Debatte um virales Video

Aktion gegen Manspreading - vom Kreml lanciert?

04:25 Minuten
Ein Mann sitzt in der U-Bahn breitbeinig auf einem Sitz und versperrt so den Platz für andere Fahrgäste.
Der Clip, der vor zwei Wochen im Netz die Runde gemacht und viele empört hat, könnte vom Kreml beauftragt worden sein. © MAXPPP
Sabine Stöhr im Gespräch mit Timo Grampes · 12.10.2018
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Gut zwei Wochen ist es her, da ging im Netz ein Clip viral: Eine Aktivistin schüttet breitbeinig sitzenden Männern eine Flüssigkeit in den Schritt. Nun sind Berichte aufgetaucht, wonach das Video vom Kreml beauftragt worden sein könnte.
Vor gut zwei Wochen hat Anna Dowgaljuk im Internet ein Video veröffentlicht, darin sieht man, wie sie Männern, die in der U-Bahn mit weit gespreizten Beinen sitzen, eine Flüssigkeit mit zugesetztem Bleichmittel in den Schritt gießt. Die russische Jura-Studentin hatte sich als Aktivistin zu erkennen gegeben, die mit ihrer Aktion männlichen Sexismus kritisieren will. Nun stellt sich allerdings heraus: Das Video, das millionenfach geklickt wurde, könnte russische Propaganda sein – mit dem Ziel die Öffentlichkeit zu verunsichern und die Wut gegenüber Feministinnen zu schüren.

Aktionskunst mit Unstimmigkeiten

"Es gibt Berichte, dass der Kreml hinter diesem Video steckt", sagt unsere Moskau-Korrespondentin Sabine Stöhr über den Fall, über den auch Deutschlandfunk Kultur berichtet hatte. Als Beleg werde angegeben, dass das Video inszeniert sei – etwa, weil die Männer nicht überrascht reagiert hätten. Dies hätte man in der Berichterstattung vor zwei Wochen erwähnen müssen, räumt Stöhr ein: "Wir haben es damals in dem Gespräch nicht aktiv angesprochen, es ging um Aktionskunst. Dieser Fall aber zeigt jetzt, dass wir solche Sachen, die vielleicht nicht ganz stimmig sind, auf jeden Fall thematisieren sollten in Zukunft."

Ein möglicher Profilierungsversuch...

Die Frage, ob der Clip tatsächlich vom Kreml beauftragt sein könnte, sei dagegen momentan nicht eindeutig zu beantworten. "Es kann sein, dass Anna, die in einem zweitklassigen, russischen Schönheitswettbewerb gewonnen hat und es danach mit dieser Karriere nicht so richtig weiterging – dass die sich jezt mit so einer Aktion, mit so einem Video profilieren will, indem sie da eben so provokativ ist." Dies könne der Fall sein, zumal das erste Internet-Video der jungen Russin, welches thematisiert habe, dass russische Männer Frauen heimlich unter dem Rock fotografierten, ein voller Erfolg gewesen sei.

... oder ein Auftrag aus dem Kreml

Die andere Theorie sei, dass der Kreml das Video lanciert habe, möglicherweise um die Empörung gegenüber Feministinnen anzuheizen, so Stöhr. "Mir erscheint das nur auch wieder seltsam. Auch in Russland würde dann die Gesellschaft gespalten werden, wenn das die Absicht ist – und das kann eigentlich der Kreml überhaupt nicht gebrauchen, der will Stabilität und nochmal Stabilität und dass alle geschlossen hinter der Regierung stehen." Somit bleibe offen, warum dieses Video im Internet stehe. Der Fall zeige jedoch auch, "wie vorsichtig wir bei der Berichterstattung mit allem umgehen müssen". Man müsse aber auch damit rechnen, dass sich der Fall nie ganz klären lasse. "Denn wenn es der Kreml ist, macht er es so geschickt, das kennen wir aus der Berichterstattung, dass es immer irgendwie keine Beweise gibt, im Zweifel Indizien, und man nicht wirklich den 'Schuldigen' erkennen kann."
(küf)
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