zu Fall brachte. Die Zeiten waren hart, die Konkurrenz groß - sein Leben lang kämpfte der Erfinder um Geldgeber und Patentrechte. Und dann war er eben auch ein Spinner, der allmählich die Bodenhaftung verlor. Endlich berühmt geworden, inszenierte sich der große, schmale Mann als düsterer Magier vom Balkan, britzelte künstliche Blitze über verdunkelte Bühnen und jagte Ströme von über 200.000 Volt über seinen Körper, bis sein Körper von Funken umkränzt war und das Publikum panisch den Saal verließ.

Dennoch blieb der Dandy immer auch ein brillianter Analytiker und fleißiger Tüftler. Schenkt man seinen Aussagen Glauben, konnte er neue Apparate tatsächlich vor seinem geistigen Auge konstruieren, zusammenbauen und sogar testen.

Michael Krause ist ein Fan der schrägen Forschers, das ist nicht zu überlesen. Dennoch bleibt sein Stil unaufgeregt und enthält sich verschwörungstheoretischer Spekulationen - leider der einzige Zusammenhang, in dem Tesla noch heute rege rezipiert wird. Gekonnt verwebt der Autor Zeitgeschichte, Biografisches und Einblicke in die Elektrotechnik. Er zeigt Tesla als Utopisten, der der Welt mit einem weltweiten Kommunikationssystem, der Nutzung unbegrenzter Energievorräte und des Kontaktes zu weisen Außerirdischen für immer Frieden schenken wollte.

Im depressiven Alter wurden seine Visionen düsterer. Als er seine Pläne für Todesstrahlenwaffen dem bösen Gegenspieler Amerikas, der Sowjetunion, antrug, wurde er zum Vorbild des verrückten Forschers, wie er noch heute als Superman-Antagonist über Leinwände geistert. Bettelarm starb Nikola Tesla, der in seinem Leben nie eine Liebesbeziehung einging, mit 86 Jahren. Ein Teil seiner Aufzeichnungen ruht noch immer in geheimen Militärarchiven.

Besprochen von Susanne Billig

Michael Krause: Wie Nikola Tesla das 20. Jahrhundert erfand
Wiley VCH Verlag, Hoboken, New Jersey, 2009
381 Seiten, 19,95 Euro