"Das preiswerteste Millenniumsentwicklungsziel"
Mit Investitionen von 15 Milliarden US-Dollar könnte man jedes Kind auf der Welt zur Schule bringen, sagt UNICEF-Vorstand Peter Krämer. Verglichen mit den Mitteln zur Bankenrettung ein kleiner Preis. Dies müssen auch die Regierungen begreifen, findet Krämer.
Nana Brink: Es war ein hehres Ziel, das sich die Weltgemeinschaft vor zehn Jahren gesetzt hatte: Bis zum Jahr 2015 sollen Kinder in der ganzen Welt, also Mädchen wie Jungen, eine Grundbildung erhalten, also das lernen, was Kinder auf einer deutschen Grundschule lernen, nämlich lesen, schreiben und rechnen. Ende September kommt die Weltgemeinschaft in New York zusammen, um die Fortschritte der sogenannten Millenniumsziele zu besprechen, neben der Forderung auf Grundbildung gibt es ja auch noch andere Ziele wie Armutsbekämpfung oder Zugang zu sauberem Wasser. Morgen ist der Weltalphabetisierungstag und in Berlin findet eine Konferenz statt, die jetzt schon ein großes Fragezeichen hinter das Millenniumsziel Bildung setzt. Versprochen oder gebrochen? Scheitert das UN-Millenniumsziel Grundbildung für alle an der Finanzierung? Bei dieser Konferenz dabei ist auch das Vorstandsmitglied beim UN-Kinderhilfswerk UNICEF Peter Krämer, er ist Unternehmer und auch Gründer der Initiative "Schulen für Afrika". Einen schönen guten Morgen, Herr Krämer!
Peter Krämer: Schönen guten Morgen!
Brink: Wie steht es um das Millenniumsziel Grundbildung für alle momentan?
Krämer: Also wenn Sie dieses berühmte Zitat nehmen, "halbvoll oder halbleer", dann sehe ich das Glas eigentlich immer eher halbvoll als halbleer. Als wir "Schulen für Afrika" ins Leben gerufen haben, von mir initiiert, ist jedes zweite Kind im südlichen Afrika nicht zur Schule gegangen, es ist jetzt nur noch, in Anführungsstrichen, nur noch jedes dritte Kind. Aber immerhin: 72, 73 Millionen Kinder weltweit wollen zur Schule gehen, können es aber schlicht nicht, weil es keine Schulen gibt.
Brink: So, nun schaue ich mir die Zahl an, das Millenniumsziel soll im Jahr 2015 erreicht sein, wir haben jetzt 2010, dieses Ziel wird nun Ende September überprüft in New York. Können Sie dann immer noch sagen, das Glas ist halbvoll und nicht halbleer? Sie haben ja nur noch fünf Jahre Zeit.
Krämer: Ich meine schon. Also sehen Sie, ich war, ich glaube, es war im Jahr 2005, in einer Provinz in Angola, Huambo, und die Bauarbeiter waren dabei, eine ganz kleine Schule zu bauen mit zwei Klassenzimmern und Latrinen und einem Trinkwasserbrunnen, und ich fragte den Vorarbeiter nach der Bauzeit, und dann sagt er, 45 Tage. Und dann sagte ich: 45 days!? Und dann sagt er, ja, ja, ja. Also es ist technisch absolut möglich, es ist finanziell das preiswerteste Millenniumsentwicklungsziel von den achten, mit weitem Abstand, mit 15 Milliarden US-Dollar könnten wir jedes Kind auf der Welt zur Schule bringen. Wenn Sie bedenken, dass für die Rettung der Hypo Real Estate Bank 115 Milliarden Euro ausgegeben worden sind, sind ja 15 Milliarden Dollar ein Klacks.
Brink: Aber die 15 Milliarden haben Sie doch gar nicht.
Krämer: Die habe ich nicht, und die haben auch sicherlich nicht die vielen Kleinspender, die inzwischen für Schulen für Afrika eingezahlt haben. Aber für die Regierungen wäre es ja wirklich fast gar nichts. Wenn Sie daran denken, dass allein die USA in diesem Jahr mehr als 1000 Milliarden für Militär- und Rüstungsausgaben tätigen, dann sind 15 Milliarden ... das könnten sich die G-8- oder die G-20-Länder teilen, dann wäre das eine Summe, die selbst im deutschen Haushalt verschwinden würde.
