Das Tier als Mitgeschöpf achten
Gern stellt sich die Kirche als Fürsprecher der Ausgebeuteten und Entrechteten dieser Erde hin - aber nur, wenn es um Menschen geht. Für Tiere fühlen sich die Kirchen nicht zuständig. Seit jeher gelten diese als seelen- und vernunftlose Kreaturen.
Eins tun die Kirchen besonders gern: sich als Fürsprecher der Ausgebeuteten und Entrechteten dieser Erde hinstellen – aber nur, wenn es um Menschen geht. Für Tiere, die in Mastfabriken und Schlachthäusern, in Stierkampfarenen und Versuchslabors qualvoll sterben, fühlen sich die Kirchen nicht zuständig. Oder hat man schon jemals gehört, dass eine solche Vernutzung von Tieren durch den Menschen von einer päpstlichen Enzyklika verurteilt worden wäre? Oder ein Hirtenbrief die Gläubigen aufgefordert hätte, aus Tierschutzgründen weniger Fleisch zu essen?
Nein, im Gegenteil: Nicht wenige Geistliche in Spanien und Frankreich delektieren sich an Stierkämpfen und befürworten sie, weil da der Mensch, diese "Krone der Schöpfung", dieses "Ebenbild Gottes", seine Überlegenheit über die "Bestie" zum Ausdruck bringen könne, wie sie sagen. Dass der Mensch Tiere ausbeuten und erniedrigen, töten und essen und auch peinigen darf, ist Kirchenlehre seit Augustinus und Thomas von Aquin. Vor allem aber beruft man sich auf den sogenannten "Unterwerfungsbefehl" Gottes in der Bibel: Macht euch die Erde untertan und herrscht über alles Getier!
Der Kirche gelten Tiere seit jeher als seelen- und vernunftlose Kreaturen, vom Menschen himmelweit geschieden und ohne Anteil am ewigen Heil. Papst Pius IX. verbot noch Mitte des 19. Jahrhunderts die Eröffnung eines Tierschutzbüros in Rom – mit der Begründung, der Mensch habe Tieren gegenüber keinerlei ethische Pflichten. Bis heute blenden die Kirchen – katholisch wie evangelisch – Tiere aus ihrer Theologie und Ethik praktisch aus, nur der Mensch ist wichtig.
Aber gegen diese "Menschenversessenheit und Tiervergessenheit" der Kirchen, wie es der Publizist Franz Alt nennt, regt sich nun Widerstand. Der heilige Franz von Assisi und Albert Schweitzer, diese Patrone des Tierschutzes, sind zu Leitfiguren von Kirchenchristen geworden, die sich für eine neue Wahrnehmung der Tiere als Mitgeschöpfe einsetzen. Einige hundert Protestanten und Katholiken in Deutschland haben sich zur Aktion Kirche und Tiere AKUT e.V. zusammengeschlossen. Sie veranstalten Gottesdienste mit Haustieren und treten für eine ethische Behandlung der Nutztiere ein. Viele befürworten eine Art pantheistische Erweiterung der Theologie, die Gott, Mensch, Natur und Tiere als ein Ganzes begreift.
Der Kapuziner Anton Rotzetter fordert, dass wir zur vegetarischen Lebensweise übergehen, um, wie er sagt, den Skandal der Schlachthäuser aus der Welt zu schaffen. Rotzetter hat mit dem Priester und Biologen Rainer Hagencord vor Kurzem ein aufsehenerregendes Projekt gestartet, das erste Institut für Theologische Zoologie in Deutschland. Man arbeitet dort interdisziplinär an einer neuen Schöpfungstheologie auf der Grundlage von Spiritualität, Evolutionstheorie und moderner Biologie. Das macht Hoffnung – vielleicht gehen von da Anstöße aus für ein wissenschaftlich moderneres und vor allem ethischeres Verständnis der Kirchen, was Tiere betrifft.
Freilich: Die Kirchenführungen stehen dem ganzen Tier-Engagement in ihren Reihen ablehnend gegenüber. Sie sehen die traditionelle Theologie bedroht, blocken deshalb die Tier-Aktivisten rigoros ab. So gab es auf dem Ökumenischen Kirchentag in München keine einzige Veranstaltung zum Thema "Tiere". Als später Tier-Aktivisten von AKUT einen eigenen Kirchentag "Mensch und Tier" in Dortmund ansetzten, verweigerten die Kirchen jede Unterstützung.
Hoffentlich lassen sich die kirchlichen Tierschützer durch solchen Gegenwind nicht entmutigen. Denn für viele Millionen Tiere auf der Welt – unsere "Geschwister", wie sie Franz von Assisi genannt hat – ist ihre Existenz eine vom Menschen bereitete Hölle. Für diese gepeinigten Mitgeschöpfe sollte man auch in den Kirchen Partei ergreifen.
