Das Kinder-Flugzeug
Mehr als 300 todkranken Jungen und Mädchen aus Afghanistan hat der kleine Verein "Kinder brauchen uns" in den letzten Jahren das Leben gerettet. Die Vier- bis Sechzehnjährigen werden nach Hamburg geflogen und in verschiedenen deutschen Kliniken operiert.
In Gastfamilien können sie sich bis zu ihrer Rückkehr in die Heimat erholen. Der Vereinvorsitzende Markus Devender hat die humanitäre Luftbrücke jetzt fast an den Rand des Scheiterns gebracht. Der 41-jährige hatte sich als Hochstapler geoutet. Ohne Devender soll die Hilfe nun weitergehen. Denn: Würden die Flüge eingestellt, müssten die Kinder sterben.
Flughafen Hamburg. Die Maschine ist nicht gestartet. Der Hilfsflug Hamburg – Kabul wurde abgesagt. Verschoben. Die Fotos von glücklichen afghanischen Kindern, zufriedenen Gasteltern und erfolgreichen Helfern konnten nicht gemacht werden.
Wann der nächste Flug der Organisation "Kinder brauchen uns" stattfinden wird, ist noch unklar. Vielleicht am 19. Februar. Aber auch das ist nicht gewiss.
Das Gebaren des Vereinsvorsitzenden Markus Dewender hat die Organisation in heftige Turbulenzen gebracht. Der "falsche" Doktor entpuppte sich als Hochstapler. Die Hilfe für afghanische Kinder leidet darunter.
Rückblende. 16. Oktober 2007. Flughafen Hamburg Fuhlsbüttel.
In der Abflughalle wartete eine Gruppe afghanischer Kinder mit ihren Betreuern auf die Maschine, die sie in ihre Heimat nach Kabul bringen sollte. Und mit ihnen ein Tross Journalisten. Ihre Berichte über die Hilfsaktion werden bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen. Hilfe tut Not.
Die meisten Jungen und Mädchen gaben sich lustig und quicklebendig – sie, die drei Monate zuvor schwerverletzt oder todkrank in Hamburg gelandet waren. Der Verein "Kinder brauchen uns" und die Hamburger Albertinen-Stiftung hatten die Rettungsaktion ehrenamtlich organisiert. Mit privaten Spendengeldern wurde ein Flugzeug gechartert, die Luftbrücke für Kinder zwischen Deutschland und Afghanistan eingerichtet, berichtete Atiquco Cobra Erdeaner.
"Ich bin Einsatzkoordinator der Aktion 'Kinder brauchen uns e.V.', ich arbeite seit 25 Jahren für die Kinder und habe über achteinhalb Tausend Kinder aus 49 Nationen hier in Deutschland begleitet. Wir bringen 20 gesunde Kinder heute nach Kabul und im Gegenzug landen hier morgen 60 schwerverletzte und kranke Kinder."
In Deutschland wurden die Kinder kostenlos behandelt und, gesundet, wieder in ihre Heimat gebracht. Der Verein verteilt die kleinen Patienten auf über 40 Krankenhäuser, zum Beispiel Düsseldorf, Essen Freiburg, Mainz und Berlin.
In der Gruppe, die sich im Oktober vergangenen Jahres auf dem Flughafen versammelt hatte, befanden sich auch einige Gasteltern. Sybille Sulek reiste eigens aus Regensburg an, um ihren Gastsohn zum Flieger zu bringen.
"Ich hab den Rabanikan aufgenommen, der war jetzt zum dritten Mal in Deutschland, diesmal zur medizinischen Nachbehandlung. Er hatte vor fast vier Jahren eine Minenverletzung am Oberschenkel, war damals drei Monate bei uns in Bad Reichenhall im Krankenhaus, ist da behandelt worden von den Ärzten, gratis, und in der Zwischenzeit ist er sehr gesund, worüber ich sehr glücklich bin, und er geht in der Zwischenzeit, wenn er in Deutschland ist, bei uns in Pieding in die Schule und hat sehr, sehr gut Deutsch gelernt."
Der Junge steht hielt die Hand seiner Gastmutter, sie waren sich beide sehr nahe gekommen. Neun Monate war Rabanikan in Deutschland.