Brink: Aber trotzdem ist diese Summe nicht zur Verfügung gestellt worden, und das Ziel könnte ja an der Finanzierung scheitern.
Krämer: Das hängt, glaube ich, vom politischen Druck ab, ich hatte eine Gelegenheit, den Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon zu treffen. Er weiß um die Bedeutung von Bildung, und ich glaube schon, dass die Regierungen begreifen, dass es nicht nur eine Frage von Menschlichkeit ist oder Menschenwürde ist, dass jedes Kind zur Schule geht, sondern auch eine Frage der Vernunft ist. Was für Ressourcen verschwenden wir, wenn wir Kinder nicht zur Schule gehen lassen! Sie können also eindeutig nachweisen, dass mit dem Grad der Bildung – und es fängt ja nun mal mit der Grundschulbildung an – gleichzeitig die Wachstumsrate steigt, die Krankheitsrate sinkt, die Überbevölkerungsrate abflacht, die Gleichstellung zwischen Mädchen und Jungen, zwischen Frauen und Männern dann später, das dritte Millenniumsentwicklunsgziel ... dass all diese Ziele ja beeinflusst werden, wenn wir genügend Bildung schaffen. Nicht umsonst sagt ja Nelson Mandela: Bildung ist der Schlüssel für eine bessere Welt. Ich glaube schon: Die Politiker kapieren das.
Brink: Nun ist das ja eine hehre Vorstellung, die glaube ich auch jeder Politiker und jeder von uns unterschreiben würde. Aber die Weltgemeinschaft ist ja nur so stark oder so finanzkräftig wie die einzelnen Regierungen, das heißt, die müssen das ja letztlich zur Verfügung stellen, zum Beispiel Deutschland. Werden wir doch mal ganz konkret: Was muss Deutschland denn tun?
Krämer: Also Deutschland müsste für die Realisierung des zweiten Millenniumsentwicklungsziels seiner Stärke entsprechend ein- bis anderthalb Milliarden Euro ausgeben, mehr nicht.
Brink: Und, haben Sie Hoffnung, dass dies passiert? Haben Sie Signale?
Krämer: Signale insoweit, als dass einige Parteien, vor allem einzelne Politiker, maßgebliche schon, um die Bedeutung von Bildung wissen, und dass es jetzt endlich darum geht, die Versprechen, die ja im Jahre 2000 gegeben worden sind im August, dass die eingelöst werden. Und wenn dies nicht nur das billigste Millenniumsentwicklungsziel ist, sondern auch noch das wirkungsvollste, weil es in alle anderen Bereiche hineingeht - ja, dann wird man das doch realisieren. Ich meine, das sind ja keine Vollidioten, hoffe ich jedenfalls.
Brink: Sie sind Unternehmer, besitzen eine Reederei in Hamburg und engagieren sich viel in Afrika. Sie haben sich auch ein Ziel gesetzt, nämlich in Kooperation mit dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF bis 2010 5000 Schulen für Afrika zu bauen. Das ist schon angeklungen in unserem Gespräch. Wie weit sind Sie denn gekommen bislang?
Krämer: Also mit den 5000 habe ich vielleicht als Privatinitiative hoch gegriffen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir im nächsten Jahr die 1000. Schule einweihen, und sehen Sie, wir haben ja real erst am 20. Mai 2005 begonnen mit meinem Versprechen, jede Spende in diesem Jahr bis in Höhe von drei Millionen Euro zu verdoppeln. Inzwischen wird für Schulen für Afrika in 24 Ländern gesammelt. Ich bin längst nicht mehr sozusagen der Hauptgeber oder so was Ähnliches, heute ist es weltweit die größte private Bildungsinitiative, die erfolgreichste. Wir sind jetzt bei 790 Schulen. Wir haben eine Million Kinder zur Schule gebracht. Wir haben die Schulsituation von weiteren vier Millionen Kindern entscheidend verbessern können. Und ich bin an und für sich zufrieden.
