Das öffentliche Leben eines schüchternen Stars
Die ehemalige Sportjournalistin Sabine Kehm ist dem Rekordchampion als seine Medienberaterin so nah gekommen wie kaum jemand. Jedoch trifft der angekündigte Blick hinter die berühmten Kulissen auf nichts Neues. Das Buch lebt vor allem von den langen Bildstrecken, die Michel Comte fotografiert hat.
Kein Star zum Anfassen
Vielleicht ist es Michael Schumachers größte Leistung – von sieben Weltmeistertiteln und zahllosen anderen Rekorden einmal abgesehen, dass er sich während seiner 16-jährigen Karriere im Formel-1-Zirkus kaum verändert hat. Äußerlich und innerlich. Der scheue Perfektionist habe sich der "ganzen Welt geöffnet, in dem er sich im Cockpit einschloss", schreibt Sabine Kehm.
Die ehemalige Sportjournalistin ist dem Rekordchampion als seine Medienberaterin wahrscheinlich so nah gekommen wie kaum jemand anders aus dem engeren Zirkel des bizarren Formel-1-Betriebs.
Schumacher, gelernter Kfz-Mechaniker und Sohn eines Kartbahnbetreibers, hatte bis zuletzt Schwierigkeiten im Umgang mit Medien und Öffentlichkeit, die ihn vereinnahmen wollten. Obwohl sein anfangs von vielen als rüde kritisierter Stil mit den Jahren immer professioneller wurde, wirkte er auch zum Ende seiner Karriere auf Außenstehende immer noch oft glatt und arrogant.
Das Gegenteil beweist Sabine Kehm, wenn sie von einem kleinen Jungen erzählt, vor Glück weinend über ein Autogramm des Stars. Fassungslos habe sich Schumacher anschließend zurückziehen müssen, überwältigt von soviel bedingungsloser Anbetung. Schumacher selbst habe als Kind nie Autogramme gesammelt oder Idole angehimmelt.
Quälende Einsamkeit und große Leere
Das Buch ist vor allem auch ein Fotobildband. Es lebt von den langen Bildstrecken. Michel Comte hat fotografiert. Über zehn Jahre begleitete der vor allem durch Modephotographie bekannt gewordene Künstler Michael Schumacher. Neben dem dominierenden, knalligen Ferrari-Rot sind die Aufnahmen oft schwarz-weiß. Obwohl es an den Rennstrecken der Welt vor Fahrern, Mechanikern, Boxen-Ludern und Fans wimmelt, vermitteln die Bilder eine quälende Einsamkeit und große Leere.
Mittendrin ein kantiger Schumi, abschätzig blickend. Unnahbar. Isoliert und allein. Würdevoll. Der Rote Ritter. Auf einem anderen Foto fängt Comtes Kamera eine Szene aus der Vogelperspektive ein. Ein Pressetermin an der Strecke. Über ein lächerlich schmales Absperrband hinweg werden Schumacher Mikrophone und Kameras entgegengestreckt. Der Weltmeister ist nur von hinten zu sehen. Doch seine Körpersprache scheint zu verraten: "Mein Gott, was wollt ihr von mir? Ich habe doch schon alles beantwortet. Tausendfach." Dennoch erfüllte der bekannteste und erfolgreichste Rennfahrer der Welt bis zuletzt jeden Pressetermin korrekt und professionell. Er habe seinen Mäzenen, Gönnern und Fans gegenüber eine Bringschuld gefühlt, der er sich verpflichtet fühlte.
Rückkehr ins wirkliche Leben
Im hinteren Teil, nach den Privatfotos, die überhaupt nicht privat, sondern wie für einen Werbekatalog inszeniert wirken, kommt ein umfangreicher Statistikteil. Das ist vielleicht der wertvollste Beitrag des Buchs. Nach Jahren sortiert, wird hier noch einmal die Karriere des Rekordweltmeisters dokumentiert. Von Jordan, über Benetton bis Ferrari werden Titel, Platzierungen und Pannen aufgelistet. In Verbindung mit den Texten Sabine Kehms, angereichert durch Zitate von Michael Schumacher, ergibt das einen komplexen Gesamteindruck über das merkwürdig öffentliche Leben eines im Grunde schüchternen Stars.
Auf dem Klappentext wirbt der Süddeutsche Verlag, für den Sabine Kehm lange als Sportreporterin arbeitete, blumig für eine offizielle und autorisierte Inside-Story Schumachers. Doch das bleibt ein Widerspruch, den das Buch nicht aufzulösen vermag. Was für spannende Enthüllungen könnten das schon sein, wenn doch alles hochoffiziell ist? Der angekündigte Blick hinter die berühmten "Kulissen" trifft auf nichts Neues. Es sind die bestens bekannten Versatzstücke einer komplexen, stellenweise hochneurotischen Welt.
Auf 240 Seiten machen Sabine Kehm und Michel Comte die mächtige, gefräßige Formel-1-Maschinerie noch einmal sichtbar, der Michael Schumacher nach 16 Jahren, wie er sagt, endgültig den Rücken gekehrt hat. "Das Tempo, das in der Formel 1 herrscht, hat mit dem wirklichen Leben nichts zu tun." Während andere ihr Spektrum erweiterten, habe er sich nur noch im Kreis gedreht und keine Antworten mehr gefunden, warum er es noch mache, sagt Schumacher. Er müsse jetzt lernen, langsamer zu werden und hoffe, schnell nicht mehr so bekannt zu sein.
