Der Berufsreiter
Er ist einer der erfolgreichsten deutschen Jockeys und wird gerne von den Rennpferd-Besitzern für die großen Wettkämpfe gebucht: Alexander Pietsch. Mit Pferderomantik aber hat der Job des 41-Jährigen nichts zu tun.
"Und: Boxen auf zum ersten Highlight des Tages."
"Das ist der aufregendste Moment eigentlich am Rennen. Wenn man da in der Startmaschine steht, bevor es los geht. Die Pferde sind aufgeregt, selber merkt man schon die Anspannung."
Alexander Pietsch rast auf einem fuchsfarbenen Hengst mit 65 km/h über die Rennbahn. Mit ihm kämpfen zehn weitere Reiter um den Platz an der Spitze. Alex steht förmlich über dem Pferd, den Po weit nach hinten gestreckt. Am Rand der Bahn beobachten Roland Dzubsaz und Frank Haller, der Trainer und der Besitzer des Hengstes das Rennen. Birthday Prince gilt als Favorit.
Alex versucht, sich in die erste Reihe vorzuarbeiten. Aber die Anderen sind einfach stärker - Birthday Prince kommt nur als Vierter ins Ziel. Enttäuschend. Haller und Dzubasz heben die Schultern - kann man nichts machen. Sie holen den Jockey an der Rennbahn ab.
"Der mag diese Art von Rennen nicht. Dieses mit Taktik hin und her ..."
"Ja, da war auch unterwegs zu viel Hin und Her. Aber wat willste machen."
"Ließ sich ja auch am Anfang noch gut an, aber ..."
"Kommste ja nicht mehr hin."
"Ok, danke schön."
Alexander Pietsch bedankt sich bei den beiden - schließlich haben sie ihn gebucht. Der 41-Jährige ist einer der besten Jockeys Deutschlands. In seinem Stammstall in Köln trainiert er täglich Rennpferde, für ein Festgehalt. Lukrativ wird sein Beruf aber nur durch die Renneinsätze - die muss er selbst akquirieren, was einfacher ist, wenn er siegt. Während ein Pfleger "Birthday Prince" zum Stall führt, läuft Alex mit angespanntem Blick zur Umkleide der Jockeys, vorbei an Familien mit Picknickdecken, Zockern an den Wettkassen, Baden-Badener Schickeria. Er lässt sich auf eine Holzbank fallen, blättert durch das Programmheft, in dem die Pferde des Renntags vorgestellt werden. Sechs davon reitet er, als nächstes Pancho Villas.
"Pancho Villas bin ich noch nie geritten. Da guckt man dann an die Vorform, oder man guckt sich die Videos von dem Pferd an, wie es gelaufen ist. Das ist zum Beispiel von links nach rechts gelesen die letzten Platzierungen von dem Pferd. Diese Buchstaben davor, zum Beispiel W bedeutet weicher Boden, also auf welchem Untergrund der gelaufen ist. Und heute werden wir weichen Boden haben. Also ist das Pferd gar nicht so schlecht, war letztens Vierter auf weichem Boden."
"Das ist der aufregendste Moment eigentlich am Rennen. Wenn man da in der Startmaschine steht, bevor es los geht. Die Pferde sind aufgeregt, selber merkt man schon die Anspannung."
Alexander Pietsch rast auf einem fuchsfarbenen Hengst mit 65 km/h über die Rennbahn. Mit ihm kämpfen zehn weitere Reiter um den Platz an der Spitze. Alex steht förmlich über dem Pferd, den Po weit nach hinten gestreckt. Am Rand der Bahn beobachten Roland Dzubsaz und Frank Haller, der Trainer und der Besitzer des Hengstes das Rennen. Birthday Prince gilt als Favorit.
Alex versucht, sich in die erste Reihe vorzuarbeiten. Aber die Anderen sind einfach stärker - Birthday Prince kommt nur als Vierter ins Ziel. Enttäuschend. Haller und Dzubasz heben die Schultern - kann man nichts machen. Sie holen den Jockey an der Rennbahn ab.
"Der mag diese Art von Rennen nicht. Dieses mit Taktik hin und her ..."
"Ja, da war auch unterwegs zu viel Hin und Her. Aber wat willste machen."
"Ließ sich ja auch am Anfang noch gut an, aber ..."
"Kommste ja nicht mehr hin."
"Ok, danke schön."
