Das Leuven-Chansonnier aus dem 15. Jahrhundert

Edle Liedersammlung im Handtaschenformat

Ein einem kleinen dunklen Rund ist ein Porträt des Komponisten gezeichnet.
Lieder von Gilles Bincois waren um 1450 äußerst beliebt und auch in dieser Sammlung zu finden. © imago images / United Archives International
Von Helga Heyder-Späth · 11.03.2020
Eine kleine handliche Liedersammlung tauchte 2014 bei einem Auktionshaus auf - eine Sensation, denn der kleine Brokatband aus dem 15. Jahrhundert vereint rund 50 Lieder der Zeit. Mit akribischer Schrift wurde eine ganz persönliche Collection zusammengestellt.
Das kleine, in Brokat gebundene Büchlein, das "Leuven-Chansonnier" wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar, es ist nur zurückhaltend illustriert und doch eine kleine Sensation. Denn darin finden sich 50 überwiegend weltliche Lieder berühmter franko-flämischer Musiker wie Antoine Busnoys, Johannes Ockeghem und Gilles Binchois, dazu etliche Lieder von nicht namentlich genannten Komponisten. Zwölf dieser Chansons sind Unikate.

Für Mußestunden auf Reisen?

Zwischen 1470 und 1475 wurden die Lieder für das "Leuven-Chansonnier" irgendwo an der Loire zusammengetragen. Sein praktisches "Handtaschenformat" legt nahe, dass das Buch als täglicher Wegbegleiter gedacht war und die Auswahl der Lieder den individuellen Geschmack eines adeligen Herren oder vielleicht noch eher einer musikliebenden Adelsdame verrät. 2014 tauchte das "Leuven-Chansonnier" überraschend in einem Brüsseler Auktionshaus auf und wurde inzwischen wissenschaftlich aufgearbeitet. Es ist inzwischen Teil der King Baudouin Foundation.
So können wir einen sehr persönlichen Blick in ein adeliges Privatgemach des 15. Jahrhunderts werfen, in dem man sich sicher so manche Mußestunde mit den mal koketten, bisweilen auch recht frivolen Liedern versüßte.
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