"Ich heiß Rabani und ich bin 14 Jahre alt, Bayern Deutschland, drei mal drei Monate, war in der Schule, neunte Klasse, in Afghanistan geh ich in die normale Realschule, zehnte Klasse."
Auch Orhan Kalem aus Dortmund war nach Hamburg geeilt. Der türkische Vater von fünf Kindern hatte zwei Gastkinder aus Afghanistan aufgenommen. Ein fünfjähriger Junge, der an der Lunge operiert werden musste, blieb zwei Jahre bei ihm. Gerne würde er, sagte Kalem, seinen beiden Gastkindern ein Studium in Deutschland ermöglichen.
"Das macht Freude, das ist unsere menschliche Aufgabe, zweitens sagt mir mein Glaube, du musst auch helfen arme Leute, du musst doch helfen. Das ist unsre Aufgabe, damit die Gerechtigkeit auf der Erde, reiche und arme Leute, wenn wir die Gerechtigkeit vergleichen, dann wird die Erde in Zukunft noch sicherer und noch besser."
Afghanistan ist das Land mit der höchsten Kindersterblichkeit weltweit. Dort arbeitet der Verein "Kinder brauchen uns" mit dem Indira-Ghandi- Krankenhaus zusammen, der einzigen Kinderklinik im ganzen Land. Andreas Timmler, im Verein für die Ausreise der Kinder zuständig, erklärte, man könnte nur so viele Kinder mitnehmen wie es Krankenhausplätze in Deutschland gebe.
"Die Kriterien sind einmal die Möglichkeiten, die wir in Deutschland haben, das heißt, Kliniken bieten uns Behandlungsplätze an für Erkrankungen oder Verletzungen. Wir haben diese Liste, wissen, wie viele Kinder wir mitnehmen können und gehen dann ins Indira Ghandi Kinderkrankenhaus in Kabul und dort werden alle Plätze wirklich belegt. Also wir könnten viel mehr Kinder mitbringen, wenn wir mehr Plätze in deutschen Kliniken hätten. Wir finden also für jeden zur Verfügung gestellten Behandlungsplatz in Deutschland auch ein Kind."
Seit zwei Jahren unterstützt die Hamburger Albertinenstiftung den Verein "Kinder brauchen uns". Mit Hilfe der Stiftung gelang es zum ersten Mal, ein eigenes Charterflugzeug zu mieten und so die Kinder direkt Kabul nach Hamburg und zurück zu bringen. Das habe mehrere Vorteile, betonte der Geschäftsführer der Albertinen-Stiftung, Albrecht Kasper.
"Durch den direkten Flug von Kabul nach Hamburg können Kinder transportiert werden, die ansonsten das Umsteigen und das Warten, das sind sechs bis sieben Stunden auf dem Flughafen in Dubai, gar nicht überstehen würden. Das zweite ist, wir müssen die Kinder ja immer mit einem medizinischen Team begleiten, das heißt, man braucht fünf bis sechs Leute, um auf Linienmaschinen zehn bis 15 Kinder maximal transportieren zu können, je nachdem, wie schlecht es denen geht. Hier können wir mit vier Ärzten und vier Krankenschwestern eben 60 Kinder aus Afghanistan nach Hamburg bringen und dann in Deutschland verteilen. Und wenn man das umrechnet, auch in den logistischen Kosten, ist es einfach ein effizienterer und sorgfältiger Umgang mit Spendenmitteln."
Hilfe tut Not, Ehrlichkeit auch. Ende 2007 geriet der Verein "Kinder brauchen uns" in die Schlagzeilen. Diesmal allerdings nicht mit Berichten über humanitäre Hilfe, sondern mit Negativ-Schlagzeilen. Markus Dewender, der Vereinsgründer, wurde als Hochstapler geoutet. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte berichtet, dass sich der 41-jährige Dewender seine Ehrendoktorwürde augenscheinlich gekauft habe. Den Titel habe der Bauingenieur 2005 von der Yorkshire University erworben, die auf den Britischen Jungferninseln in der Karibik ihren Sitz habe. Und der Doktortitel der Wirtschaftswissenschaften, den Dewender im Juni 2006 an der Universität Warschau gemacht haben wollte, sei gefälscht. Das habe die Universität nach einer von dem Magazin veranlassten Überprüfung der angeblichen Doktorurkunde mitgeteilt. Als die Vorwürfe publik waren, ergriff Dewender die Flucht nach vorn und erstattete bei er Staatsanwaltschaft Anzeige gegen sich selbst wegen Titelmissbrauchs. Öffentlich bedauerte er sein Verhalten.
