Das Maß in der öffentlichen Kulturförderung finden

Hortensia Völckers im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 21.03.2012
Die Förderung von Institutionen und der sogenannten freien Szene sei "komplett disproportioniert", sagte Hortensia Völckers, die Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes. Das müsse verändert werden.
Liane von Billerbeck: Es ist zehn Jahre her, da wurde eine, nein: die Kulturstiftung des Bundes gegründet. Ihre Aufgabe: bundesweit internationale Kulturprojekte im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes zu fördern. Darunter waren Projekte wie das über die schrumpfenden Städte, einen Prozess also, der nicht nur im Osten Deutschlands die Gesellschaft grundlegend verändert, oder eines, das nach der Zukunft der Arbeit fragte. Die in Halle (Saale) ansässige Stiftung fördert das Theatertreffen ebenso wie die Documenta.

Seit einer Woche gibt es aber hierzulande eine Diskussion, angestiftet von den Autoren des Buches "Der Kulturinfarkt", die ketzerisch danach fragen, ob tatsächlich alle Kultur- und alle Kunsteinrichtungen gefördert und erhalten werden müssen? Hortensia Völckers ist die Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes, mit ihr bin ich verbunden, ich grüße Sie!

Hortensia Völckers: Ich grüße Sie auch!

von Billerbeck: Es gab mal so ein Plakat von der deutschen Männerfußballnationalmannschaft, nur mit den Spielern ohne Migrationshintergrund. Da waren dann nur ein paar Hanseln drauf, jeder Ausländerfeind hätte bei diesem Anblick kapieren müssen, dass ohne Zuwanderung der deutsche Fußball einpacken kann. Was würde denn fehlen, wenn es die Bundeskulturstiftung nicht gäbe?

Völckers: Ich glaube, das würde nicht so tragisch ausfallen wie beim Fußball. Wir sind mit Sicherheit ein Surplus, kann man sagen. Es ist ein starkes Bekenntnis dieses Landes, vor zehn Jahren zu sagen, wir wollen eine nationale Stiftung, eine Kulturstiftung des Bundes haben, und es ist ein Bekenntnis für die jetzt arbeitenden, jetzt malenden, spielenden, denkenden Künstler, und nicht die Förderung des Erbes des Patrimoniums. Und wir leisten einen, würde ich sagen, bescheidenen, aber hoch symbolischen Beitrag zu der Zukunftsfähigkeit dieses Landes.

Das vollständige Gespräch mit Hortensia Völckers können Sie bis zum 22. August 2012 als MP3 in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.

Links auf dradio.de:

Streitobjekt Kulturpolitik - An den Thesen des Buches "Der Kulturinfarkt" scheiden sich die Geister (Deutschlandradio, Aktuell)
"Ich mache es ja nicht besser dadurch, dass ich es einem wegnehme und dem anderen gebe" - Hamburgs Kultursenatorin Kisseler kritisiert die Thesen des Buches "Der Kulturinfarkt" (DLF, Kultur heute)
Adrienne Goehler wirft "Kulturinfarkt"-Autoren "Bashing" vor - Die Kuratorin und Publizistin zur Diskussion um Kulturkürzungen (DLF, Kultur heute)
Soziologe: Jede zweite Kulturinstitution kann weg - Dieter Haselbach über die provokanten Thesen seines Buchs "Der Kulturinfarkt" (DLF, Kultu heute)
Kultur muss "widerständig" sein - Vorsitzende des Kulturausschusses weist Kritik an deutscher Kulturförderung zurück (Deutschlandradio Kultur, Thema)
Thema 2012-03-12 "Baut den Apparat um!" - Stephan Opitz will Kulturförderung anders verteilen (Deutschlandradio Kultur, Thema)
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