Alexander Pietsch bedankt sich bei den beiden - schließlich haben sie ihn gebucht. Der 41-Jährige ist einer der besten Jockeys Deutschlands. In seinem Stammstall in Köln trainiert er täglich Rennpferde, für ein Festgehalt. Lukrativ wird sein Beruf aber nur durch die Renneinsätze - die muss er selbst akquirieren, was einfacher ist, wenn er siegt. Während ein Pfleger "Birthday Prince" zum Stall führt, läuft Alex mit angespanntem Blick zur Umkleide der Jockeys, vorbei an Familien mit Picknickdecken, Zockern an den Wettkassen, Baden-Badener Schickeria. Er lässt sich auf eine Holzbank fallen, blättert durch das Programmheft, in dem die Pferde des Renntags vorgestellt werden. Sechs davon reitet er, als nächstes Pancho Villas.
"Pancho Villas bin ich noch nie geritten. Da guckt man dann an die Vorform, oder man guckt sich die Videos von dem Pferd an, wie es gelaufen ist. Das ist zum Beispiel von links nach rechts gelesen die letzten Platzierungen von dem Pferd. Diese Buchstaben davor, zum Beispiel W bedeutet weicher Boden, also auf welchem Untergrund der gelaufen ist. Und heute werden wir weichen Boden haben. Also ist das Pferd gar nicht so schlecht, war letztens Vierter auf weichem Boden."
Immer auf Diät
Alex verschwindet in die Jockey-Umkleide, begrüßt vier erschreckend dünne Männer mit Handtüchern um die Hüften. Auch bei Alex schlackert die Stoffhose um die dünnen Beine, den kantigen Po. Er darf zum Wettkampf nur 55 Kilo wiegen. Bei einer Größe von 1 Meter 74.
"Ich muss sehr strikte Diät halten und hab immer mit meinem Gewicht zu kämpfen. Und das schon seit Jahren! Das ist natürlich der größte Minuspunkt in meinem Leben, dass ich da große Einschnitte habe gegenüber anderen Menschen."
Heute morgen war er im Hotel schon auf dem Laufband, Kalorien verbrennen. Dann in der Sauna schwitzen. Die Handvoll Haferflocken vom Frühstück muss bis spätabends reichen. Alex, jetzt in gelb-rotem Trikot, klemmt den Sattel unter den Arm, springt vor der Jockeybude auf eine große Waage. Der Kontrolleur blickt auf die Anzeige, nickt: das Gewicht stimmt.
Alex greift die Satteldecke. In einer Reihe laufen die Jockeys in den Führring ein - der Platz, auf dem die Pferde dem Publikum präsentiert werden. Hier trifft Alex auf eine ganze Gruppe - Pancho Villas hat viele Besitzer, er ist ein Lokalmatador und gehört 14 Politikern der Region. Alex beobachtet, wie Pancho im Kreis geführt wird: Ein unauffälliger brauner Wallach. Trainer Werner Hefter weist ihn kurz ein:
"Ich denke, die Distanz passt dem gut. Was ich nicht weiß: Ob er den Boden kann. Die gehen wahrscheinlich wieder alle nach außen."
"Klar, ich bin der erste, der rausgeht, wirste sehen!"
"Dann schieb ihn richtig schön rein."
"Ok, gut."
"Ein braver Kerl, hat ein gutes Phlegma. Die Besitzer sind aufgeregter."
Hefter hilft Alex beim Aufsitzen, die Besitzer ziehen sich auf die VIP-Tribüne zurück. Die Jockeys reiten auf der Rennbahn auf. Je näher sie an den Start kommen, desto nervöser tänzeln die Pferde. Alex schnallt die Steigbügel so hoch, dass die Waden direkt an den Oberschenkel kleben. Ein Helfer führt Pancho in die enge Startbox. Die Fahne geht runter, das Tor knallt auf - die Pferde rasen los.
"Ich muss sehr strikte Diät halten und hab immer mit meinem Gewicht zu kämpfen. Und das schon seit Jahren! Das ist natürlich der größte Minuspunkt in meinem Leben, dass ich da große Einschnitte habe gegenüber anderen Menschen."
Heute morgen war er im Hotel schon auf dem Laufband, Kalorien verbrennen. Dann in der Sauna schwitzen. Die Handvoll Haferflocken vom Frühstück muss bis spätabends reichen. Alex, jetzt in gelb-rotem Trikot, klemmt den Sattel unter den Arm, springt vor der Jockeybude auf eine große Waage. Der Kontrolleur blickt auf die Anzeige, nickt: das Gewicht stimmt.