"Meine Motivation, das zu machen, war, dass ich mich für die Tätigkeit für den Verein beruflich nicht sehr weiterentwickeln konnte, also kaum diese Möglichkeit gehabt hätte, das zu so tun auf einem normalen Wege. Und dann diese Gelegenheit, die sich mir da bot, wo mir jemand versichert hat, das ist alles legal, alles prima, machen Sie sich keine Gedanken, das hab ich dann angenommen, und das war naiv."
Der medizinische Vorstand im Verein, Mathias Angres, der zugleich ärztlicher Direktor des Albertintenkrankenhauses in Hamburg ist, will nichts beschönigen und nichts wegdiskutieren. Er fürchtet nun, dass die lebensnotwendige Arbeit des Vereins für die afghanischen Kinder durch den Skandal gefährdet werden könnte.
"Unstrittig ist, dass unser Vereinsvorsitzender zwei Doktortitel offensichtlich zu Unrecht geführt hat. Das ist eine ganz klar juristische und auch menschliche Verfehlung, die nicht in Ordnung ist. Und das wir daraus Konsequenzen ziehen, die er auch schon gezogen hat, seine Vereinsgeschäfte ruhen. Und der Verein wird sich neu strukturieren, der Verein wird einen neuen Vorstand bekommen. Wichtig ist, dass das Projekt keinen Schaden nimmt und dass das Projekt weitergeht, dass die Menschen, die mit uns arbeiten, insbesondere die vielen Kliniknetzwerke und das ist mir in ganz vielen persönlichen Kontakten auch gelungen, dass die weiter stärker denn je hinter uns stehen und auch die vielen Gastfamilien, ohne die es gar nicht denkbar wäre."
Auch private Adoptionen rückten Dewender und die zweite Vorsitzende des Vereins, Heike Timmler, in ein ungünstiges Licht. Während der Verein bei Gasteltern strikt darauf achte, dass keine Kinder für Adoptionen in Deutschland zurückblieben, hätten Dewender und Timmler selbst Kinder aus Afghanistan adoptiert. Den Vorwurf, dass er hier mit zweierlei Maß messe, weist der Bauingenieur zurück. Die Adoptionen zweier afghanischen Jungen hätten weit vor der Gründung des Vereins stattgefunden. Zu einer Zeit, wo er noch bei einer anderen Hilfsorganisation tätig war.
"Diese Kinder haben eine angeborene Hauterkrankung und brauchen dauernde medizinische Hilfe, die es in Afghanistan nicht gibt. Ich kämpfe seit dieser Zeit um das Leben und die Gesundheit dieser Kinder."
Und der Vorwurf, der Verein habe viele afghanische Kinder nach den Klinikaufenthalten in christlichen Bekenntnisschulen in Deutschland missionieren wollen? Der sei haltlos, die Kinder seien "ganz normal" mit den Kindern der Gastfamilien in die Schule gegangen, und dies seien zum Teil Bekenntnisschulen gewesen, erklärt Vorstandsmitglied Angres.
"Fakt ist, dass kein Kind missioniert wurde. Und Fakt ist auch, dass es die Vereinssatzung gar nicht erlaubt. Wir sind vereinssatzungsgemäß eine weltanschaulich neutrale Organisation. Fakt ist aber auch, wir leben in einem christlichen Abendland und da gibt es christliche Schulen, auch mein Krankenhaus ist ein in christlicher Trägerschaft befindliches Krankenhaus, und trotzdem wird bei uns operiert und nicht missioniert."
Rückblende.17. Oktober 2007, 12 Uhr. Eine weiße Boeing 737 landete auf dem Hamburger Flughafen. Im Hangar warteten Dutzende von Journalisten, Kameraleuten und Fotografen versammelt, um die Ankunft der Kinder aus Kabul zu verfolgen. Auch Gerhard Weißschnur vom Roten Kreuz stand bereit. Der erfahrene Rettungssanitäter koordinierte den Transport der schwerverletzten Jungen und Mädchen aus Afghanistan.
