"Das Liedhafte lag ihr sehr nah"

Almut Giesecke im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 04.01.2011
Sie gilt als eine der auflagenstärksten deutschen Lyrikerinnen der letzten Jahrzehnte. Am 3. Januar ist Eva Strittmatter im Alter von 80 Jahren in Berlin verstorben. Ihre langjährige Lektorin Almut Giesecke bewundert an der Dichterin vor allem ihre Rückhaltlosigkeit.
Zu dem umfangreichen Werk gehören Gedicht- und Prosabände - darunter die Trilogie "Briefe aus Schulzenhof" - sowie Kinderbücher und ein Essayband. Seit den 50er-Jahren lebte Eva Strittmatter mit ihrem Mann, dem Romanschriftsteller Erwin Schriftsteller, im brandenburgischen Schulzenhof und in Berlin. Mit ihm, der 1994 verstarb, hatte sie vier Kinder. Fazit sprach mit Almut Giesecke, Eva Strittmatters langjähriger Lektorin beim Aufbau-Verlag.

Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch:

Brinkmann: "Ich mach ein Lied aus Stille" heißt Eva Strittmatters erster Gedichtband. Grundiert das Liedhafte, also das Schlichte und auch Eingängige den Ton ihrer Lyrik?

Giesecke: Ja, durchaus. Sie hat immer danach gestrebt, ihren Gedichten eine Form zu geben und sie zu binden in Reim - oder reimlos. (…) Das Liedhafte lag ihr sehr nah. Sie wollte es so volksliedhaft wie möglich halten, damit es eingängig war. Und das ist ihr ja auch gelungen.

(…)

Brinkmann: Eva Strittmatters Bücher haben Auflagen von mehr als zwei Millionen Exemplaren erreicht, das heißt, sie gehört zu den meistgelesenen Lyrikerinnen der vergangenen Jahrzehnte. Wie erklären Sie den Erfolg, die ungemeine Popularität ihrer Lyrik?

Giesecke: Ich denke, das hängt damit zusammen, dass sie Erfahrungen beschreibt, die sie durchgemacht hat, Empfindungen, die sie ganz rückhaltlos bekennt. Und diese Rückhaltlosigkeit, die ich sehr bewundere an ihr, ist nicht selbstverständlich. Also niemand reißt sich so die Brust auf und gibt alle seine Zweifel, seine Schwächen, seine Ängste zu, das hat sie getan! Und ich glaube, das ist das Geheimnis, warum so viele Leser immer wieder zu ihren Büchern greifen und sie gern lesen, weil sie das ausgesprochen finden, was sie selbst gedacht oder gefühlt haben. So wird es jedenfalls in vielen Briefen, die Eva Strittmatter von den Lesern bekam, artikuliert.

Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 4.6.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.

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Ich schreibe von der einfachen Sache … -
Zum Tod der Dichterin Eva Strittmatter