Das Museum der Woche

Von Susanne von Schenck |
Ein "Zoo" aus der Permzeit, ein Goldbarren im Schmuckkästchen, die Korbacher Stadtgeschichte vom Mittelalter bis heute und zurzeit eine Sonderausstellung zum 75. Geburtstag von Janosch - all das zeigt das Korbacher Museum in seinen Ausstellungsräumen.
Im Mai 1997, nur wenige Wochen vor der Eröffnung des Korbacher Museums, hatten einige Bürger das Haus mit weißen Bettlaken verhüllt und diese mit Fachwerkbalken bemalt – ihr Protest gegen eine moderne Architektur, die sich, so fanden sie, nicht mit dem historischen Kern der schnuckeligen Fachwerkstatt vertrug.

Die Wogen haben sich geglättet. Aber das Gebäude, das die Handschrift des Kassler Architektenbüros Penkhues trägt, bildet mit seinen dekonstruktivistischen Schrägen, schiefen Wänden und zahlreichen Durchbrüchen nach wie vor einen starken Kontrast zu den hübsch restaurierten Häusern und der Kilianskirche in Korbachs Stadtmitte.

"Wir haben hier einen offenen Innenhof vor uns, da steht auch ein Brunnen, der bei den Ausgrabungen entdeckt worden ist, wir haben ein großes Foyer, das nur mit Glas überdacht ist und um diesen Platz herum gruppieren sich Gebäude aus vielen Jahrhunderten."

Wilhelm Völker-Jansen, der Leiter des Korbacher Museums, steht im lichten Foyer des Hauses. Insgesamt fünf vom Verfall bedrohte historische Gebäude, darunter das ehemalige Heimatmuseum von 1925, haben die Architekten unter einem modernen "Mantel" aus Stahl, Glas und Muschelkalk zusammengefügt – ein ungewöhnliches Ensemble.

"Wir haben hier kleine Fachwerkräume, wir haben dieses sehr helle, freundliche, mit Glas und Edelstahl versehene Foyer, wir haben diese dekonstruktivistischen Architekturkabinette und wir haben im Untergeschoß diese fast urig wirkenden Gewölbekeller, also immer wieder neue Eindrücke der Architektur."

Im Erdgeschoss werden Stationen der über 1000-jährigen Korbacher Stadtgeschichte gezeigt. Die "Sichtschneisen" durch das Gebäude bieten immer wieder Blicke nach draußen – in den historischen Ortskern von Korbach. Der wird so selbst zum Exponat.

Blickpunkt der paläontologischen Abteilung im Untergeschoss ist ein Diorama.

Wo sich heute die Stadt Korbach ausdehnt, war vor 250 Millionen Jahren – in der Permzeit – eine wüstenähnliche Landschaft. Das Diorama zeigt einige Tiere am Rande eines Wasserlochs, darunter den "Star" des Korbacher Museums: den "Urdackel". Fachleute nennen das Tierchen Procynosuchus. Es ist, so Wilhelm Völker-Jansen, eines der frühen Landwirbeltiere.

"Das ist kein Tier mehr, was robbenartig sich über den Boden fortbewegt, sondern dass einfach schon seinen Körper vom Boden abstemmen kann durch die Gliedmaßen und von daher sich deutlich besser fortbewegen kann."

Lichtblitze, Donnergrollen. Zu Procynosuchus’ Zeiten bebte die Erde, ein Kilometer breiter Riss öffnete sich im Boden. Wassermassen stürzten vom Himmel, rissen alles mit sich fort. Die große Erdspalte füllte sich mit Gestein, Lehm und Knochen. Erst in den 1960er Jahren wurde die "Korbacher Spalte" - so heißt diese Fundstätte – entdeckt.

"Wir haben hier, kann sagen, die zweitälteste fossilienführende Spalte der Erde, in der man in Europa bisher unbekannte Tierknochen findet, die von so genannten Terapsiden stammen, das sind säugetierähnliche Reptilien, die in der Ahnenreihe der Säugetiere ganz am Anfang stehen."

Und aus der alle späteren Säuger, letztlich auch der Mensch, hervorgingen. Die Ergebnisse der sensationellen Grabungen sind eine Etage höher zu bewundern.

Eine in den Fels gehauene Treppe führt in die Bergbauabteilung. Fahles Licht, ein in Miniatur nachgebildeter Stollen - so präsentieren sich die "goldenen Zeiten" von Korbach. Auf dem westlich der Stadt gelegenen Eisenberg wurde bereits im frühen Mittelalter Gold gefunden und bis ins 17. Jahrhundert immer wieder gewonnen. Dann war Pause.

Erst in den 1920er Jahren flammte das Interesse am Gold im Eisenberg wieder auf. Ein Bergmann aus dem Siegerland, Carl-Theodor Rauschenbusch, glaubte fest an weitere Goldvorkommen und steckte sein ganzes Vermögen in den Bergbau.

Deutschland geriet in einen "Goldrausch", hoffte man doch, mit dem Korbacher Gold die Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg begleichen zu können. Korbach war in den Schlagzeilen.

Wenige Meter von der Hörstation mit der auf alt gemachten Radioreportage liegt in einer Vitrine das Lieblingsstück von Wilhelm Völker-Jansen: Rauschenbuschs Kästchen. Röhrchen mit ausgewaschenem Gold sind dort neben einem winzigen Goldbarren auf Samt gebettet.

"Es ist ein wertvolles Exponat sowohl vom Wert her, aber es ist auch ein Exponat, an dem man sehr viel Geschichte dokumentieren kann und das natürlich auch ein Kästchen ist, an dem sehr viele Hoffnungen gehangen haben."

Und das mit Enttäuschungen verbunden ist. Denn das ehrgeizige Projekt war ein wirtschaftlicher Fehlschlag. Noch etwa eine Tonne Gold soll sich heute im Eisenberg befinden. Aber die Kosten für den Abbau stehen in keinem Verhältnis zum Ertrag.

All das vermittelt die Ausstellung sehr anschaulich. Das Korbacher Museum ist kein musealer Elfenbeinturm, sondern ein äußerst facettenreiches Regionalmuseum, das durch seine Architektur und seine geschickte Gestaltung besticht.