Das Leiden der Frauen nach dem Krieg

Von Roland Krüger · 22.10.2008
Als die Rote Armee im Frühjahr 1945 Berlin eroberte, nahm sie an den Frauen grausame Rache für die Verbrechen der Wehrmacht: Massenhaft wurden Frauen vergewaltigt. Eine unbekannt gebliebene Autorin schildert die Grausamkeiten, die sie am eigenen Leib erfahren musste, in ihren Tagebüchern, die 1959 erstmals veröffentlicht wurden. Die Verfilmung des Buches kommt jetzt in die Kinos.
Berlin, Frühjahr 1945. Die Rote Armee erobert die Stadt. Der Krieg der Männer ist fast zu Ende, das Leid der Frauen allerdings noch nicht. In einem halb zerstörten Wohnhaus fallen die sowjetischen Soldaten über wehrlose Frauen her. Auch eine frühere Journalistin und Fotografin ist betroffen. Mutig wendet sie sich an den russischen Offizier Andrej.

"Gestern wurde unser Haus besetzt und viele Frauen vergewaltigt."
"Frau, komm!"
"Es ist Ihre Pflicht, zu helfen."
"Diese paar Minuten, was ist das schon?"

Auch die namenlose Protagonistin, daher der Titel des Films "Anonyma", wird vergewaltigt, aber nach ihrem ersten Entsetzen sucht sie eine Lösung, aus der Opferrolle zu entkommen. Doch der melancholische russische Offizier steht zunächst zu seinen Männern.

"Euer Blut ist auf unseren Uniformen. Ist gut so! Keiner von uns wollte Krieg!"
"Wenn der Russe nur im Geringsten das mit uns macht, was wir mit denen gemacht haben, lebt in Bälde kein Deutscher mehr."
"Alle meine Leute kennen Sie. Sie sind bekannt."
"Ich weiß nicht, ob das ein Vorteil ist."
"Sie hassen mich!"
"Wieso, Sie haben mir nichts getan!"
"Kommen Sie zu mir!"
"Was wollen Sie?"
"Ihre Gesellschaft!"

Aus Mut und Verzweiflung, Berechnung und Pragmatismus entsteht ein Gefühl zwischen zwei Menschen, das schwer zu verorten ist. Der Offizier Andrej entpuppt sich als Feingeist.

Nach "Aimée und Jaguar" zeigt Regisseur Max Färberböck in "Anonyma" abermals Frauenschicksale aus dem Zweiten Weltkrieg. Das Drama möchte kein Film über arme deutsche Frauen und böse russische Soldaten sein, um harte Fakten aber kommt es nicht herum.

"Krieg ändert die Worte. Liebe ist nicht mehr das, was es war."

"Anonyma". Das erschütternde Drama basiert auf Tagebuchaufzeichnungen einer bis zu ihrem Tod anonym gebliebenen Autorin aus Berlin. Schon das Buch erregte weltweit Aufsehen - die massenhaften Vergewaltigungen deutscher Frauen durch russische Soldaten gelten bis heute als Tabuthema. Die mutige Gratwanderung mit Nina Hoss in der Hauptrolle läuft ab morgen in den Kinos.