Das Ziel ist Teilhabe am kulturellen Leben

Von Christian Berndt · 15.02.2013
Entweder stehen Rollstuhlfahrer oft in der Ecke, wenn sie einen Film im Kino sehen wollen, oder sie werden wegen Platz- und Brandschutzvorschriften erst gar nicht in den Kinosaal hineingelassen. Auf der Berlinale versucht man hingegen schon seit Jahren, behindertengerechter zu sein.
"Mein Name ist Marco, ich bin in der Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Wir waren jetzt hier zu dritt mit den Rollstühlen im Kino, und es ist schon möglich. Nur eben, wo die Rollstuhlfahrer dann sitzen, halt hinten im Eck, das ist dann wieder nicht so toll."

"Mein Name ist Karsten Kubell, ich bin Lehrer an einer Förderschule, und das ist manchmal wirklich ein Problem. Jetzt zum Beispiel in einem anderen Kino während der Berlinale waren die einzigen Plätze für Rollstuhlfahrer direkt ungefähr zwei Meter von der Leinwand entfernt, so dass die immer nach oben gucken mussten, und das ist natürlich nicht sehr angenehm."

Es sind viele Probleme, die Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen überwinden müssen für einen ganz normalen Kinobesuch. Aber nicht nur die Sicht ist meist schlecht, schwierig ist es oft, überhaupt Plätze zu bekommen, wenn zum Beispiel zwei Rollstuhlfahrer zusammen ins Kino wollen:

Betreuer: "Ich habe schon mitgekriegt vorhin, dass es wohl sonst nicht möglich ist, dass mehrere Rollstuhlfahrer drin sind, weil es auch am Notausgang ist. Zuerst meinten sie noch, dass es nicht ginge, aber letzten Endes haben sie es dann doch möglich gemacht."

Manche halten das Brandschutzargument für vorgeschoben, weil zum Beispiel in Hotels Rollstuhlfahrer auch in oberen Etagen wohnen, obwohl im Brandfall die Fahrstühle nicht benutzt werden sollten. Nur was den erleichterten Zugang für Rollstuhlfahrer zu den Kinosälen betrifft, hat sich in den letzten Jahren viel getan.

Ein weiteres Problem aber ist, dass nicht nur Geh-, sondern auch Seh- und Gehörbeeinträchtigungen den Kinobesuch erschweren – hier gibt es kaum Fortschritte. An diesem Punkt setzt die Berlinale an. Das Ziel heißt Inklusion – das bedeutet übersetzt, volle Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Und die soll für Menschen mit ganz unterschiedlichen Beeinträchtigungen ermöglicht werden, wie der Programmmanager der Berlinale, Thomas Hailer, erklärt:

"Also als Festival haben wir die Aufgabe Inklusion schon vor vielen Jahren erkannt und führen schon seit längerer Zeit Vorstellungen mit Audiodeskriptionen durch. Neu in diesem Jahr ist, dass wir anlässlich dieses großen Events, der Welturaufführung dieser zwei Paralympics-Filme im Haus der Berliner Festspiele, ein viel größeres Kontingent an Rollstuhlplätzen anbieten, die Filme werden mit Audiodeskription gezeigt, die Filme sind durchgehend untertitelt, so dass wirklich alle in diesem Kino vollen Zugang haben."

Hier ist die Berlinale weiter als die meisten Kinobetreiber. Die würden, wie die Pressesprecherin der Lebenshilfe Berlin Christiane Müller-Zurek meint, solchen Service meist ablehnen, obwohl die Kosten überschaubar seien. Gerade in der alternden Gesellschaft werde sich das Problem in Zukunft aber noch viel massiver stellen.
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