Das Phänomen Will Ferrell

So viel mehr als ein Trash-Schauspieler

28:41 Minuten
Will Ferrell, Rachel McAdams auf dem Titelbild zum Film "Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga"
Im Film "Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga" spielt Will Ferrell einen Isländer, der unbedingt den Musikwettbewerb gewinnen möchte. © picture alliance / netflix / Everett Collection
Hannah Pilarczyk und Bert Rebhandl im Gespräch mit Jana Münkel · 26.06.2020
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Seit gut 30 Jahren spielt sich US-Komiker Will Ferrell durch etliche Komödien: Mit großem Fabel für Peinlichkeiten am Rande der Geschmacksfreiheit. Nun erscheint sein neuer Film "Eurovision Song Contest – The Story of Fire Saga".
Sein spärlich verteiltes Brusthaar ist fast in jedem Film zu sehen. Und sei eigentlich genau wie Will Ferrell selbst, meint die Spiegel-Online-Filmkritikerin Hannah Pilarczyk: "bisschen männlich, aber gebrochen."
Der Komiker, der auch durch Auftritte bei "Saturday Night Live" bekannt wurde, vor allem durch seine Parodien des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, ist sich jedenfalls für kaum etwas zu schade. Seine mehr als 120 Filme als Trash abzutun, würde allerdings zu kurz greifen.
Nun erscheint sein neuer Film auf Netflix: die Komödie "Eurovision Song Contest – The Story of Fire Saga". Grund, sich das Phänomen Will Ferrell genauer anzusehen; gemeinsam mit der Filmkritikerin Hannah Pilarczyk und dem Filmkritiker Bert Rebhandl.
Filmstil aus "Eurovision Song Contest - The Story od Fire Saga" mit Will Ferrell, Rachel McAdams
Lars und Sigrit aus Island sind das Musikduo Fire Saga und vertreten ihr Land beim Eurovision Song Contest.© picture alliance/ netflix / Everett Collection
In der Komödie spielt Will Ferrell den Isländer Lars, der sich bereits als kleiner Junge vorgenommen hat, einmal den Musikwettbewerb zu gewinnen. Gemeinsam mit Sigrit tritt Lars als Duo Fire Saga an, um sein kleines europäisches Heimatland beim ESC zu vertreten. Das Drehbuch hat Ferrell mitgeschrieben.
Ein US-Komiker nimmt das europäische Kulturphänomen auf die Schippe: Kann das gelingen? Zumal der Eurovision Song Contest ja bisweilen selbst bereits wie eine Parodie daherkommt. – Ja. "Ich denke, dass der Film den Beweis dafür antritt", dass sich der ESC schon parodieren lasse, meint Rebhandl. Er sei aber auch sehr viel mehr als eine bloße Parodie des Musikwettbewerbs: "eine Würdigung." Eine "Hommage an das, was die Show leisten kann", ergänzt Pilarczyk.
Jerry Stiller und Will Ferrell im Film "Zoolander"
Jerry Stiller und Will Ferrell in der Komödie "Zoolander", die die Modebranche aufs Korn nimmt.© picture alliance / Capital Pictures
Noch immer sehe man Ferrells Rollen an, dass er "eigentlich ein Menschen-Parodierer" sei, und seine Karriere bei "Saturday Night Live" begann, meint Rebhandl. Und doch blödelt, parodiert und spielt sich Ferrell bereits seit Jahrzehnten durch das Filmgeschäft: als exzentrischer Modezar in "Zoolander", alberner Macho-Nachrichtensprecher in "Anchorman", als Zoten reißender Kindskopf in "Stiefbrüder". Und trotz allem Schenkelklopfer-Humor – und trotz der "unglaublichen Körperlichkeit", die er laut Pilarczyk in jeden Film mit einbringe: Seine Figuren würden immer auch Brüche aufzeigen und sich "aus den Klischees herauskämpfen".
Die Filme selbst seien immer "Lernprozesse", betont Rebhandl – und damit typisch für die US-amerikanische Filmtradition. Seit etwa 25 Jahren habe die amerikanische Komödie auch alle entscheidenden politischen Fragen der US-amerikanischen Gesellschaft mit reflektiert. "Und Ferrell ist ein Teil davon."
Nun habe Ferrell als eine "verbindende, moderierende Figur" in dem zunehmend gesellschaftlich gespaltenen Amerika jedoch einen schweren Stand, meint Pilarczyk. Vielleicht nehme er deswegen in seinem neuen ESC-Film Europa in den Blick.
(lkn)
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