Das neue Energiewirtschaftsgesetz

Von Jörg Münchenberg |
Das neue Energiewirtschaftsrecht stellt nicht weniger als eine Zäsur dar. Jahrzehntelang hatte die mächtige Lobby eine Liberalisierung ihres milliardenschweren Marktes erfolgreich verhindert, nicht zuletzt dank der kräftigen Unterstützung der Politik. Gerade Nordrhein Westfahlen war hier lange Zeit ein unrühmliches Paradebeispiel für die enge Verfilzung von politischen Amtsträgern und Energieunternehmen.
Zudem konnte die Branche in den zurückliegenden Jahren immer wieder erfolgreich auf das Pauschalargument verweisen, die Versorgungs- und Investitionssicherheit hierzulande dürfe nicht gefährdet werden. Entsprechend zögerlich wurden die Monopole politisch bedrängt - selbst nach der erzwungenen Öffnung des Strommarktes vor sieben Jahren durften die Verbände ihre Spielregeln selbst bestimmen.

Das Ergebnis ist bekannt: Deutschland belegt bei den Energiepreisen im europäischen Vergleich - entgegen dem sonstigen Trend - die jeweils vordersten Plätze. Dies ist umso weniger erstaunlich, schaut man sich die hiesigen Marktstrukturen an: lediglich vier Großkonzerne kontrollieren rund 80 Prozent des Strom- und Gasgeschäftes.

Unliebsame Konkurrenten werden da nicht zuletzt mit Hilfe überhöhter Netzpreise ferngehalten oder einfach wieder verdrängt. Doch zumindest diese Praxis, für die letztlich die Energieverbraucher finanziell gerade stehen müssen, wird mit der neuen Bundesnetzagentur der Vergangenheit angehören. Denn die Agentur wird sich die Preisgestaltung für die Transportkosten genau anschauen und notfalls regulierend eingreifen - ein überfälliger Schritt.

Insofern sind die Hoffnungen der Bundesregierung auf mehr Dynamik in diesem bislang statischen Markt nicht überzogen. Mehr Wettbewerb aber dürfte gleichzeitig auch zu mehr Innovationen, und wichtiger noch, zu sinkenden Preisen zumindest bei den Transportkosten führen. Gleichzeitig schafft die Neuregelung, die übrigens auf das so oft geschmähte EU-Recht zurückgeht, Planungssicherheit für die Unternehmen. Angesichts des Erneuerungsbedarfs dürfte es also tatsächlich zu jenen Milliardeninvestitionen kommen, die die Branche in Aussicht gestellt hat.

Natürlich sind mit dem neuen Gesetz nicht alle zufrieden. Denn Netzbetreibern geht es zu weit, weil sie um ihre Verdienstspannen fürchten. Umgekehrt pochen die Energieverbraucher auf strengere Regeln, um den Wettbewerb zu forcieren. Da sich aber beide Seiten beschweren, spricht viel dafür, das Rot-Grün mit dem jetzigen Ansatz so etwas wie die goldene Mitte gefunden hat. Ein weiteres Indiz: trotz der Kritik in Einzelfragen wird das Gesetz auch von der Opposition weitgehend mitgetragen. Insofern dürfte das drohende Vermittlungsverfahren relativ schnell abgeschlossen werden.

Die Verbraucher sollten sich allerdings nicht übertriebene Hoffnungen machen: zu raschen Preissenkungen wird es nicht kommen, schließlich regelt das neue Gesetz nur einen Teilbereich der Energieabrechnung - die Erzeugungskosten bleiben natürlich außen vor. Letztlich aber haben es die Konsumenten aber auch selbst in der Hand: gerade die grundsätzliche Bereitschaft für einen Anbieterwechsel im Telekommunikationsbereich hat damals den Wettbewerb erst so richtig in Schwung gebracht. Diese Regel gilt auch für den Energiesektor.