"Kardiologische Fälle können in dem Aufwand, der auch nötig ist, dafür gibt es keine Kliniken dort und das heißt, das ist hier möglich. Und dass was ich ganz toll finde, dass alle Organisationen hier unter dem humanitären Gesichtspunkt sehr unkonventionell, sehr schnell und problemlos das arrangiert haben. Wir haben ja sehr kurze Zeit gehabt, das zu organisieren."
Zuerst verließen die Kinder das Flugzeug, die noch alleine gehen konnten. Helfer führten sie Gangway runter und zum Flughafenbus. Die Kinder hielten Teddies in der Hand, die meisten schauten ziemlich verstört, einige trugen traditionelle afghanische Bekleidung in leuchtend roten Farben.
Obwohl es winterlich kalt war, trugen die meisten nur Badelatschen, die Füße nackt. Einige stützten sich auf Krücken, zum Teil aus Holz gefertigt. Der medizinische Vorstand des Vereins "Kinder brauchen uns", Dr. Mathias Angres, hatte die Kinder aus Kabul abgeholt. Ihm waren die Strapazen des Fluges anzumerken.
"Wir sind zufrieden, den Kindern geht es recht gut. Wir haben drei Schwerstkranke, die sehr kritisch sind, aber sie sind stabil und sie kommen jetzt in die Universitätsklinik nach Lübeck. Wir haben nach Dringlichkeit und Chancen ausgewählt, das heißt, wir haben auch Kinder zurückgelassen, die keine Chancen hatten."
Aus Berlin war die afghanische Botschafterin in Deutschland, Maliee Solfaka, eigens nach Hamburg gekommen, um bei der Ankunft der Kinder dabei zu sein. Die Diplomatin zeigte sich gerührt von der Hilfsbereitschaft, die der Verein ihrem Volk entgegenbrachte.
"Ich glaube, dieser Weg ist um hearts und minds zu gewinnen von der afghanischen Bevölkerung, solche Schritte zu helfen von people zu people hat viele Bedeutung. Ich hoffe, dass diese Aktionen weiter durchgeführt werden."
Auch die 46-jährige Ärztin Ina und ihr Mann haben ein afghanisches Kind bei sich zu Hause aufgenommen. In ihrem Wohnzimmer baumelt eine Schaukel von der Decke - das Lieblingsspielzeug der fünfjährigen Gasttochter Oseffa für drei Monate. Ina ist derzeit nicht berufstätig, sie will Zeit für ihre sechsjährige Tochter Sarah haben. Und für ihre nun zweite Tochter Oseffa.
"Sie ist ein ganz liebes und süßes Mädchen, wir haben sie schon sehr lieb gewonnen. Sie ist sehr anhänglich bei Frauen, besonders bei mir. Als sie aus dem Krankenwagen ausgeliefert wurde, habe ich sie gleich auf den Arm genommen und seitdem konnte ich sie eigentlich immer anfassen, tragen, hochheben, drücken, knuddeln, sie lässt sich von mir eigentlich alles gefallen."
Die fremde Sprache ist für die kleine Oseffa kein Problem. Kinder lernen schnell durch Nachahmen. Ruft Sarah "Mama komm mal", macht Oseffa das einfach nach. Und zugleich lernt Sarah ein paar Worte Dari.
"Zum Beispiel: 'Kara mira bon asti' - das heißt … Mama was heißt das?"
"Du bist ein nettes Mädchen."
"Da gibt es so einige, die können auch noch afghanisch und die haben uns das auf einen Zettel aufgeschrieben, und das sagt Mama immer und jetzt weiß ich das auch auswendig. Ja heißt 'Balle' und Nein heißt 'Nee'. Manchmal sagt sie Marmelade, manchmal sagt sie Nutella. Wir haben oben so einen Einkaufsladen, da kauf ich manchmal ein, da zeig ich dann drauf, dann sag ich das Wort und dann sagt sie es nach."
Die beiden Mädchen verstehen sich gut. Oseffa hat die Operation im Albertinen-Krankenhaus gut überstanden, konstatiert der Chefkardiologe, Dr. Peter Krämer bei einer Nachuntersuchung am Ultraschallgerät.
"Hier ist der alte Defekt zu sehen. Die Aortenklappe ist nicht behindert. Normaler Druck im kleinen Kreislauf, sie hat wieder ein gesundes Herz."
