Das neue christliche Sendebewusstsein

Von Michael Meyer · 20.12.2006
Was in den USA funktioniert, kommt nun auch nach Europa und Deutschland: "Bibel-TV" sendet bereits seit 2002 aus Hamburg. Ab Februar wird "Trinita-TV" unter dem Motto "Ihr christlicher Familiensender" als weiteres Spartenprogramm hinzukommen. So schließt sich die deutsche "Marktlücke Christliches Fernsehen" zusehends.
Seit 2004 kann man jeden Sonntag die "Hour of Power” beim Fernsehsender VOX sehen – es ist die erfolgreichste amerikanische Fernsehkirchenshow ihrer Art. Dieser Tele-Gottesdienst ist ein hochprofessionelles und durchkommerzialisiertes Unternehmen und hat in Deutschland eine kleine, aber treue Zuschauerschaft.

Treue Anhänger hat auch "K-TV" aus dem österreichischen Dornbirn: Das Programm kommt aber völlig unprofessionell daher und ist ein Mix aus katholischen Gottesdiensten, Aufnahmen von Pilgerfahrten, Medizinsprechstunden und stundenlangen Rosenkranzgebeten.

Die Medienpolitik sieht die christlichen Sender skeptisch, meint Norbert Schneider, Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Schließlich sei es verboten, in Werbespots religiöse Gemeinschaften anzupreisen – was aber ist zu tun, wenn das gesamte Programm eine Art "Werbung für Religion" darstellt?

" Das ist Neuland, und: Immer, wenn man eine Begegnung mit solchen neuen Dingen hat, dann gibt es zwei Möglichkeiten, entweder man macht dicht: Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht, und was der Regulierer nicht kennt, das erlaubt er nicht, oder er setzt sich damit auseinander und überlegt, ob es, zum Beispiel für den Fall, das ist wirklich eine Art von Werbung innerhalb des Programms, neutralisierende Faktoren geben könnte. "

Die Frage ist dabei auch, inwieweit man Spendenaufrufe tolerieren kann. In den USA werden die Zuschauer christlicher Sender oft aggressiv zum Spenden aufgerufen.

Auch bei "Bibel-TV", einem bunt gemischten Programm, an dem auch die evangelische Kirche beteiligt ist, bestreitet man schon heute drei Viertel des Etats aus Spenden, der Aufruf wird aber diskret gehalten. Statt Gottesdiensten sendet man Serien, Filme, Talkshows und vieles mehr.

Voraussichtlich ab 1. Februar 2007 soll nun ein weiteres Programm auf Sendung gehen: "Trinita-TV". Es soll sich allein durch Zuwendungen deutscher und amerikanischer Missionswerke tragen, die ihre Gottesdienste durch "Trinita-TV" übertragen lassen – ohne dabei unbedingt Gewinne zu machen. Anfangs werden erst einmal nur amerikanische Messen gesendet, die lippensynchron bearbeitet werden. Später sollen auch deutsche Gemeinden dazukommen, sagt Christian Peschken, Geschäftsführer des Senders:

" Es gibt bedauerlicherweise im Augenblick noch nicht genügend deutsche christliche Gemeinden, die in der Lage sind, Fernsehen zu machen, aber das wird sich in der Zukunft sicher auch ändern. Aber wir wollen in jedem Falle auch deutsche Gemeinden, deutsche Glaubensgemeinschaften motivieren und Ihnen auch helfen, bei uns Programme zu machen. "

Die beiden großen Kirchen in Deutschland sehen die Entwicklung im Fernsehmarkt mit gemischten Gefühlen: Einerseits begrüßen sie das wiedererwachte Interesse an Religion – andererseits müssen sie in dem Bouquet an Programmen auffindbar sein. Die katholische Kirche trägt sich bereits seit einiger Zeit ernsthaft mit dem Gedanken, einen eigenen Fernsehsender aufzumachen – darüber soll im nächsten Jahr entschieden werden.

Das Gespräch zum Thema "Missionierung aus dem Äther? Der umkämpfte Markt religiöser Sender" mit Bernd Merz, Rundfunkbeauftragter der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland), können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player hören.