Das Schloss und der Ballon
Die Kuratoren von „TRACK“ definierten in Gent sechs Gebiete, in denen sich Themen wie Mobilität, Religion, Migration, Sprachenvielfalt, Wissenschaft oder Geschichte geradezu aufdrängen. 41 Künstler haben in der flämischen Stadt Kunst-Projekte kreiert.
„Warum können wir keine dritte Ausstellung machen, die erneut mit der Stadt zu tun hat?“
Philippe Van Cauteren, künstlerischer Direktor vom SMAK, dem Städtischen Museum für Aktuelle Kunst in Gent.
„Warum können wir keine dritte Ausstellung machen, die die künstlerische Qualität von ‚Chambres d’amis‘ nimmt und diese verbindet mit dem demokratischen Appell, den eine Ausstellung wie ‚Over the Edges‘ gehabt hat. Aber nicht als eine Wiederholung, sondern als eine Auseinandersetzung mit der Stadt heute. Und das bedeutet nicht nur das Zentrum, nicht nur die Innenstadt, aber die Stadt bis an ihrer Grenze.“
Philippe Van Cauteren hat die neue Ausstellung „TRACK“ in Gent gemeinsam mit Mirjam Varadinis vom Kunsthaus Zürich kuratiert. 41 internationale Künstler haben dafür neue Werke kreiert. Mirjam Varadinis erklärt, warum das keine Kunst-Objekte, sondern Kunst-Projekte sind:
„Es sind Projekte, weil sie wirklich tiefer gehen, weil, sie sind eigentlich Recherche-Projekte auch. Sie untersuchen die Stadt, und sie untersuchen Phänomene unserer Zeit und reagieren darauf.“
Die Kuratoren haben in Gent sechs Gebiete definiert, in denen sich Themen wie Mobilität, Religion, Migration, Sprachenvielfalt, Wissenschaft oder Geschichte geradezu aufdrängen. Der türkische Künstler Ahmet Ögüt nimmt für sein Werk „The castle of Vooruit“ Gents sozialistische Vergangenheit als Ausgangspunkt:
„Mein künstlerisches Projekt hat zu tun mit dem historischen Gebäude ‚Vooruit‘ hier in der Stadtmitte. Ich habe einen Ballon mit Helium in Form eines schwebenden Felses kreiert. Diese Idee ist inspiriert von Magrittes berühmtem Gemälde. René Magritte hatte oben auf den Fels ein mysteriöses Schloss gemalt. Ich habe das Schloss durch das Vooruit-Gebäude ersetzt. Es ist ein sehr surrealistischer Anblick!“
„Vooruit“ war der weltweit erste sozialistische Verbraucherverband, der schon um 1880 in Gent gegründet wurde. Ahmet Ögüt gefällt daran, dass es eine sehr utopische, aber doch gleichzeitig eine sehr konkrete Maßnahme war. Auch sein Ballon mutet utopisch an, ist aber ebenfalls sehr real.
„TRACK“ hat den Anspruch, den Besucher zu Dialog und Teilhabe anzuregen. Im historischen Weingarten der Sint-Pieters Abtei wird dies prächtig gelingen. Der italienische Künstler Massimo Bartolini entschied sich, eine jede Reihe von Weinreben noch einmal zu verlängern mit einer Reihe von Bücherregalen in grünem Holz:
„Ich stelle die Bücher, die von den Einwohnern gespendet wurden, in diese Regale. Während ‚TRACK‘ läuft, können Besucher die Bücher lesen, untereinander austauschen oder eine Geldspende hinterlassen, wenn sie das Buch behalten.“
Das erzählt eine Genter Bürgerin, die sich hier ehrenamtlich engagiert. 30.000 Bücher erinnern daran, dass wir hier im Universitätsviertel Blandijn sind. Die Ilias von Homer ist ebenso zu finden wie eine deutsche Grammatik, Bücher von Jeroen Brouwers, John Updike oder Günter Grass.
Im Macharius Quartier, einem Bahnhofsviertel, in dem eine große türkische Gemeinde lebt, hat der japanische Künstler Tadashi Kawamata eine favela, einen Slum gebaut. Die Wohnungen aus Abfallholz stehen auf Stelzen im Wasser und lenken die Aufmerksamkeit auf eine Problematik, die mit Migranten, Flüchtlingen und Obdachlosen zu tun hat und heute typisch ist für jede große westliche Stadt.
