Der angebliche Schlankmacher
Ein neues Brot bekommt inzwischen sogar von der Wissenschaft die Absolution: Das Eiweißbrot. Das Deutsche Institut für Ernährung in Potsdam-Rehbrücke bescheinigt der Eiweißkost sogar Abnehmqualitäten.
Der Nachfolger der "Kohlsuppendiät" und von "Schlank im Schlaf" ist gefunden: Das Eiweißbrot. Aktuell sehen sich die Anbieter durch einen Mäuseversuch des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam bestätigt. Allerdings bekamen die Mäuschen kein Eiweißbrot zu fressen, sondern reichlich Molkenpulver. Und siehe da, die Molkenmäuse nahmen in den folgenden Tagen etwas langsamer zu als die mit normalem Mäusefutter. Ich würde daraus schließen, dass ihnen das viele Molkenpulver einfach nicht mundete. Doch die Forscher schlossen aus ihrem nur sieben Tage dauernden Versuch, der Mensch könne mit viel Eiweiß dem Übergewicht vorbeugen.
Nun wird allerorten behauptet, Eiweißbrot sei die ideale Abendmahlzeit, um im Bett abzunehmen. Falls das wirklich stimmen sollte, dann würde ich mir erst mal ein Wiener Schnitzel gönnen. Doch Vorsicht. Legt man die Nährwerte eines Eiweißbrotes zugrunde, dann wird es rein rechnerisch ziemlich eng – weil in der Schnitzelpanade noch zu viele Kohlenhydrate stecken. Ein arithmetisch besseres Resultat liefert jedoch ein Rollmops mit einem Gürkchen drin und Zwiebelringen drauf. Das entspricht schon ziemlich genau einem handelsüblichen Eiweißbrot, das mit Butter bestrichen wurde.
Kein Appetit auf Rollmops? Für alle, die Nährwerttabellen als Ernährungs-Katechismus betrachten, noch ein Vorschlag: Schnibbeln Sie sich einen griechischen Salat mit Zwiebeln, Tomaten und Paprika, Essig und etwas Olivenöl drüber. Und das Wichtigste nicht vergessen: eine ordentliche Portion Schafskäse. Und schon haben Sie ein Eiweißbrot verspeist. Wer es lieber mit Kräuterquark versuchen möchte, ist als Österreicher im Vorteil. Dort gibt es mancherorts noch den traditionellen Topfen, der einen deutlich höheren Eiweißgehalt hat als unser deutscher Quark.
"Eiweißbrot" klingt ja ganz gut, aber woher kommt dieses Eiweiß? Statt Mehl mischt der Bäcker allerlei Reststoffe unter, die bisher im Schweinetrog landeten, nämlich Sojaeiweiß, Lupinenmehl, Molkenpulver und vor allem: Gluten. Gluten ist ein Rückstand aus der Herstellung von technischer Stärke und Bioethanol aus Weizen. Es fällt in riesigen Mengen an und überfordert derzeit sogar die Fresslust unserer Mastschweine. Dummerweise ist das im Eiweißbrot so wichtige Gluten riskant für Patienten, die unter der Darmkrankheit Zöliakie leiden. Leider ist zu befürchten, dass eine hohe Zufuhr von Gluten die Zöliakie auch auslösen kann. Ich würde so was nicht regelmäßig essen wollen.
Wer keinen Topfen kriegt, keine Rollmöpse mag und auch keinen Schafskäse, der kann in Sachen Eiweißbrot auf anderem Wege einen eleganten Volltreffer landen: Man nehme eine Bulette mit etwas Senf: Deren Nährwerte entsprechen ziemlich genau einem Eiweißbrot mit Butter oder Margarine. Da der Wassergehalt einer Bulette höher ist als der eines Eiweißbrotes, können Sie sich ruhig etwas mehr von den Frikadellen gönnen.
Angesichts dieser Eiertänze, ach was dieser Eiweißtänze, stellt sich doch die grundsätzliche Frage, welchen Sinn eine Forschung hat, die glaubt, durch Diättricks Menschen verschlanken zu können? Was sollen seltsame Diätversuche an Mäusen? Es gibt doch schon genug Menschenversuche: Zig-Millionen von Frauen haben sich in den letzten 50 Jahren zahllosen Abnehmdiäten unterzogen. Sie haben so ziemlich alles, vom Naheliegenden bis zum Absurden bis zur bitteren Neige im Selbstversuch ausgekostet. Und fast immer ohne sichtbaren Erfolg. Dafür trugen die Versuchspersonen regelmäßig gesundheitliche Schäden davon wie Osteoporose. Demnach sind Diätversuche eine unnötige Quälerei, auch für Tiere, falls sich die Erfahrungen am Menschen auf Labormäuse übertragen lassen.
Gönnen Sie sich zum Abendbrot also wieder das, was Sie schon immer gern gegessen haben – und sie können das edle Eiweiß-Backwerk endlich wieder den Schweinen zum Fraß vorwerfen. Die liefern dann schmackhafte Buletten. Egal, welchen Senf die Diätratgeber dazugeben. Mahlzeit!