Nikolaus German, Autor und freier Journalist, M.A., geboren 1950, Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Lebt als Autor und freier Journalist in München, schreibt v. a. für Süddeutsche Zeitung, Rheinischer Merkur, Das Parlament; zahlreiche Beiträge für Rundfunk und Fernsehen sowie mehrere Dokumentarfilme, darunter "Botschafter der Hoffnung - Sergiu Celibidache in Rumänien", "München unterm Hakenkreuz - Hitlers Hauptstadt der Bewegung", "Max Mannheimer - ein Überlebender aus Dachau".
Nein, im Gegenteil: Nicht wenige Geistliche in Spanien und Frankreich delektieren sich an Stierkämpfen und befürworten sie, weil da der Mensch, diese "Krone der Schöpfung", dieses "Ebenbild Gottes", seine Überlegenheit über die "Bestie" zum Ausdruck bringen könne, wie sie sagen. Dass der Mensch Tiere ausbeuten und erniedrigen, töten und essen und auch peinigen darf, ist Kirchenlehre seit Augustinus und Thomas von Aquin. Vor allem aber beruft man sich auf den sogenannten "Unterwerfungsbefehl" Gottes in der Bibel: Macht euch die Erde untertan und herrscht über alles Getier!
Der Kirche gelten Tiere seit jeher als seelen- und vernunftlose Kreaturen, vom Menschen himmelweit geschieden und ohne Anteil am ewigen Heil. Papst Pius IX. verbot noch Mitte des 19. Jahrhunderts die Eröffnung eines Tierschutzbüros in Rom – mit der Begründung, der Mensch habe Tieren gegenüber keinerlei ethische Pflichten. Bis heute blenden die Kirchen – katholisch wie evangelisch – Tiere aus ihrer Theologie und Ethik praktisch aus, nur der Mensch ist wichtig.
Aber gegen diese "Menschenversessenheit und Tiervergessenheit" der Kirchen, wie es der Publizist Franz Alt nennt, regt sich nun Widerstand. Der heilige Franz von Assisi und Albert Schweitzer, diese Patrone des Tierschutzes, sind zu Leitfiguren von Kirchenchristen geworden, die sich für eine neue Wahrnehmung der Tiere als Mitgeschöpfe einsetzen. Einige hundert Protestanten und Katholiken in Deutschland haben sich zur Aktion Kirche und Tiere AKUT e.V. zusammengeschlossen. Sie veranstalten Gottesdienste mit Haustieren und treten für eine ethische Behandlung der Nutztiere ein. Viele befürworten eine Art pantheistische Erweiterung der Theologie, die Gott, Mensch, Natur und Tiere als ein Ganzes begreift.
Der Kapuziner Anton Rotzetter fordert, dass wir zur vegetarischen Lebensweise übergehen, um, wie er sagt, den Skandal der Schlachthäuser aus der Welt zu schaffen. Rotzetter hat mit dem Priester und Biologen Rainer Hagencord vor Kurzem ein aufsehenerregendes Projekt gestartet, das erste Institut für Theologische Zoologie in Deutschland. Man arbeitet dort interdisziplinär an einer neuen Schöpfungstheologie auf der Grundlage von Spiritualität, Evolutionstheorie und moderner Biologie. Das macht Hoffnung – vielleicht gehen von da Anstöße aus für ein wissenschaftlich moderneres und vor allem ethischeres Verständnis der Kirchen, was Tiere betrifft.
Freilich: Die Kirchenführungen stehen dem ganzen Tier-Engagement in ihren Reihen ablehnend gegenüber. Sie sehen die traditionelle Theologie bedroht, blocken deshalb die Tier-Aktivisten rigoros ab. So gab es auf dem Ökumenischen Kirchentag in München keine einzige Veranstaltung zum Thema "Tiere". Als später Tier-Aktivisten von AKUT einen eigenen Kirchentag "Mensch und Tier" in Dortmund ansetzten, verweigerten die Kirchen jede Unterstützung.
Hoffentlich lassen sich die kirchlichen Tierschützer durch solchen Gegenwind nicht entmutigen. Denn für viele Millionen Tiere auf der Welt – unsere "Geschwister", wie sie Franz von Assisi genannt hat – ist ihre Existenz eine vom Menschen bereitete Hölle. Für diese gepeinigten Mitgeschöpfe sollte man auch in den Kirchen Partei ergreifen.
Nikolaus German, Autor und freier Journalist, M.A., geboren 1950, Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Lebt als Autor und freier Journalist in München, schreibt v. a. für Süddeutsche Zeitung, Rheinischer Merkur, Das Parlament; zahlreiche Beiträge für Rundfunk und Fernsehen sowie mehrere Dokumentarfilme, darunter "Botschafter der Hoffnung - Sergiu Celibidache in Rumänien", "München unterm Hakenkreuz - Hitlers Hauptstadt der Bewegung", "Max Mannheimer - ein Überlebender aus Dachau".

Nikolaus German© Privat