David Oistrach und Herbert von Karajan

21.12.2008
David Oistrach und Herbert von Karajan an einem Abend "zusammenzuspannen" – dafür muss es schon besondere Gründe geben. Zwar begegneten sich der Geiger und der Dirigent zu Lebzeiten das eine oder andere Mal: bei der Aufnahme von Beethovens Tripelkonzert etwa, bei der Oistrach neben Mstislaw Rostropowisch und Swjatoslaw Richter von den Berliner Philharmonikern unter Karajan begleitet wurde.
Allerdings ist gerade diese Plattenproduktion heute zu Recht umstritten, gilt sie doch als ein Zeugnis für den gar nicht so seltenen Fall, dass – für sich genommen – geniale Musiker gemeinsam gehörig aneinander vorbei musizieren können. Ohne Karajan jedenfalls ging das Zusammenspiel Oistrachs mit den Philharmonikern gleich viel besser, wie die 1970 entstandenen Aufnahmen der Violinkonzerte von Mozart eindrucksvoll belegen.

In unserem Programm nun begegnen sich David Oistrach und Herbert von Karajan postum und separat – und zwar in Gestalt zweier einzigartiger historischer Einspielungen. Der Anlass dafür: dass jeder im zurückliegenden Jahr seinen 100. Geburtstag hatte, was im Programm von Deutschlandradio bereits ausführlich gewürdigt wurde.

David Oistrach ist mit dem Violinkonzert op. 61 von Ludwig van Beethoven zu hören, aufgenommen zu einer Zeit, da er sich auf dem Höhepunkt seines geigerischen Könnens befand: Anfang der 1950er Jahre. Sein edler Ton, die absolute technische Sicherheit und spielerische Virtuosität Oistrachs vereinen sich bei dieser Interpretation mit der profunden Beethoven-Erfahrung des großen deutschen Dirigenten Hermann Abendroth, der bei diesem Live-Mitschnitt am Pult des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin steht.

Auch Herbert von Karajan wird Beethoven dirigieren, nämlich die "Missa solemnis", von der es unter seiner Leitung drei Einspielungen gibt, die jeweils parallel zu den Aufnahmezyklen der Beethoven-Sinfonien entstanden sind: 1958 die mit dem London Philharmonia Orchestra (und dem legendären Solistenquartett Elisabeth Schwartzkopf, Christa Ludwig, Nicolai Gedda, Nicola Zaccaria) sowie zwei mit den Berliner Philharmonikern, von denen die aus dem Jahr 1972 als besonders gelungen gilt. Zu Recht hoben Kritiker hervor, dass die in der Berliner Jesus-Christus-Kirche entstandene Produktion von Beethovens größtem Sakralwerk "eine Gläubigkeit, Innigkeit und klangliche Ästhetik vermittelt, die vielen neueren Aufnahmen abgeht". Nicht wenig haben dazu
die Vokalsolisten Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Fritz Wunderlich und Walter Berry beigetragen. Doch hat vor allem Karajan mit seiner klangsensiblen Interpretation einen der schönsten Beweise seiner Meisterschaft erbracht, an die zum Ausklang seines 100. Geburtsjahres erinnert werden soll.



Historische Beethoven-Aufnahmen
mit David Oistrach und Herbert von Karajan


Ludwig van Beethoven
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61

David Oistrach, Violine
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Hermann Abendroth
Live-Mitschnitt vom 31.3.1952

ca. 20:50 Konzertpause mit Nachrichten

Ludwig van Beethoven
"Missa solemnis" D-Dur op. 123

Gundula Janowitz, Sopran
Christa Ludwig, Alt
Fritz Wunderlich, Tenor
Walter Berry, Bass
Wiener Singverein
Berliner Philharmoniker
Leitung: Herbert von Karajan
Aufnahme von 1966