Das Scheitern eines Idealisten
Die Politiker der Anfangsjahre der Bundesrepublik spielen die Hauptrollen in Wolfgang Koeppens Roman "Das Treibhaus" und nun auch auf der Bühne des Theaters Bonn. Der Regie ist es durch ihren zurückhaltenden Zugang gelungen, Koeppens ironische, fast expressionistisch verdichtete Sprache Geltung zu bringen.
Der Bundestagsabgeordnete Felix Keetenheuve fährt Anfang der fünfziger Jahre durch Deutschland. Gerade hat er seine Frau beerdigt. Sie konnte die Kriegserlebnisse nicht verarbeiten und wurde Alkoholikerin. Keetenheuve macht sich Vorwürfe. Er war nur selten bei ihr, die Politik ist sein Leben.
Ein böses, satirisch zugespitztes Bild der Bundesrepublik in ihren Anfangsjahren zeichnet Wolfgang Koeppen im Roman "Das Treibhaus". Dass seine Figuren reale Vorbilder hatten, dementierte der Autor immer. Der Roman habe seine eigene poetische Wahrheit, schrieb Koeppen.
Aber die Porträts sind so passgenau, dass sich zum Beispiel unschwer hinter dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Knurrewahn Kurt Schumacher erkennen lässt. Keetenheuve ist ein Idealist und Pazifist, die Nazidiktatur erlebte er im Exil. Einen wie ihn benutzen Parteien gern als Aushängeschild. Anders ausgedrückt: als nützlichen Idioten.
Vier Schauspieler sitzen auf Stühlen, eine steht. In der Ecke liegt ein Musiker mit Akkordeon. Die Bühne in der Werkstatt des Bonner Theaters ist mit unscharfen Polaroidfotos übersät. Wolfgang Koeppens Roman enthält kaum Dialoge. Er eignet sich nicht für eine klassische Dramatisierung, wie es zum Beispiel John von Düffel mit Thomas Manns "Buddenbrooks" gelungen ist.
Die Bonner Chefdramaturgin Stephanie Gräve und Regisseur Frank Heuel haben eine gut anderthalbstündige Strichfassung des Buches angefertigt, die sich auch für eine szenische Lesung eignen würde. In der ersten Hälfte seiner Inszenierung sucht Frank Heuel nicht nach Bildern, sondern lässt den Text sprechen. Mal zu zweit im Chor, dann als kleines Solo, oft wandern die Sätze durch das Ensemble. Der zurückhaltende Zugang dient dem Inhalt, so kommt Koeppens mal ironische, mal fast expressionistisch verdichtete Sprache auszeichnet zur Geltung.
Dann werden die Schauspieler aktiver. Eine Frau gießt Wasser auf heiße Herdplatten, Bonn ist das Treibhaus, in dem man die Außenwelt nur verschwommen erkennt, in dem die Mitläufer und Karrieristen der Nazi-Zeit weiterhin die Strippen ziehen. Milchige Stellwände werden hinein geschoben. Dahinter stehen die Darsteller und werfen einige der Fotos an die Wand. Im gleichen Moment werden von vorn Bilder projiziert, von Adenauer, Heuss, Schumacher, Sissifilmen, eine Erinnerungscollage an die fünfziger Jahre entsteht.
"Das Treibhaus" lässt sich nicht einfach aktualisieren, Keetenheuve ist kein Abgeordneter von heute. Er braucht seine Biografie und seine Zeit, um verständlich zu sein. Die Mischung aus Entsetzen und Ironie, mit der Koeppen die fünfziger Jahre beschreibt, fasziniert allerdings auch heute.
Die Koeppen-Bearbeitung läuft im Rahmen der Reihe "60 Jahre in sechs Wochen". Das Theater Bonn versucht kurz vor dem runden Geburtstag der Bundesrepublik im nächsten Jahr eine historische Bestandaufnahme. In szenischen Lesungen und Diskussionen mit Zeitzeugen geht es um das Erbe von 1968, den Terrorismus der siebziger Jahre und Spionage.
