Depardieu singt

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack |
Der Film "Chanson d´amour" entführt in die Welt der französischen Provinz-Gaukler. Im Mittelpunkt steht ein von Gerard Depardieu gespielter in die Jahre gekommener Ballhaus-Sänger, der sich noch einmal verliebt. Die Geschichte von "Schwere Jungs" basiert auf dem 1952 nie für möglich gehaltenen Vierer-Bob-Olympia-Sieg für Deutschland.
"Chanson d'amour"

Frankreich 2005, Buch und Regie: Xavier Giannoli, Hauptdarsteller:
Gérard Depardieu, Cécile de France, ohne Altersbeschränkung , ,

Der Film von Xavier Giannoli lief im Wettbewerb der letztjährigen Filmfestspiele von Cannes und war dort eine "willkommene Erholung nach Krieg, Totschlag und Verderben" ("Süddeutsche Zeitung"). Der 1972 geborene Filmemacher startete seine Karriere auch mit einem Cannes-Triumph: 1998 gewann er dort mit seinem Kurzfilm "L`Interview" die "Goldene Palme". Sein erster Langfilm war 2003 die Dreiecksgeschichte "Es brennt in mir"; zwei Jahre darauf entstand "Une aventure", die Liebesgeschichte zwischen einem jungen Mann und einer Schlafwandlerin, der bei uns nicht lief.

Inhalt: Mit seinem dritten Spielfilm setzt er nun bereits eine ganz vorzügliche "Duftmarke": "Chanson d´amour" blickt in die Welt der französischen Provinz-Gaukler, der heimischen Unterhaltungskünstler "für das Volk", begibt sich in die Szene der Schlagersänger und des Chansons. Fernab von der (Pariser) Welt des Glamours entfaltet sich hier eine ganz eigene Atmosphäre der Geselligkeit und des Tanzvergnügens. Dabei im Mittelpunkt: Der in die Jahre gekommene Ballhaussänger Alain Moreau, ein ebenso routinierter wie sehr beliebter "Handwerker der Emotionen", der sein Umfeld aus dem Effeff kennt, beherrscht, dirigiert, gleichzeitig aber weiß, dass er hier und nur hier in der Spitze und Beliebtheitsskala ganz oben mitmischen kann.

Folglich hat er sich melancholisch, aber auch mit viel Selbstironie "eingerichtet": Als charismatischer Galan mit Würde und sympathischem Kerle-Charme. Doch eines Abends kommt das "erotische Knistern" für den Mittfünfziger plötzlich zurück, als er sich in die eine Generation jüngere Marion verliebt.

Fazit: "Chanson d´amour" ist eine zärtliche, liebevolle Hymne an die überschaubare Welt der musikalischen wie gesellschaftlichen Gegenkultur in der französischen Provinz. Eine Hommage an das Tanzhallen-Milieu, in dem Alain Moreau "Elvis" ist: Der "gefühlte KING des Chansons". Der große (58-jährige) Gerard Depardieu spielt dieses "Zentralmassiv", wie er sich selbst einmal bezeichnet, diesen einfühlsamen Charme-Bolzen, mit viel Kraft, Zärtlichkeit und Wahrhaftigkeit. Und: Er singt alle Lieder auch gleich selbst, ohne Playback. Souverän wie sympathisch unaufgeregt. Ein wirklich glanzvolles (Unterhaltungs-)Ereignis.

An seiner wunderschönen wie selbstbewussten Seite: Die in Belgien geborene, 30-jährige Cécile de Frankce (neulich "L´auberge espagnole - Barcelona für ein Jahr", "L´auberge espagnol - Wiedersehen in St. Petersburg" sowie "Ein perfekter Platz" von Danièle Thompson) als "irritierte" Marion. "Chanson d´amour" zählt zu jenen wunderschönen französischen "Regionalfilmen" wie "Der Schmetterling", "Eine Schwalbe macht den Sommer" oder "Wenn die Flut kommt", die mit poetischer Sensibilität und Diskretion von der Seele "außerhalb" der großen Städte, Lautstärke fein zu erzählen wissen.....


"Schwere Jungs"
Deutschland 2006, Regie: Marcus H. Rosenmüller, Hauptdarsteller: Sebastian Bezzel, Michael A. Grimm, Simon Schwarz, Antoine Monot Jr., ohne Altersbeschränkung

Der Film von Marcus H. Rosenmüller, 1973 in Terensee geboren, Absolvent der Münchner Filmhochschule und gleich mit seinem "oberbayerischen" Debüt-Spielfilm für Kino-Furore sorgend: "Wer früher stirbt ist länger tot" avancierte zu dem Lieblingsfilmen der Saison und hat inzwischen bereits mehr als 1,3 Millionen Besucher.

Inhalt: Sein zweiter Spielfilm könnte auch "Das Wunder von Oslo" heißen und basiert - ebenso wie "Das Wunder von Bern" (Fußball-WM-Sieg von 1954) - auf einem authentischen wie erfolgreichen deutschen Sport-Ereignis: Dem 1952 nie für möglich gehaltenen Vierer-Bob-Olympia-Sieg. Doch bevor es "soweit" ist, müssen sich erst bayerische Dickschädel zusammenraufen. Denn die Chef-Protagonisten kennen und verachten sich seit Jahren.

Bislang war immer der Dorfer (Nicholas Ofczarek) vorneweg und der Gamser (Sebastian Bezzel) ewiger Zweiter. Auf der Bob-Bahn wie im (Dorf-)Leben. Doch weil Deutschland für die bevorstehende Olympiade auch ein zweites Team melden darf, organisieren sich auch bzw. nochmal die bisherigen Verlierer.

Fazit: "Schwere Jungs" ist einer der schönsten Heimatfilme seit langem: Lustig, aber nie blöde; deftig, aber nie verletzend; draufgängerisch, aber nie überzeichnend. Genau die überzeugende Gefühls-Balance haltend zwischen Glaubwürdigkeit und Augenzwinkern. Mit herrlicher Situationskomik, kernigen Pointen, wunderbar-schrägen Typen. Dabei ebenso locker-flockig wie völlig angenehm-unaufgeregt.

Richtig schön wie erstaunlich cool, die Pointen klasse-setzend. Saukomisch, wirklich. Ein durchweg stimmungsvoller, prächtig unterhaltender Ensemblefilm, in dem selbst Stars wie Horst Krause ("Schultze get´s the blues") und Bastian Pastewka ("Der Wixxer") sich nicht für "auf den vortrefflich-komischen Punkt" gebrachte Nebenrollenfiguren zu schade sind. "Schwere Jungs" ist ein köstliches Leinwand-Vergnügen!