"Das Labyrinth der Wörter"

Ohne jegliche Überraschungen hat Jean Becker den Bestseller "Das Labyrinth der Wörter" von Marie-Sabine Roger verfilmt. Immerhin ist in der Hauptrolle Gérard Depardieu zu bewundern, der auf die Figur des etwas merkwürdigen Außenseiters abonniert zu sein scheint.
Wenn ein über die Jahrzehnte so präsenter Leinwandheld wie Gérard Depardieu in Folge gleich in drei Rollen zu sehen ist, in denen er Kinohelden am Rande der Gesellschaft spielt, fällt das natürlich auf.

Als "Mammuth" fuhr der immer massiger werdende Kinostar auf einem alten Motorrad gleichen Namens durch die Lande, um seine Rentenansprüche einzutreiben. In "Small Word" spielte er einen Alzheimer-kranken Underdog und jetzt den Analphabeten Germain, der durch die zufällige Bekanntschaft mit der alten, belesenen Margueritte (Gisèle Casadesus) in die Welt der Literatur eintaucht.

Neu entdeckte Bescheidenheit ist es sicher nicht, die Depardieu dazu treibt, sondern eher Neugier und die Lust einfach mal etwas anderes zu spielen, was wir als Zuschauer jetzt ausbaden müssen.

Denn war "Mammuth" noch eine kraftvolle Studie über einen selbstbewussten Arbeiter, der auch ohne Hochschulabschluss ein ganzer Mann und beeindruckender Kinoheld ist, fiel es schon schwerer, ihm die Rolle des dumpen Alzheimerkranken in "Small World" ab zu nehmen. Berührend war sein Auftritt trotzdem, wie jetzt auch in der Bestsellerverfilmung nach dem Roman von Marie-Sabine Roger "Das Labyrinth der Wörter".

Wenn die alte Frau und der einfach gestrickte Mann auf immer derselben Bank im kleinen Park Tauben füttern und er jedem Tier einen Namen gegeben hat, dann greift einem das schon ans Herz, nur in dieser Tonlage bleibt der Film auch. Als stadtbekannter Dummkopf und Hilfsarbeiter kümmert er sich rührend um seine alkoholkranke Mutter, die ihn als Kind so sträflich vernachlässigt hat. Und selbst der eigentlich wirklich reizvollen, weil aus jedem Rahmen fallenden Liebesgeschichte mit der schönen jungen Annette (Sophie Guillemin), kann die Inszenierung keine überraschenden Seiten abgewinnen.

Dass aus dem Leser Germain bald ein lebenskluger Mann mit philosophischen Geistesblitzen wird, ist so vorhersehbar, dass die Überraschung der Umwelt einfach nur noch naiv daher kommt und am Ende nichts als ein Rührstück bleibt, in dem immerhin - Gérard Depardieu mitspielt!

Frankreich 2010, Originaltitel: La tête en friche, Regie: Jean Becker, Darsteller: Gérard Depardieu, Gisèle Casadesus, François-Xavier Demaison, Claude Maurane, Patrick Bouchitey, Jean-François Stevenin, Claire Maurier, 82 Minuten

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"Ich mag es ruhig" - Regisseur Jean Becker über seine Romanverfilmung "Das Labyrinth der Wörter"
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