Alex greift die Satteldecke. In einer Reihe laufen die Jockeys in den Führring ein - der Platz, auf dem die Pferde dem Publikum präsentiert werden. Hier trifft Alex auf eine ganze Gruppe - Pancho Villas hat viele Besitzer, er ist ein Lokalmatador und gehört 14 Politikern der Region. Alex beobachtet, wie Pancho im Kreis geführt wird: Ein unauffälliger brauner Wallach. Trainer Werner Hefter weist ihn kurz ein:
"Ich denke, die Distanz passt dem gut. Was ich nicht weiß: Ob er den Boden kann. Die gehen wahrscheinlich wieder alle nach außen."
"Klar, ich bin der erste, der rausgeht, wirste sehen!"
"Dann schieb ihn richtig schön rein."
"Ok, gut."
"Ein braver Kerl, hat ein gutes Phlegma. Die Besitzer sind aufgeregter."
Hefter hilft Alex beim Aufsitzen, die Besitzer ziehen sich auf die VIP-Tribüne zurück. Die Jockeys reiten auf der Rennbahn auf. Je näher sie an den Start kommen, desto nervöser tänzeln die Pferde. Alex schnallt die Steigbügel so hoch, dass die Waden direkt an den Oberschenkel kleben. Ein Helfer führt Pancho in die enge Startbox. Die Fahne geht runter, das Tor knallt auf - die Pferde rasen los.
Der Außenseiter gewinnt
Alex startet im Mittelfeld ins Rennen. Nach der Hälfte des 1800 Meter langen Parcours will er nach vorne - aber er findet keine Lücke. In der Kurve zur Zielgeraden wittert er seine Chance: Er zieht nach außen, setzt sich an die Spitze. Jetzt kommt der Stock zum Einsatz: Fünf mal holt Alex aus, haut Pancho die Gerte auf das Hinterteil. Pancho Villas, der Außenseiter, gewinnt.
Alex reitet durch die Zuschauerreihen Richtung Hauptplatz, Schlammspritzer wie Sommersprossen im Gesicht. Die Flanken von Pancho beben, dicke Adern zeichnen sich wie Spinnennetze unter der Haut ab.
Alex springt ab, gleich beginnt die Siegerehrung. Er steht vorne auf der Festtribüne, umringt von Besitzern und Trainer. Die Fotografen zücken die Kamera, Alex strahlt, reckt eine Drei-Liter-Flasche Sekt in die Luft. Während das Publikum noch klatscht, rennt er schon wieder Richtung Umkleide. Atemlos. Zufrieden.
"Das ist natürlich klar, mit so vielen Leuten, denen man eine Freude bereiten kann - das ist schon immer schön."
Der Rest des Tages verläuft weniger glamourös: Rennen 4, 5 und 6 warten. Der Sieg eben wird sein einziger bleiben. Insgesamt erreitet er 13.700 Euro Sieggeld, 5 Prozent davon, 685 Euro, gehören ihm. Um 19 Uhr verlässt er zum letzten Mal die Jockeykabine. Müde sieht er aus, aber auch erleichtert. Ein Sieg mehr für seine Bilanz - ein weiteres Plus für die nächste Rennakquise.
Alex reitet durch die Zuschauerreihen Richtung Hauptplatz, Schlammspritzer wie Sommersprossen im Gesicht. Die Flanken von Pancho beben, dicke Adern zeichnen sich wie Spinnennetze unter der Haut ab.
Alex springt ab, gleich beginnt die Siegerehrung. Er steht vorne auf der Festtribüne, umringt von Besitzern und Trainer. Die Fotografen zücken die Kamera, Alex strahlt, reckt eine Drei-Liter-Flasche Sekt in die Luft. Während das Publikum noch klatscht, rennt er schon wieder Richtung Umkleide. Atemlos. Zufrieden.
"Das ist natürlich klar, mit so vielen Leuten, denen man eine Freude bereiten kann - das ist schon immer schön."
Der Rest des Tages verläuft weniger glamourös: Rennen 4, 5 und 6 warten. Der Sieg eben wird sein einziger bleiben. Insgesamt erreitet er 13.700 Euro Sieggeld, 5 Prozent davon, 685 Euro, gehören ihm. Um 19 Uhr verlässt er zum letzten Mal die Jockeykabine. Müde sieht er aus, aber auch erleichtert. Ein Sieg mehr für seine Bilanz - ein weiteres Plus für die nächste Rennakquise.