Brink: Und, wie ist die Unterstützung aus Deutschland, gerade von Unternehmersicht oder von Reichen?
Krämer: Von den 600 Millionen Euro Privatspenden kamen 95 Prozent von Kleinspendern, also der kleine Mann ist der spendable Mann, der in Wahrheit wirklich große Mann.
Brink: UNICEF-Vorstand Peter Krämer, Gründer der Initiative "Schulen für Afrika", und wir sprachen über das UN-Millenniumsziel Grundbildung für alle. Vielen Dank für das Gespräch!
Krämer: Ja, gerne!
Die UN-Milleniumsentwicklungsziele auf der Seite des Regionalen Informationszentrums der Vereinten Nationen für Europa.
Peter Krämer: Schönen guten Morgen!
Brink: Wie steht es um das Millenniumsziel Grundbildung für alle momentan?
Krämer: Also wenn Sie dieses berühmte Zitat nehmen, "halbvoll oder halbleer", dann sehe ich das Glas eigentlich immer eher halbvoll als halbleer. Als wir "Schulen für Afrika" ins Leben gerufen haben, von mir initiiert, ist jedes zweite Kind im südlichen Afrika nicht zur Schule gegangen, es ist jetzt nur noch, in Anführungsstrichen, nur noch jedes dritte Kind. Aber immerhin: 72, 73 Millionen Kinder weltweit wollen zur Schule gehen, können es aber schlicht nicht, weil es keine Schulen gibt.
Brink: So, nun schaue ich mir die Zahl an, das Millenniumsziel soll im Jahr 2015 erreicht sein, wir haben jetzt 2010, dieses Ziel wird nun Ende September überprüft in New York. Können Sie dann immer noch sagen, das Glas ist halbvoll und nicht halbleer? Sie haben ja nur noch fünf Jahre Zeit.
Krämer: Ich meine schon. Also sehen Sie, ich war, ich glaube, es war im Jahr 2005, in einer Provinz in Angola, Huambo, und die Bauarbeiter waren dabei, eine ganz kleine Schule zu bauen mit zwei Klassenzimmern und Latrinen und einem Trinkwasserbrunnen, und ich fragte den Vorarbeiter nach der Bauzeit, und dann sagt er, 45 Tage. Und dann sagte ich: 45 days!? Und dann sagt er, ja, ja, ja. Also es ist technisch absolut möglich, es ist finanziell das preiswerteste Millenniumsentwicklungsziel von den achten, mit weitem Abstand, mit 15 Milliarden US-Dollar könnten wir jedes Kind auf der Welt zur Schule bringen. Wenn Sie bedenken, dass für die Rettung der Hypo Real Estate Bank 115 Milliarden Euro ausgegeben worden sind, sind ja 15 Milliarden Dollar ein Klacks.
Brink: Aber die 15 Milliarden haben Sie doch gar nicht.
Krämer: Die habe ich nicht, und die haben auch sicherlich nicht die vielen Kleinspender, die inzwischen für Schulen für Afrika eingezahlt haben. Aber für die Regierungen wäre es ja wirklich fast gar nichts. Wenn Sie daran denken, dass allein die USA in diesem Jahr mehr als 1000 Milliarden für Militär- und Rüstungsausgaben tätigen, dann sind 15 Milliarden ... das könnten sich die G-8- oder die G-20-Länder teilen, dann wäre das eine Summe, die selbst im deutschen Haushalt verschwinden würde.
Brink: Aber trotzdem ist diese Summe nicht zur Verfügung gestellt worden, und das Ziel könnte ja an der Finanzierung scheitern.