Literatur
Deutsches Institut für Ernährungsforschung: Warum eine eiweißreiche Ernährung Übergewicht vorbeugen kann. Pressemeldung vom 30.10.2012
Freudenberg A et al: Dietary L-leucine and L-alanine supplementation have similar acute effects in the prevention of high-fat diet-induced obesity. Amino Acids 2012; epub ahead of print
Keipert S et al: Dietary effects on body composition, glucose metabolism, and longevity are modulated by skeletal muscle mitochondrial uncoupling in mice. Aging Cell 2011; 10: 122-136
T-Online: Warum Eiweiß beim Abnehmen hilft. 2.11.2012
Souci SW et al: Die Zusammensetzung der Lebensmittel. Nährwerttabellen. WVG, Stuttgart 2008
Nun wird allerorten behauptet, Eiweißbrot sei die ideale Abendmahlzeit, um im Bett abzunehmen. Falls das wirklich stimmen sollte, dann würde ich mir erst mal ein Wiener Schnitzel gönnen. Doch Vorsicht. Legt man die Nährwerte eines Eiweißbrotes zugrunde, dann wird es rein rechnerisch ziemlich eng – weil in der Schnitzelpanade noch zu viele Kohlenhydrate stecken. Ein arithmetisch besseres Resultat liefert jedoch ein Rollmops mit einem Gürkchen drin und Zwiebelringen drauf. Das entspricht schon ziemlich genau einem handelsüblichen Eiweißbrot, das mit Butter bestrichen wurde.
Kein Appetit auf Rollmops? Für alle, die Nährwerttabellen als Ernährungs-Katechismus betrachten, noch ein Vorschlag: Schnibbeln Sie sich einen griechischen Salat mit Zwiebeln, Tomaten und Paprika, Essig und etwas Olivenöl drüber. Und das Wichtigste nicht vergessen: eine ordentliche Portion Schafskäse. Und schon haben Sie ein Eiweißbrot verspeist. Wer es lieber mit Kräuterquark versuchen möchte, ist als Österreicher im Vorteil. Dort gibt es mancherorts noch den traditionellen Topfen, der einen deutlich höheren Eiweißgehalt hat als unser deutscher Quark.
"Eiweißbrot" klingt ja ganz gut, aber woher kommt dieses Eiweiß? Statt Mehl mischt der Bäcker allerlei Reststoffe unter, die bisher im Schweinetrog landeten, nämlich Sojaeiweiß, Lupinenmehl, Molkenpulver und vor allem: Gluten. Gluten ist ein Rückstand aus der Herstellung von technischer Stärke und Bioethanol aus Weizen. Es fällt in riesigen Mengen an und überfordert derzeit sogar die Fresslust unserer Mastschweine. Dummerweise ist das im Eiweißbrot so wichtige Gluten riskant für Patienten, die unter der Darmkrankheit Zöliakie leiden. Leider ist zu befürchten, dass eine hohe Zufuhr von Gluten die Zöliakie auch auslösen kann. Ich würde so was nicht regelmäßig essen wollen.
Wer keinen Topfen kriegt, keine Rollmöpse mag und auch keinen Schafskäse, der kann in Sachen Eiweißbrot auf anderem Wege einen eleganten Volltreffer landen: Man nehme eine Bulette mit etwas Senf: Deren Nährwerte entsprechen ziemlich genau einem Eiweißbrot mit Butter oder Margarine. Da der Wassergehalt einer Bulette höher ist als der eines Eiweißbrotes, können Sie sich ruhig etwas mehr von den Frikadellen gönnen.
Angesichts dieser Eiertänze, ach was dieser Eiweißtänze, stellt sich doch die grundsätzliche Frage, welchen Sinn eine Forschung hat, die glaubt, durch Diättricks Menschen verschlanken zu können? Was sollen seltsame Diätversuche an Mäusen? Es gibt doch schon genug Menschenversuche: Zig-Millionen von Frauen haben sich in den letzten 50 Jahren zahllosen Abnehmdiäten unterzogen. Sie haben so ziemlich alles, vom Naheliegenden bis zum Absurden bis zur bitteren Neige im Selbstversuch ausgekostet. Und fast immer ohne sichtbaren Erfolg. Dafür trugen die Versuchspersonen regelmäßig gesundheitliche Schäden davon wie Osteoporose. Demnach sind Diätversuche eine unnötige Quälerei, auch für Tiere, falls sich die Erfahrungen am Menschen auf Labormäuse übertragen lassen.
Gönnen Sie sich zum Abendbrot also wieder das, was Sie schon immer gern gegessen haben – und sie können das edle Eiweiß-Backwerk endlich wieder den Schweinen zum Fraß vorwerfen. Die liefern dann schmackhafte Buletten. Egal, welchen Senf die Diätratgeber dazugeben. Mahlzeit!
Literatur
Deutsches Institut für Ernährungsforschung: Warum eine eiweißreiche Ernährung Übergewicht vorbeugen kann. Pressemeldung vom 30.10.2012
Freudenberg A et al: Dietary L-leucine and L-alanine supplementation have similar acute effects in the prevention of high-fat diet-induced obesity. Amino Acids 2012; epub ahead of print
Keipert S et al: Dietary effects on body composition, glucose metabolism, and longevity are modulated by skeletal muscle mitochondrial uncoupling in mice. Aging Cell 2011; 10: 122-136
T-Online: Warum Eiweiß beim Abnehmen hilft. 2.11.2012
Souci SW et al: Die Zusammensetzung der Lebensmittel. Nährwerttabellen. WVG, Stuttgart 2008