Das Wesen eines Künstlers enthüllen
Neda Navaee hat zwei Karrieren gemacht: Sie war gefeierte Konzertpianistin, bis sie die Fotografie für sich entdeckte. Heute ist sie eine gefragte Künstlerfotografin - und hat dadurch auch den Weg zurück zur Musik gefunden.
"Es entstand eigentlich dadurch, dass einige Musikerfreunde mich gefragt haben, ob ich sie fotografiere, weil sie meine Bilder generell schön fanden und das hat sich so entwickelt, dass es immer mehr wurden und das es sich so rumgesprochen hat. Aber vor zehn Jahren wusste ich gar nicht, dass mich Fotografie interessiert."
Seit ihrem vierten Lebensjahr sitzt Neda Navaee am Klavier. Im Iran geboren, aufgewachsen später in den USA und in London. Sie kennt viele Städte, hatte ein rastloses Leben. Jetzt ist sie in Berlin zu Hause.
Neda Navaee ist eine filigrane Person mit leicht goldfarbenem Teint, tiefen braunen Augen, einer schwarzen Lockenmähne, die wild um das schmale Gesicht wirbelt. Das Klavier war einst ihr Leben, erzählt die 39-Jährige und lächelt, wenn sie an ihre frühere Karriere in den Konzertsälen denkt.
"Ich glaube, die meisten wissen inzwischen tatsächlich, worauf sie sich einlassen. Bei mir war das so, dass ich nicht wusste, worauf ich mich einlasse."
Tägliches Üben, funktionieren, reisen, rastlos sein, heimatlos. Vor fünf Jahren bekam sie ihre kleine Tochter und änderte ihr Leben:
"Ich habe gemerkt, dass ich nicht der Mensch bin, der alleine übt und alleine auftritt. Deshalb habe ich aufgehört und dann kam die Fotografie."
Sie merkt, dass ihre Bilder anders sind, dass sie ein Händchen hat im Umgang mit Künstlern, und instinktiv weiß, wann der Moment ist – jener, von dem sie sagt: Da ist man bei sich.
Manchmal dauert es Stunden. Doch das ist genau der Moment, den Neda Navaee festhalten will, jene menschliche Intimität, die sie vor dem Hintergrund grober, verlassener Industriebrachen oder lieblich-moosgrüner Waldlandschaften sucht. Menschen, die bei sich sind – bei sich und der Musik.
Sie zeigt ihre Porträtierten mit gesenkten Augenlidern im Moment größter Stille oder beim Sprung in die Luft – wie Avi Avital – jenen jungen, arabischen Künstler mit seiner Mandoline. Menschen, im Moment einer Bewegung festhalten mit wehendem Haar, auch das mag sie. Es sind jene Bruchteile von Sekunden, in denen sie das eigene Ich eines Künstlers sieht:
"Wir machen einfach einen Spaziergang oder fahren mit dem Auto los und je nach Licht bleiben wir stehen. Es ist selten, dass wir das planen. Oft ist es so, dass wir eine Location planen und auf dem Weg etwas anderes entdecken. Bis jetzt ist es, glaube ich, noch nie vorgekommen, dass wir eine Location planen und das Bild dort entstanden ist."
Ich bin völlig frei und unabhängig, sagt die Künstlerin von sich selbst. Das sei ihre Inspiration. Neda Navaee wirkt gelöst und zufrieden. Ein Mensch, der seine Mitte gefunden hat. Sie lebt inmitten vieler Freunde und Künstlerkollegen, nicht nur iranischer – betont sie. Das draußen sein, unterwegs sein, gefällt ihr heute besser als stundenlang am Klavier zu sitzen. Ein Geheimnis für ihre Bilder hat sie nicht. Nur so viel:
"Da muss auch ein 'element of surprise' drin sein, also etwas, was man erst beim zweiten Mal entdeckt, das man nicht direkt sieht und es muss einen auch berühren."
Es ist die feine Mimik, das Wesen eines Künstlers, das sie zu enthüllen vermag. Meist nach einer Stunde Maske, viel Lachen und mindestens vier Stunden "unterwegs" sein.
"Ich bin auch überrascht, dass die Leute oft so entspannt sind. Ich finde, die meisten haben großen Vertrauen, was ich selber nicht hatte, wenn ich vor der Kamera war."
Wenn sie heute Musikstudenten coacht, wie bei einem Workshop der Hochschule für Musik in Weimar, sitzt sie mit Laptop und Beamer vor den jungen Künstlern. Sie zeigt Porträts und erklärt, wie man sich abheben könnte von der Menge der anderen Bewerber, wenn es später um gute Bühnenjobs geht. Das Bild sagt sie, entscheidet immer mit.
"Das fängt schon vorher an, das man überhaupt gebucht wird – hier geht’s ja auch darum, dass man die Karriere losstarten möchte und dazu finde ich sind eben Bilder extrem wichtig."
Hunderte Künstler hat sie mittlerweile fotografiert: auf einsamen Straßen, inmitten schwarz-weißer Wasserlandschaften oder allein sitzend auf monströs-steilen Rolltreppen. Bildsprache ist wie eine Komposition, sagt sie. Geheim und schön.
Über das Fotografieren hat sie nun selbst wieder zurückgefunden zur eigenen Musik, dem eigenen Klavierspiel, am liebsten Beethoven. Vielleicht auch irgendwann wieder auf einer Bühne.
Demnächst will sie ihre alte Heimat, den Iran, besuchen. Nach 16 Jahren erstmals Familie treffen, Persisch reden, Gerüche und Bilder einfangen, auch, wenn mittlerweile sehr gemischte Gefühle mitschwingen:
"Also ein bisschen Angst, einfach, dass ich sehe, dass Religion inzwischen eine große Rolle spielt im Iran, davor hab ich Angst. Aber ich freue mich sehr darauf, möchte mir das alles genau ansehen, fotografieren und filmen und einige Künstle rund Musiker mir genauer ansehen. Irgendwie interessiert mich das auch, dass ich das jetzt, nach 16 Jahren, mit ganz anderen Augen mir ansehen kann."