„Wir wissen kaum, wo wir herkommen, und wir wissen noch weniger, wo wir hingehen. Wir glauben zwar, dass wir in eine bestimmte Richtung gehen, aber diese Richtung kann sich in jedem Augenblick ändern.“
Das sagt der Künstler Peter Buggenhout. Und so gesehen passt seine Installation in ein Gebäude, das jetzt noch da ist, aber wahrscheinlich bald abgerissen wird. In einer ehemaligen Fabrik, später ein Boxclub, einem Gebäude aus den 50er-Jahren, hat er eine riesige Konstruktion aus Polyester aufgebaut. Sie füllt den etwa 15 Meter hohen Raum fast gänzlich. Die Konstruktion ist überwuchert mit Bauschutt, Verpackungsmaterial, Textilien, Teilen von Caravans und Schwimmbädern… Das Kunstwerk, so Peter Buggenhout, gibt wieder, wie er die Welt wahrnimmt:
„"Ich sehe das so, dass sich alles Schritt für Schritt entwickelt. Ein Gespräch zum Beispiel baut sich allmählich auf. Wenn man hier und da ein paar Denkschritte weglässt, werden die einzelnen verbliebenen Gesprächsfragmente gänzlich unverständlich.“
Die Ausstellung „TRACK“ bietet auch zahlreiche Performances, die viel Publikum anziehen werden. Ein Höhepunkt wird wohl im September die „Verlebendigung“ des „Lam Gods“ sein. Das Altargemälde von den Gebrüdern van Eyck, ein Meisterwerk der Flämischen Primitiven, ist der touristische Magnet von Gent. Der polnische Künstler Pawel Altheimer wird für die Neu-Interpretation Hunderte Genter Bürger um einen Altar aufstellen. Mit seiner originellen Idee schlägt er die Brücke zur neuen Spiritualität heute.
„TRACK“ ist es gelungen, globale Fragestellungen und Themen in Gent auf den Punkt zu bringen. Die Ausstellung wird, wie von den Kuratoren gewünscht, Spuren hinterlassen.
Informationen des SMAK zur Ausstellung „TRACK“
Philippe Van Cauteren, künstlerischer Direktor vom SMAK, dem Städtischen Museum für Aktuelle Kunst in Gent.
„Warum können wir keine dritte Ausstellung machen, die die künstlerische Qualität von ‚Chambres d’amis‘ nimmt und diese verbindet mit dem demokratischen Appell, den eine Ausstellung wie ‚Over the Edges‘ gehabt hat. Aber nicht als eine Wiederholung, sondern als eine Auseinandersetzung mit der Stadt heute. Und das bedeutet nicht nur das Zentrum, nicht nur die Innenstadt, aber die Stadt bis an ihrer Grenze.“
Philippe Van Cauteren hat die neue Ausstellung „TRACK“ in Gent gemeinsam mit Mirjam Varadinis vom Kunsthaus Zürich kuratiert. 41 internationale Künstler haben dafür neue Werke kreiert. Mirjam Varadinis erklärt, warum das keine Kunst-Objekte, sondern Kunst-Projekte sind:
„Es sind Projekte, weil sie wirklich tiefer gehen, weil, sie sind eigentlich Recherche-Projekte auch. Sie untersuchen die Stadt, und sie untersuchen Phänomene unserer Zeit und reagieren darauf.“
Die Kuratoren haben in Gent sechs Gebiete definiert, in denen sich Themen wie Mobilität, Religion, Migration, Sprachenvielfalt, Wissenschaft oder Geschichte geradezu aufdrängen. Der türkische Künstler Ahmet Ögüt nimmt für sein Werk „The castle of Vooruit“ Gents sozialistische Vergangenheit als Ausgangspunkt:
„Mein künstlerisches Projekt hat zu tun mit dem historischen Gebäude ‚Vooruit‘ hier in der Stadtmitte. Ich habe einen Ballon mit Helium in Form eines schwebenden Felses kreiert. Diese Idee ist inspiriert von Magrittes berühmtem Gemälde. René Magritte hatte oben auf den Fels ein mysteriöses Schloss gemalt. Ich habe das Schloss durch das Vooruit-Gebäude ersetzt. Es ist ein sehr surrealistischer Anblick!“
„Vooruit“ war der weltweit erste sozialistische Verbraucherverband, der schon um 1880 in Gent gegründet wurde. Ahmet Ögüt gefällt daran, dass es eine sehr utopische, aber doch gleichzeitig eine sehr konkrete Maßnahme war. Auch sein Ballon mutet utopisch an, ist aber ebenfalls sehr real.