Oseffa kam mit einem Herzfehler auf die Welt. In Deutschland werden solche Herzfehler schon bei den Vorsorgeuntersuchungen festgestellt und im Babyalter beseitigt. In Afghanistan gibt es diese Hilfe nicht. Dort hätte das Mädchen früher oder später daran sterben müssen.
"Sie hatte ein Loch in der Herzscheidewand, das heißt, dass die eine Herzscheidewand mit der anderen über einen Kurzschluss verbunden war. Und das führt natürlich zu einer zusätzlichen Belastung des Herzens. Und dieses Loch wurde jetzt verschlossen, jetzt arbeitet das Herz wieder völlig normal so wie es soll. Sie hat mit Sicherheit ne deutlich eingeschränkte Lebenserwartung gehabt. Ohne die Operation, wäre sie nicht sehr alt geworden. Und mit der Operation hat sie jetzt eine ganz normale Lebenserwartung."
20 afghanische Kinder wurden allein schon im Hamburger Albertintenkrankenhaus behandelt, bundesweit sind es mehr als 300 Jungen und Mädchen in über 40 Kliniken. In allen Krankenhäusern leistet das Personal Extraarbeit, um die kleinen Afghanen kostenlos behandeln zu können.
"Das ist eine relativ große Gruppe, die beteiligt ist. Das betrifft ja nicht nur die Ärzte, sondern auch die Pfleger, die Kinder müssen ja auf der Intensivstation betreut werden, man muss sie nachher auf Station wieder entsprechend versorgen. Und die Schwestern sind da vorbildlich, gehen da wirklich auf die Kinder ein. Also insgesamt sind da doch gut und gerne 30 bis 40 Leute beschäftigt, von der Seite her ist das schon ein etwas größeres Unternehmen."
Wann werden Oseffa und die anderen 60 afghanischen Kinder wieder in ihrer Heimat sein können? In Afghanistan warten die Eltern auf ihre Kinder, in Deutschland warten die Gasteltern auf den Flugtermin. Wird es nun bei Mitte Februar bleiben? In Afghanistan warten weitere Kinder, die dringend auf Hilfe angewiesen sind.
Bis zum nächsten Flug wird sich zeigen, ob die Arbeit des Hilfsvereins weiterlaufen kann. Die Verhandlungen über den Flug sind schwierig. Das Ansehen des Vereins "Kinder brauchen uns" ist stark beschädigt, das anderer Hilfsorganisationen in Mitleidenschaft gezogen worden. Besonders die Hilfsorganisationen, die nicht wie "Kinder brauchen uns" mediale Aufmerksamkeit erfuhren, haben mit starken Einbrüchen bei den Spenden zu klagen. Nicht nur deshalb fordert der Geschäftsführer der Albertinenstiftung, Albrecht Kasper, klare Konsequenzen aus dem Hochstapler-Skandal bei "Kinder brauchen uns".
"Dass noch mal alle Finanzen durchleuchtet werden, dass noch mal die Führungsstrukturen völlig neu aufgestellt werden, dass die Dezentralisierung der Betreuung der Gasteltern vorangeht, dass nicht zuletzt auch ein Büro eingerichtet worden ist, was schon läuft jetzt, das sind alles Schritte, wo wir sehen, dass der Partner "Kinder brauchen uns" sich bewegt. Und wenn das alles erfolgreich abgeschlossen ist, dann sehen wir der nächsten Luftbrücke ganz gelassen entgegen, aber das ist auch eine wichtige Voraussetzung aus unserer Sicht."
Ina, die Gastmutter von Oseffa, will sich durch die Hochstapelei des früheren Vereinsvorsitzenden von "Kinder brauchen uns", Markus Dewender, auf jeden Fall nicht von ihrem Engagement abbringen lassen.
"Also es war zunächst mal ein Schock, aber als Gasteltern, die wir die Kinder hier in Deutschland aufnehmen, sehen wir, wie den Kindern geholfen wird, wie der Verein sich bemüht, die Kinder hier in gute Krankenhäuser zu bekommen, auch bemüht ist, den Kindern die gleiche Hilfe zukommen zu lassen als wenn es das eigene Kind ist, als wenn es deutsche Kinder wären. Und das steht für mich im Vordergrund, dass den Kindern geholfen wird. Und ob da einige Leute persönliche Fehler gemacht haben, das steht für mich als Gastmutter nicht im Vordergrund, für mich ist wichtig, das den Kindern von Kabul geholfen wird."