Rezensiert von Thomas Jaedicke
Michael Schumacher/Sabine Kehm,
Michael Schumacher - Die offizielle und autorisierte Inside-Story zum Karriereende,
Verlag Süddeutsche Zeitung 2006,
240 Seiten mit Fotos von Michel Comte, 24,90 €
Vielleicht ist es Michael Schumachers größte Leistung – von sieben Weltmeistertiteln und zahllosen anderen Rekorden einmal abgesehen, dass er sich während seiner 16-jährigen Karriere im Formel-1-Zirkus kaum verändert hat. Äußerlich und innerlich. Der scheue Perfektionist habe sich der "ganzen Welt geöffnet, in dem er sich im Cockpit einschloss", schreibt Sabine Kehm.
Die ehemalige Sportjournalistin ist dem Rekordchampion als seine Medienberaterin wahrscheinlich so nah gekommen wie kaum jemand anders aus dem engeren Zirkel des bizarren Formel-1-Betriebs.
Schumacher, gelernter Kfz-Mechaniker und Sohn eines Kartbahnbetreibers, hatte bis zuletzt Schwierigkeiten im Umgang mit Medien und Öffentlichkeit, die ihn vereinnahmen wollten. Obwohl sein anfangs von vielen als rüde kritisierter Stil mit den Jahren immer professioneller wurde, wirkte er auch zum Ende seiner Karriere auf Außenstehende immer noch oft glatt und arrogant.
Das Gegenteil beweist Sabine Kehm, wenn sie von einem kleinen Jungen erzählt, vor Glück weinend über ein Autogramm des Stars. Fassungslos habe sich Schumacher anschließend zurückziehen müssen, überwältigt von soviel bedingungsloser Anbetung. Schumacher selbst habe als Kind nie Autogramme gesammelt oder Idole angehimmelt.
Quälende Einsamkeit und große Leere
Das Buch ist vor allem auch ein Fotobildband. Es lebt von den langen Bildstrecken. Michel Comte hat fotografiert. Über zehn Jahre begleitete der vor allem durch Modephotographie bekannt gewordene Künstler Michael Schumacher. Neben dem dominierenden, knalligen Ferrari-Rot sind die Aufnahmen oft schwarz-weiß. Obwohl es an den Rennstrecken der Welt vor Fahrern, Mechanikern, Boxen-Ludern und Fans wimmelt, vermitteln die Bilder eine quälende Einsamkeit und große Leere.
Mittendrin ein kantiger Schumi, abschätzig blickend. Unnahbar. Isoliert und allein. Würdevoll. Der Rote Ritter. Auf einem anderen Foto fängt Comtes Kamera eine Szene aus der Vogelperspektive ein. Ein Pressetermin an der Strecke. Über ein lächerlich schmales Absperrband hinweg werden Schumacher Mikrophone und Kameras entgegengestreckt. Der Weltmeister ist nur von hinten zu sehen. Doch seine Körpersprache scheint zu verraten: "Mein Gott, was wollt ihr von mir? Ich habe doch schon alles beantwortet. Tausendfach." Dennoch erfüllte der bekannteste und erfolgreichste Rennfahrer der Welt bis zuletzt jeden Pressetermin korrekt und professionell. Er habe seinen Mäzenen, Gönnern und Fans gegenüber eine Bringschuld gefühlt, der er sich verpflichtet fühlte.
Rückkehr ins wirkliche Leben
Im hinteren Teil, nach den Privatfotos, die überhaupt nicht privat, sondern wie für einen Werbekatalog inszeniert wirken, kommt ein umfangreicher Statistikteil. Das ist vielleicht der wertvollste Beitrag des Buchs. Nach Jahren sortiert, wird hier noch einmal die Karriere des Rekordweltmeisters dokumentiert. Von Jordan, über Benetton bis Ferrari werden Titel, Platzierungen und Pannen aufgelistet. In Verbindung mit den Texten Sabine Kehms, angereichert durch Zitate von Michael Schumacher, ergibt das einen komplexen Gesamteindruck über das merkwürdig öffentliche Leben eines im Grunde schüchternen Stars.
Auf dem Klappentext wirbt der Süddeutsche Verlag, für den Sabine Kehm lange als Sportreporterin arbeitete, blumig für eine offizielle und autorisierte Inside-Story Schumachers. Doch das bleibt ein Widerspruch, den das Buch nicht aufzulösen vermag. Was für spannende Enthüllungen könnten das schon sein, wenn doch alles hochoffiziell ist? Der angekündigte Blick hinter die berühmten "Kulissen" trifft auf nichts Neues. Es sind die bestens bekannten Versatzstücke einer komplexen, stellenweise hochneurotischen Welt.
Auf 240 Seiten machen Sabine Kehm und Michel Comte die mächtige, gefräßige Formel-1-Maschinerie noch einmal sichtbar, der Michael Schumacher nach 16 Jahren, wie er sagt, endgültig den Rücken gekehrt hat. "Das Tempo, das in der Formel 1 herrscht, hat mit dem wirklichen Leben nichts zu tun." Während andere ihr Spektrum erweiterten, habe er sich nur noch im Kreis gedreht und keine Antworten mehr gefunden, warum er es noch mache, sagt Schumacher. Er müsse jetzt lernen, langsamer zu werden und hoffe, schnell nicht mehr so bekannt zu sein.
Rezensiert von Thomas Jaedicke
Michael Schumacher/Sabine Kehm,
Michael Schumacher - Die offizielle und autorisierte Inside-Story zum Karriereende,
Verlag Süddeutsche Zeitung 2006,
240 Seiten mit Fotos von Michel Comte, 24,90 €