Das Spiel der Intrigen

Seit jeher bot das Reich des französischen "Sonnenkönigs" Stoff für historische Romane. Denn nirgendwo sonst entfaltete sich die Pracht der europäischen Monarchie glanzvoller als im "Grand Siècle", dem großen Jahrhundert Ludwigs XIV. Eine ideale Kulisse für erfundene und wahre Spiele um Macht und Liebe.
Davon erzählt auch der Roman "Zu Ehren des Königs". Es geht um den märchenhaften Aufstieg des Nicolas Fouquet, Sohn einer vermögenden Familie, zum zweiten Mann im Staate, und es geht um den jungen Ludwig, der schon als Kind den Thron besteigt. Beide werden sie zum Spielball der Mächtigen. Ludwig muss früh erkennen, dass er zwar König ist, das Sagen aber andere haben, berechnende Beamte wie sein Pate, Kardinal Mazarin. Der hatte Fouquet, einen Mann von diplomatischem und kaufmännischem Geschick, gebildet und hoch talentiert, für den Dienst an der Krone gewonnen, um ihn für seine politischen Ziele einzusetzen.

Als ein Bürgerkrieg die Monarchie in Gefahr bringt, retten sie gemeinsam der königlichen Familie das Leben. In halsbrecherischen Aktionen bestimmt Fouquet von nun an die finanziellen Geschicke des Landes. Dabei auch selbst reich geworden, richtet er zu Ehren des Königs ein Gartenfest aus, wie es Frankreich noch nicht gesehen hat, und erregt damit den neidvollen Hass des Monarchen. Damit ist sein Schicksal besiegelt, er wird verhaftet und bis zu seinem Tod im fernen, oberitalienischen Pinerolo eingekerkert.

Wie es zu diesem jähen Absturz kommt, schildert der Roman in opulenten Szenen. Angefangen von der ersten Begegnung zwischen dem jungen Ludwig – ein ängstliches Kind, aus dem die dynastische Rolle einen genusssüchtigen, misstrauischen, misanthropischen Menschen macht – und dem kultivierten, gewinnenden Fouquet, erzählt er davon, wie sich deren Wege immer wieder kreuzen.

Schwungvoll geschrieben, lässt Marschner einen allwissenden Erzähler sich mit Lust am Detail über die prachtvoll bunten Episoden beugen. Sie wirft Blicke in die Boudoirs der Königin, auf die Straßen von Paris, wo sich das Volk erhebt, in die Alkoven der Hofdamen, während der König erotische Unterweisungen erhält, und sie erkundet teilnahmsvoll die Seelen der Figuren, der Frauen vor allem.

Ihre Sympathie gehört auch dem Helden der Geschichte und seinem tragischen Schicksal, wobei da eine Prise zu viel Anteilnahme im Spiel ist. Mit knappen Strichen hingegen bedenkt sie den Prototyp eines skrupellosen Aufsteigers, den Finanzsekretär Colbert, mit dem ein neuer, zutiefst korrupter Menschenschlag auf den Plan tritt. Geschickt webt sie in den romanhaften Verlauf immer wieder sorgfältig recherchierte Passagen ein, die den geschichtlichen Vorgängen ein Gesicht geben.

Wie jeder gute historische Roman erzählt auch "Zu Ehren des Königs" von der Gegenwart. Man erfährt hier mehr über die Mechanismen der Macht, die Intrigen und Winkelzüge von Entscheidungsträgern als aus jeder Politikerbiografie. Nicht zufällig drängt sich der Vergleich mit aktuellen Vorkommnissen auf, dem Duell zwischen Putin und dem Öl-Magnaten Chodorkowski etwa. So gelingt dem Roman, was bei trockenen historischen Abhandlungen oft ausgeschlossen ist: die lebenspralle, farbenfrohe Vergegenwärtigung eines fernen Zeitalters.

Besprochen von Edelgard Abenstein

Rosemarie Marschner, Zu Ehren des Königs,
dtv-Premium, München 2009, 496 Seiten, 14,90 Euro