Am Ende liest Uwe Tellkamp, der gerade den Preis des deutschen Buchhandels bekommen hat, aus seinem Roman "Der Turm". Da hatten die Bonner eine gute literarische Spürnase. "Das Treibhaus" ist das zentrale Stück dieses Projektes, eine angenehm bescheidene, mit dem Roman subtil und hochachtungsvoll umgehende Aufführung.
Ein böses, satirisch zugespitztes Bild der Bundesrepublik in ihren Anfangsjahren zeichnet Wolfgang Koeppen im Roman "Das Treibhaus". Dass seine Figuren reale Vorbilder hatten, dementierte der Autor immer. Der Roman habe seine eigene poetische Wahrheit, schrieb Koeppen.
Aber die Porträts sind so passgenau, dass sich zum Beispiel unschwer hinter dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Knurrewahn Kurt Schumacher erkennen lässt. Keetenheuve ist ein Idealist und Pazifist, die Nazidiktatur erlebte er im Exil. Einen wie ihn benutzen Parteien gern als Aushängeschild. Anders ausgedrückt: als nützlichen Idioten.
Vier Schauspieler sitzen auf Stühlen, eine steht. In der Ecke liegt ein Musiker mit Akkordeon. Die Bühne in der Werkstatt des Bonner Theaters ist mit unscharfen Polaroidfotos übersät. Wolfgang Koeppens Roman enthält kaum Dialoge. Er eignet sich nicht für eine klassische Dramatisierung, wie es zum Beispiel John von Düffel mit Thomas Manns "Buddenbrooks" gelungen ist.
Die Bonner Chefdramaturgin Stephanie Gräve und Regisseur Frank Heuel haben eine gut anderthalbstündige Strichfassung des Buches angefertigt, die sich auch für eine szenische Lesung eignen würde. In der ersten Hälfte seiner Inszenierung sucht Frank Heuel nicht nach Bildern, sondern lässt den Text sprechen. Mal zu zweit im Chor, dann als kleines Solo, oft wandern die Sätze durch das Ensemble. Der zurückhaltende Zugang dient dem Inhalt, so kommt Koeppens mal ironische, mal fast expressionistisch verdichtete Sprache auszeichnet zur Geltung.
Dann werden die Schauspieler aktiver. Eine Frau gießt Wasser auf heiße Herdplatten, Bonn ist das Treibhaus, in dem man die Außenwelt nur verschwommen erkennt, in dem die Mitläufer und Karrieristen der Nazi-Zeit weiterhin die Strippen ziehen. Milchige Stellwände werden hinein geschoben. Dahinter stehen die Darsteller und werfen einige der Fotos an die Wand. Im gleichen Moment werden von vorn Bilder projiziert, von Adenauer, Heuss, Schumacher, Sissifilmen, eine Erinnerungscollage an die fünfziger Jahre entsteht.
"Das Treibhaus" lässt sich nicht einfach aktualisieren, Keetenheuve ist kein Abgeordneter von heute. Er braucht seine Biografie und seine Zeit, um verständlich zu sein. Die Mischung aus Entsetzen und Ironie, mit der Koeppen die fünfziger Jahre beschreibt, fasziniert allerdings auch heute.
Die Koeppen-Bearbeitung läuft im Rahmen der Reihe "60 Jahre in sechs Wochen". Das Theater Bonn versucht kurz vor dem runden Geburtstag der Bundesrepublik im nächsten Jahr eine historische Bestandaufnahme. In szenischen Lesungen und Diskussionen mit Zeitzeugen geht es um das Erbe von 1968, den Terrorismus der siebziger Jahre und Spionage.
Am Ende liest Uwe Tellkamp, der gerade den Preis des deutschen Buchhandels bekommen hat, aus seinem Roman "Der Turm". Da hatten die Bonner eine gute literarische Spürnase. "Das Treibhaus" ist das zentrale Stück dieses Projektes, eine angenehm bescheidene, mit dem Roman subtil und hochachtungsvoll umgehende Aufführung.