Dating

Erfolgreich, weiblich, Single

Eine Grafik mit zwei Mobiltelefonen: Auf den Displays sind jeweils ein halbes Herz abgebildet. Zusammen gelegt, ist ein ein ganzes Herz. Die Grafik zeigt das Thema Dating.
Status kompliziert: Nicht jede, die sucht, findet auch den passenden Partner © picture alliance / fStop / Malte Mueller
Frauen, die Karriere machen, haben es oft schwer, einen passenden Partner zu finden. Die Datingwelt stellt sie vor große Herausforderungen – nicht nur wegen ihres Status, sondern auch aufgrund traditioneller Rollenbilder.
Erfolg kann einsam machen, sagte Claudia Roth 2012 in der FAZ: „Ich kenne wenige Frauen in Spitzenpositionen, deren Partner zu Hause auf sie wartet“, so die damalige Grünen-Chefin. „Der Preis für Karriere ist für Frauen immer noch höher als für Männer“, so Roth. Daran hat sich in der heutigen Datingwelt nichts geändert.

Das Dating-Dilemma

Frauen stehen vor einem Dilemma: Überkommene Rollenmuster wiegen oft schwerer als Karriere und Unabhängigkeit. Trotz Gleichberechtigung und individueller Freiheit bleibt ein Faktor bei der Partnersuche konstant: der soziale Status. Studien und Erfahrungen zeigen, dass beruflicher Erfolg, Bildung und Einkommen weiterhin entscheidend sind.
Erfolgreiche Frauen suchen oft Partner „auf Augenhöhe“ oder mit höherem Status – das schränkt die Auswahl ein. Für Männer spielt der Bildungsgrad einer Frau kaum eine Rolle – Statusmerkmale wie Abschlüsse sind weniger wichtig. Diese Muster spiegeln alte Vorstellungen vom Mann als Versorger und der Frau als Abhängige wider – obwohl diese längst überholt sind. 
Laut einer Parship-Umfrage von 2022 halten 67 Prozent der Frauen den Beruf des Partners für wichtig. Bei Männern sind es indes nur 34 Prozent.

Warum ist Status so wichtig?

Status ist nicht nur ein ökonomischer Faktor, sondern auch ein Signal für Ehrgeiz, Ambition und Zukunftsperspektiven. Viele Frauen betonen, dass ihnen nicht das Einkommen wichtig ist, sondern die Einstellung dahinter: Wer keine Ziele hat und sich mit dem Minimum zufrieden gibt, wirkt unattraktiv. Beruflicher Erfolg wird dadurch zum Stellvertreter für Eigenschaften, die als begehrenswert gelten.
Hinzu kommt die Macht sozialer Erwartungen: Familie und Freundeskreis bewerten den Partner oft mit, wobei dessen Status nicht selten eine Rolle spielt. Medien und Popkultur verstärken diese Muster, indem sie romantische Ideale inszenieren, in denen der Mann größer, erfolgreicher und dominanter erscheint.

Frauen als Statusbedrohung

Dieses Muster wurde lange evolutionär damit erklärt, dass die Frau einen Versorger für die spätere Familie brauchte. Obwohl sich Frauen heute weitgehend selbst versorgen können, hält sich dieses Attraktivitätsmuster hartnäckig.
Obwohl eine Mehrheit der Männer angibt, dass der Status der potenziellen Partnerin eine geringere Rolle spielt und sie eher auf Schönheit achten, ist das nur die halbe Wahrheit: Erfolgreiche Frauen werden von vielen Männern als Bedrohung wahrgenommen.
Männlichkeit wird von vielen Männern als eine Art Status verstanden, der ständig auf dem Prüfstand steht. Wenn Frauen strukturell aufholen – etwa bei Bildung, Einkommen oder Machtpositionen –, empfinden manche Männer dies als Bedrohung ihrer Identität und ihres Status. Das gilt besonders für Männer, deren Männlichkeit stark vom traditionellen Bild des Versorgers abhängt.

Herausforderungen für erfolgreiche Frauen

Erfolgreiche Frauen stehen vor einem Spannungsfeld aus gesellschaftlichen Erwartungen und individuellen Ansprüchen. Das zeigte sich unter anderem in einer europaweiten Studie – dem European Social Survey, der alle zwei Jahre Daten in mehr als 30 europäischen Ländern erhebt, um Einstellungen und Verhaltensweisen der Bevölkerung zu erfassen und zu vergleichen.
Für die Studie wurden die Daten von 2004 bis 2018 ausgewertet. Das Ergebnis: In Paaren, in denen die Frau Hauptverdienerin ist, sind beide Partner im Schnitt weniger zufrieden. Das traf vor allem in Ländern wie Deutschland, Irland und Polen zu.
Während sich Rollenbilder im Beruf verändern, bleibt das Datingverhalten oft traditionell. Medien und Filme verstärken stereotype Muster – der mächtige Mann, die unterstützende Frau. Das beobachtet auch die Journalistin Anne Katrin Gerstlauer. So dominiere noch immer der Wunsch nach einer „unkomplizierten Frau“; selbstbewusste Frauen gelten dagegen schnell als „arrogant“.

So lassen sich diese Muster durchbrechen

Die traditionellen Erwartungen bei der Partnerwahl sind tief verankert, doch es gibt Ansätze, sie langfristig zu verändern. Die Psychologin Janina Bühler betont, dass Rollenmuster früh entstehen – in Familien, Kindergärten und Schulen.
Entscheidend sei nicht das Datingverhalten, denn das ist nur vorübergehend. Dagegen müsse man „stärker wegkommen von dieser klassischen Rollenaufteilung, die im Datingverhalten immer noch beobachtbar ist”, so Brühler. Entscheidend sei, wie Beziehungen gestaltet werden.
Wenn Kinder erleben, dass beide Geschlechter gleiche Aufgaben übernehmen können, beeinflusst das das spätere Verhalten: „Je früher wir beginnen, diese Rollenvorstellungen zu verändern, desto gesünder ist es für die Gesellschaft und für uns als Individuen.“

Raus aus dem traditionellen Denken

Bühler empfiehlt, in bestehenden Beziehungen bewusst gegen klassische Aufteilungen zu arbeiten. Besonders herausfordernd ist die Phase der Elternschaft. Dann fallen Paare oft in „traditionelle Muster“ zurück. Offene Kommunikation und faire Aufgabenverteilung sei nicht nur bei diesem wichtigen Lebensereignis entscheidend, hinzukomme, „dass man konstant versuche, in der Beziehung und an der Gestaltung der Beziehung zu arbeiten“, so Bühler.
Für Veränderungen reicht die individuelle Ebene nicht aus. Strukturelle Faktoren wie das Ehegattensplitting oder ungleiche Elternzeitregelungen verstärken überholte Rollenbilder. Reformen zur Förderung der Gleichberechtigung sind notwendig, um neue Modelle zu etablieren. Auch Medien sollten dazu beitragen, andere Attraktivitätsmuster in Büchern, Filmen und Debatten zu prägen.

rzr
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