„TRACK“ hat den Anspruch, den Besucher zu Dialog und Teilhabe anzuregen. Im historischen Weingarten der Sint-Pieters Abtei wird dies prächtig gelingen. Der italienische Künstler Massimo Bartolini entschied sich, eine jede Reihe von Weinreben noch einmal zu verlängern mit einer Reihe von Bücherregalen in grünem Holz:
„Ich stelle die Bücher, die von den Einwohnern gespendet wurden, in diese Regale. Während ‚TRACK‘ läuft, können Besucher die Bücher lesen, untereinander austauschen oder eine Geldspende hinterlassen, wenn sie das Buch behalten.“
Das erzählt eine Genter Bürgerin, die sich hier ehrenamtlich engagiert. 30.000 Bücher erinnern daran, dass wir hier im Universitätsviertel Blandijn sind. Die Ilias von Homer ist ebenso zu finden wie eine deutsche Grammatik, Bücher von Jeroen Brouwers, John Updike oder Günter Grass.
Im Macharius Quartier, einem Bahnhofsviertel, in dem eine große türkische Gemeinde lebt, hat der japanische Künstler Tadashi Kawamata eine favela, einen Slum gebaut. Die Wohnungen aus Abfallholz stehen auf Stelzen im Wasser und lenken die Aufmerksamkeit auf eine Problematik, die mit Migranten, Flüchtlingen und Obdachlosen zu tun hat und heute typisch ist für jede große westliche Stadt.
„Wir wissen kaum, wo wir herkommen, und wir wissen noch weniger, wo wir hingehen. Wir glauben zwar, dass wir in eine bestimmte Richtung gehen, aber diese Richtung kann sich in jedem Augenblick ändern.“
Das sagt der Künstler Peter Buggenhout. Und so gesehen passt seine Installation in ein Gebäude, das jetzt noch da ist, aber wahrscheinlich bald abgerissen wird. In einer ehemaligen Fabrik, später ein Boxclub, einem Gebäude aus den 50er-Jahren, hat er eine riesige Konstruktion aus Polyester aufgebaut. Sie füllt den etwa 15 Meter hohen Raum fast gänzlich. Die Konstruktion ist überwuchert mit Bauschutt, Verpackungsmaterial, Textilien, Teilen von Caravans und Schwimmbädern… Das Kunstwerk, so Peter Buggenhout, gibt wieder, wie er die Welt wahrnimmt:
„"Ich sehe das so, dass sich alles Schritt für Schritt entwickelt. Ein Gespräch zum Beispiel baut sich allmählich auf. Wenn man hier und da ein paar Denkschritte weglässt, werden die einzelnen verbliebenen Gesprächsfragmente gänzlich unverständlich.“
Die Ausstellung „TRACK“ bietet auch zahlreiche Performances, die viel Publikum anziehen werden. Ein Höhepunkt wird wohl im September die „Verlebendigung“ des „Lam Gods“ sein. Das Altargemälde von den Gebrüdern van Eyck, ein Meisterwerk der Flämischen Primitiven, ist der touristische Magnet von Gent. Der polnische Künstler Pawel Altheimer wird für die Neu-Interpretation Hunderte Genter Bürger um einen Altar aufstellen. Mit seiner originellen Idee schlägt er die Brücke zur neuen Spiritualität heute.
„TRACK“ ist es gelungen, globale Fragestellungen und Themen in Gent auf den Punkt zu bringen. Die Ausstellung wird, wie von den Kuratoren gewünscht, Spuren hinterlassen.
Informationen des SMAK zur Ausstellung „TRACK“