Krämer: Das hängt, glaube ich, vom politischen Druck ab, ich hatte eine Gelegenheit, den Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon zu treffen. Er weiß um die Bedeutung von Bildung, und ich glaube schon, dass die Regierungen begreifen, dass es nicht nur eine Frage von Menschlichkeit ist oder Menschenwürde ist, dass jedes Kind zur Schule geht, sondern auch eine Frage der Vernunft ist. Was für Ressourcen verschwenden wir, wenn wir Kinder nicht zur Schule gehen lassen! Sie können also eindeutig nachweisen, dass mit dem Grad der Bildung – und es fängt ja nun mal mit der Grundschulbildung an – gleichzeitig die Wachstumsrate steigt, die Krankheitsrate sinkt, die Überbevölkerungsrate abflacht, die Gleichstellung zwischen Mädchen und Jungen, zwischen Frauen und Männern dann später, das dritte Millenniumsentwicklunsgziel ... dass all diese Ziele ja beeinflusst werden, wenn wir genügend Bildung schaffen. Nicht umsonst sagt ja Nelson Mandela: Bildung ist der Schlüssel für eine bessere Welt. Ich glaube schon: Die Politiker kapieren das.
Brink: Nun ist das ja eine hehre Vorstellung, die glaube ich auch jeder Politiker und jeder von uns unterschreiben würde. Aber die Weltgemeinschaft ist ja nur so stark oder so finanzkräftig wie die einzelnen Regierungen, das heißt, die müssen das ja letztlich zur Verfügung stellen, zum Beispiel Deutschland. Werden wir doch mal ganz konkret: Was muss Deutschland denn tun?
Krämer: Also Deutschland müsste für die Realisierung des zweiten Millenniumsentwicklungsziels seiner Stärke entsprechend ein- bis anderthalb Milliarden Euro ausgeben, mehr nicht.
Brink: Und, haben Sie Hoffnung, dass dies passiert? Haben Sie Signale?
Krämer: Signale insoweit, als dass einige Parteien, vor allem einzelne Politiker, maßgebliche schon, um die Bedeutung von Bildung wissen, und dass es jetzt endlich darum geht, die Versprechen, die ja im Jahre 2000 gegeben worden sind im August, dass die eingelöst werden. Und wenn dies nicht nur das billigste Millenniumsentwicklungsziel ist, sondern auch noch das wirkungsvollste, weil es in alle anderen Bereiche hineingeht - ja, dann wird man das doch realisieren. Ich meine, das sind ja keine Vollidioten, hoffe ich jedenfalls.
Brink: Sie sind Unternehmer, besitzen eine Reederei in Hamburg und engagieren sich viel in Afrika. Sie haben sich auch ein Ziel gesetzt, nämlich in Kooperation mit dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF bis 2010 5000 Schulen für Afrika zu bauen. Das ist schon angeklungen in unserem Gespräch. Wie weit sind Sie denn gekommen bislang?
Krämer: Also mit den 5000 habe ich vielleicht als Privatinitiative hoch gegriffen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir im nächsten Jahr die 1000. Schule einweihen, und sehen Sie, wir haben ja real erst am 20. Mai 2005 begonnen mit meinem Versprechen, jede Spende in diesem Jahr bis in Höhe von drei Millionen Euro zu verdoppeln. Inzwischen wird für Schulen für Afrika in 24 Ländern gesammelt. Ich bin längst nicht mehr sozusagen der Hauptgeber oder so was Ähnliches, heute ist es weltweit die größte private Bildungsinitiative, die erfolgreichste. Wir sind jetzt bei 790 Schulen. Wir haben eine Million Kinder zur Schule gebracht. Wir haben die Schulsituation von weiteren vier Millionen Kindern entscheidend verbessern können. Und ich bin an und für sich zufrieden.
Brink: Und, wie ist die Unterstützung aus Deutschland, gerade von Unternehmersicht oder von Reichen?
Krämer: Von den 600 Millionen Euro Privatspenden kamen 95 Prozent von Kleinspendern, also der kleine Mann ist der spendable Mann, der in Wahrheit wirklich große Mann.
Brink: UNICEF-Vorstand Peter Krämer, Gründer der Initiative "Schulen für Afrika", und wir sprachen über das UN-Millenniumsziel Grundbildung für alle. Vielen Dank für das Gespräch!
Krämer: Ja, gerne!
Die UN-Milleniumsentwicklungsziele auf der Seite des Regionalen Informationszentrums der Vereinten Nationen für Europa.