Das langsame Sterben der FDP geht weiter

Von Martin Steinhage · 14.12.2011
Christian Lindner ist offensichtlich der Glaube an die Sache, für die er sich eingesetzt hat, abhanden gekommen. Aber es ist der Falsche gegangen. Eigentlich hätte der Parteivorsitzende seinen Hut nehmen müssen, meint Martin Steinhage.
Immerhin, die FDP ist noch für eine Überraschung gut: Eigentlich hatte alle Welt erst für den kommenden Freitag damit gerechnet, dass es bei den Liberalen so richtig kracht. Da nämlich soll das Resultat der Mitglieder-Befragung zur Euro-Politik bekanntgegeben werden, und da war und ist klar, dass dieses Abstimmungsergebnis für die Parteiführung so oder so zu einem Waterloo werden wird: Entweder, weil die Basis der Spitze die rote Karte zeigt; sprich, den Kurs der FDP, und damit den der Bundesregierung, in einer hochbrisanten Frage ablehnt. Oder aber, und das scheint wahrscheinlicher, dass das geforderte Eindrittel-Quorum gar nicht erst zustande kommt, die Befragung mithin an mangelnder Beteiligung scheitert.

An der Stelle kommt Christian Lindner ins Spiel: Schließlich ist es der ureigenste Job eines Generalsekretärs, solch eine Mitgliederbefragung so zu organisieren, dass am Ende gerade nicht die Parteiführung als Verlierer dasteht: Wenn also Lindner schon nicht die Initiative des umtriebigen Euro-Rebellen Frank Schäffler hatte verhindern können, hätte er dafür sorgen müssen, dass zum einen das Quorum zustande kommt, und zum anderen dessen Ergebnis die liberale Spitze stärkt. Um dieses Ziel zu erreichen, hätte es freilich überzeugender Argumente bedurft.

Aber wer überzeugen will, der muss von seinem eigenen Tun und der Sache, für die er sich einsetzt, überzeugt sein. Dieser Glaube ist Lindner offenbar abhanden gekommen. Wie anders ist seine Einlassung zu verstehen, er trete zurück auch aus Respekt vor seinem eigenen Engagement?

Dass der intellektuell brillante 32-Jährige den Bettel hinwirft, ist freilich gut zu verstehen: Seit der Bundestagswahl 2009, und damit in der gesamten Ära des Generalsekretärs Lindner, geht es mit der FDP steil bergab: Eine inhaltliche Erneuerung, eine entschlossene Abkehr vom lachhaft unzeitgemäßen Steuersenkungs-Mantra, ist ausgeblieben. Und die personelle Neuaufstellung nach Westerwelle ist ebenfalls gescheitert. Das juvenile Dreigestirn Rösler-Lindner-Bahr ist der Größe der Aufgabe erkennbar nicht gewachsen, was vor allem für den Parteichef gilt: Der überforderte Philipp Rösler liefert seit seinem Amtsantritt vor gut einem halben Jahr nichts außer hohlen Phrasen und peinlichem Pathos.

Schlimmer noch: Mit seiner öffentlich vorgetragen Äußerung vom Wochenende, wonach die Mitglieder-Befragung am Quorum scheitern werde, hatte er sich als Parteichef endgültig desavouiert. Und, so ganz nebenbei, seinem Generalsekretär das Leben noch zusätzlich schwer gemacht. Musste der doch seine letzten Tage im Amt damit zubringen, Zappelphilipps Kamikazekurs schönzureden.

Im Grunde ist also heute der Falsche gegangen: Rösler hätte als erster seinen Hut nehmen müssen, und eben nicht Lindner. Oder aber die dreiköpfige Boygroup hätte konsequent in toto ihren Rückzug erklärt. Und die FDP hätte hier und heute so etwas wie eine "Stunde Null" eingeläutet und den radikalen Neuanfang gewagt. So aber geht das langsame Sterben weiter, bis zum bitteren Ende.
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