Deanna Templeton: "What She Said"
MACK, London 2021
168 Seiten, 45 Euro
Was es heißt, eine Frau zu werden

Deanna Templeton porträtiert junge Frauen und kombiniert diese Fotos mit Erinnerungsstücken ihrer eigenen Pubertät: Das Buch „What She Said“ erzählt von Außenseitertum, Weltschmerz und Pickeln. Sie schlägt so eine Brücke zwischen den Generationen.
"What She Said" ist nicht nur ein bekannter Song der britischen Band The Smiths, sondern auch der Name des neuen Fotobands der amerikanischen Fotografin Deanna Templeton.
Sie kombiniert darin Porträts von Teenagern heute, speziell jungen Frauen aus der Gothic- und Punkszene, mit Erinnerungsstücken aus ihrer eigenen Teenagerzeit.
Zwischen Punk und Pathos
Deanna Templetons Fotobuch erzähle vom Erwachsenwerden aus spezifisch weiblicher Sicht, sagt die Journalistin Lotta Wieden. "Es ist allerdings ein schmaler Grat zwischen Punk und Pathos, auf dem Deanna Templeton sich hier bewegt."
Die Fotografin hat Mädchen und junge Frauen porträtiert, die sie auf der Straße entdeckt hat. Es sind einerseits Frauen, die Templeton fasziniert haben, weil sie so cool und selbstbewusst wirkten, wie sie selbst als Teenager gern gewesen wäre, erzählt Wieden. Andererseits habe sie verletzlich wirkende Außenseiterinnen fotografiert, die Templeton sehr daran erinnert hätten, wie sie sich selbst in dieser Zeit als Teenager gesehen hat.
Man sehe viele gepiercte, oft noch sehr kindlich wirkende Gesichter und jede Menge Tattoos mit Botschaften wie "Ich will sterben". Eine Frau zeige ihre Arme voller Narben, die sie sich offenbar selbst zugefügt hat.
Mit Musik die Pubertät ertragen
Daneben stehen die Erinnerungsstücke der Fotografin, etwa Konzerttickets und Auszüge aus Templetons Tagebuch als Pubertierende. "Wir lernen da eine Jugendliche kennen, die gelangweilt und angeekelt ist von der Welt der Erwachsenen", so Wieden.
Templeton habe sich alleingelassen gefühlt von den Eltern, sie habe die Schule gehasst und ihre besten Freundinnen angelogen, um sich interessanter zu machen. Außerdem habe sie sich nie dünn genug gefühlt und ihr Gesicht als von Pickeln geradezu entstellt beschrieben.
"Die Gegenwelt zu all dem ist Musik: Templeton muss ab dem Alter von 15 Jahren jedes Wochenende auf einem anderen Konzert gewesen sein." Und das habe sie offenbar genossen, vermutet Lotta Wieden.
Momentaufnahme des weiblichen Erwachsenwerdens
Das Buch wirkt auf Wieden wie der Versuch einer soziokulturellen Studie. Viele Fotos hätten den Charme von Schnappschüssen. Manche seien farbig, manche schwarz-weiß, und sie stammen offensichtlich von verschiedenen Kameras.
Um eine einheitliche Ästhetik gehe es Templeton nicht. Sondern eher um eine Momentaufnahme in der Entwicklung vom Mädchen zur Frau.

Die Mädchen und jungen Frauen, die sie porträtiert, hat Deanna Templeton auf der Straße angesprochen. © Deanna Templeton
Gelungen findet die Journalistin, wie Templeton die persönlichen Dokumente mit den Fotos in Beziehung setzt. Ob ihr Fotobuch aber tatsächlich eine universelle Erzählung über das Erwachsenwerden als Frau ist?
Lotta Wieden ist sich unsicher: "Auf jeden Fall versucht sie, eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen. Und es zieht einen sofort rein in diese Zeit, wo eine einzige unpassende Bemerkung der Eltern oder Freunde ein Weltuntergang sein konnte."
(jfr)