Dem Wahnsinn nahe

Moderation: Joachim Kaiser |
"Kreisleriana" heißen die acht Fantasie-Stücke op. 16, die Robert Schumann 1838 in wenigen Tagen geradezu eruptiv aus sich herausschleuderte. Er widmete den poetischen Klavierzyklus nicht seiner geliebten Clara, sondern Frederic Chopin. Der allerdings ließ das Werk monatelang unbeachtet herumliegen, um dann - nachdem er sich endlich damit beschäftigt hatte - anzumerken, das sei doch eigentlich gar keine Musik mehr.
Joachim Kaiser belegt, worin für ihn das Geniale und das Verstörende dieses Zyklus besteht. Er sieht in der "Kreisleriana" einen Höhepunkt des Schumannschen Frühwerkes und zugleich eine dämonische Ausnahme.

Der Titel "Kreisleriana" bezieht sich auf eine literarische Figur von E.T.A. Hoffmann, auf seinen exzentrischen Kapellmeister namens Johannes Kreisler. Schumann inspirierte diese Figur zu einer Musik, die nichts humoristisch Bizarres hat, sondern die finster, verzweifelt und nihilistisch endet. Joachim Kaiser zeigt, wie sich die verschiedenen Interpreten mit der facettenreichen, von Gegensätzen strotzenden und phantastisch romantischen Musik Schumanns auseinandersetzen. Das Spektrum reicht von Vladimir Horowitz, der die "Kreisleriana" 1969 zum ersten Mal einspielte und ihr gespenstische Geheimnisse entlockte, über Wilhelm Kempffs geradezu nüchterne Darstellung bis hin zu Till Fellners balladesk-wilder Variante. Joachim Kaiser stellt die innig-langsame Interpretation der Japanerin Mitsuko Uchida der poetisch-feurigen von Alfred Cortot gegenüber, vergleicht Andras Schiff, Geza Anda und viele andere namhafte Pianisten und erläutert dabei, wie Schumann die einzelnen Fantasien zu einem geschlossenen Zyklus formte.