Seit ihrem vierten Lebensjahr sitzt Neda Navaee am Klavier. Im Iran geboren, aufgewachsen später in den USA und in London. Sie kennt viele Städte, hatte ein rastloses Leben. Jetzt ist sie in Berlin zu Hause.
Neda Navaee ist eine filigrane Person mit leicht goldfarbenem Teint, tiefen braunen Augen, einer schwarzen Lockenmähne, die wild um das schmale Gesicht wirbelt. Das Klavier war einst ihr Leben, erzählt die 39-Jährige und lächelt, wenn sie an ihre frühere Karriere in den Konzertsälen denkt.
"Ich glaube, die meisten wissen inzwischen tatsächlich, worauf sie sich einlassen. Bei mir war das so, dass ich nicht wusste, worauf ich mich einlasse."
Tägliches Üben, funktionieren, reisen, rastlos sein, heimatlos. Vor fünf Jahren bekam sie ihre kleine Tochter und änderte ihr Leben:
"Ich habe gemerkt, dass ich nicht der Mensch bin, der alleine übt und alleine auftritt. Deshalb habe ich aufgehört und dann kam die Fotografie."
Sie merkt, dass ihre Bilder anders sind, dass sie ein Händchen hat im Umgang mit Künstlern, und instinktiv weiß, wann der Moment ist – jener, von dem sie sagt: Da ist man bei sich.
Manchmal dauert es Stunden. Doch das ist genau der Moment, den Neda Navaee festhalten will, jene menschliche Intimität, die sie vor dem Hintergrund grober, verlassener Industriebrachen oder lieblich-moosgrüner Waldlandschaften sucht. Menschen, die bei sich sind – bei sich und der Musik.
Sie zeigt ihre Porträtierten mit gesenkten Augenlidern im Moment größter Stille oder beim Sprung in die Luft – wie Avi Avital – jenen jungen, arabischen Künstler mit seiner Mandoline. Menschen, im Moment einer Bewegung festhalten mit wehendem Haar, auch das mag sie. Es sind jene Bruchteile von Sekunden, in denen sie das eigene Ich eines Künstlers sieht:
"Wir machen einfach einen Spaziergang oder fahren mit dem Auto los und je nach Licht bleiben wir stehen. Es ist selten, dass wir das planen. Oft ist es so, dass wir eine Location planen und auf dem Weg etwas anderes entdecken. Bis jetzt ist es, glaube ich, noch nie vorgekommen, dass wir eine Location planen und das Bild dort entstanden ist."
Ich bin völlig frei und unabhängig, sagt die Künstlerin von sich selbst. Das sei ihre Inspiration. Neda Navaee wirkt gelöst und zufrieden. Ein Mensch, der seine Mitte gefunden hat. Sie lebt inmitten vieler Freunde und Künstlerkollegen, nicht nur iranischer – betont sie. Das draußen sein, unterwegs sein, gefällt ihr heute besser als stundenlang am Klavier zu sitzen. Ein Geheimnis für ihre Bilder hat sie nicht. Nur so viel:
"Da muss auch ein 'element of surprise' drin sein, also etwas, was man erst beim zweiten Mal entdeckt, das man nicht direkt sieht und es muss einen auch berühren."
Es ist die feine Mimik, das Wesen eines Künstlers, das sie zu enthüllen vermag. Meist nach einer Stunde Maske, viel Lachen und mindestens vier Stunden "unterwegs" sein.
"Ich bin auch überrascht, dass die Leute oft so entspannt sind. Ich finde, die meisten haben großen Vertrauen, was ich selber nicht hatte, wenn ich vor der Kamera war."
Wenn sie heute Musikstudenten coacht, wie bei einem Workshop der Hochschule für Musik in Weimar, sitzt sie mit Laptop und Beamer vor den jungen Künstlern. Sie zeigt Porträts und erklärt, wie man sich abheben könnte von der Menge der anderen Bewerber, wenn es später um gute Bühnenjobs geht. Das Bild sagt sie, entscheidet immer mit.
"Das fängt schon vorher an, das man überhaupt gebucht wird – hier geht’s ja auch darum, dass man die Karriere losstarten möchte und dazu finde ich sind eben Bilder extrem wichtig."
Hunderte Künstler hat sie mittlerweile fotografiert: auf einsamen Straßen, inmitten schwarz-weißer Wasserlandschaften oder allein sitzend auf monströs-steilen Rolltreppen. Bildsprache ist wie eine Komposition, sagt sie. Geheim und schön.
Über das Fotografieren hat sie nun selbst wieder zurückgefunden zur eigenen Musik, dem eigenen Klavierspiel, am liebsten Beethoven. Vielleicht auch irgendwann wieder auf einer Bühne.
Demnächst will sie ihre alte Heimat, den Iran, besuchen. Nach 16 Jahren erstmals Familie treffen, Persisch reden, Gerüche und Bilder einfangen, auch, wenn mittlerweile sehr gemischte Gefühle mitschwingen:
"Also ein bisschen Angst, einfach, dass ich sehe, dass Religion inzwischen eine große Rolle spielt im Iran, davor hab ich Angst. Aber ich freue mich sehr darauf, möchte mir das alles genau ansehen, fotografieren und filmen und einige Künstle rund Musiker mir genauer ansehen. Irgendwie interessiert mich das auch, dass ich das jetzt, nach 16 Jahren, mit ganz anderen Augen mir ansehen kann."