Flughafen Hamburg. Die Maschine ist nicht gestartet. Der Hilfsflug Hamburg – Kabul wurde abgesagt. Verschoben. Die Fotos von glücklichen afghanischen Kindern, zufriedenen Gasteltern und erfolgreichen Helfern konnten nicht gemacht werden.
Wann der nächste Flug der Organisation "Kinder brauchen uns" stattfinden wird, ist noch unklar. Vielleicht am 19. Februar. Aber auch das ist nicht gewiss.
Das Gebaren des Vereinsvorsitzenden Markus Dewender hat die Organisation in heftige Turbulenzen gebracht. Der "falsche" Doktor entpuppte sich als Hochstapler. Die Hilfe für afghanische Kinder leidet darunter.
Rückblende. 16. Oktober 2007. Flughafen Hamburg Fuhlsbüttel.
In der Abflughalle wartete eine Gruppe afghanischer Kinder mit ihren Betreuern auf die Maschine, die sie in ihre Heimat nach Kabul bringen sollte. Und mit ihnen ein Tross Journalisten. Ihre Berichte über die Hilfsaktion werden bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen. Hilfe tut Not.
Die meisten Jungen und Mädchen gaben sich lustig und quicklebendig – sie, die drei Monate zuvor schwerverletzt oder todkrank in Hamburg gelandet waren. Der Verein "Kinder brauchen uns" und die Hamburger Albertinen-Stiftung hatten die Rettungsaktion ehrenamtlich organisiert. Mit privaten Spendengeldern wurde ein Flugzeug gechartert, die Luftbrücke für Kinder zwischen Deutschland und Afghanistan eingerichtet, berichtete Atiquco Cobra Erdeaner.
"Ich bin Einsatzkoordinator der Aktion 'Kinder brauchen uns e.V.', ich arbeite seit 25 Jahren für die Kinder und habe über achteinhalb Tausend Kinder aus 49 Nationen hier in Deutschland begleitet. Wir bringen 20 gesunde Kinder heute nach Kabul und im Gegenzug landen hier morgen 60 schwerverletzte und kranke Kinder."
In Deutschland wurden die Kinder kostenlos behandelt und, gesundet, wieder in ihre Heimat gebracht. Der Verein verteilt die kleinen Patienten auf über 40 Krankenhäuser, zum Beispiel Düsseldorf, Essen Freiburg, Mainz und Berlin.
In der Gruppe, die sich im Oktober vergangenen Jahres auf dem Flughafen versammelt hatte, befanden sich auch einige Gasteltern. Sybille Sulek reiste eigens aus Regensburg an, um ihren Gastsohn zum Flieger zu bringen.
"Ich hab den Rabanikan aufgenommen, der war jetzt zum dritten Mal in Deutschland, diesmal zur medizinischen Nachbehandlung. Er hatte vor fast vier Jahren eine Minenverletzung am Oberschenkel, war damals drei Monate bei uns in Bad Reichenhall im Krankenhaus, ist da behandelt worden von den Ärzten, gratis, und in der Zwischenzeit ist er sehr gesund, worüber ich sehr glücklich bin, und er geht in der Zwischenzeit, wenn er in Deutschland ist, bei uns in Pieding in die Schule und hat sehr, sehr gut Deutsch gelernt."
Der Junge steht hielt die Hand seiner Gastmutter, sie waren sich beide sehr nahe gekommen. Neun Monate war Rabanikan in Deutschland.
"Ich heiß Rabani und ich bin 14 Jahre alt, Bayern Deutschland, drei mal drei Monate, war in der Schule, neunte Klasse, in Afghanistan geh ich in die normale Realschule, zehnte Klasse."
Auch Orhan Kalem aus Dortmund war nach Hamburg geeilt. Der türkische Vater von fünf Kindern hatte zwei Gastkinder aus Afghanistan aufgenommen. Ein fünfjähriger Junge, der an der Lunge operiert werden musste, blieb zwei Jahre bei ihm. Gerne würde er, sagte Kalem, seinen beiden Gastkindern ein Studium in Deutschland ermöglichen.
"Das macht Freude, das ist unsere menschliche Aufgabe, zweitens sagt mir mein Glaube, du musst auch helfen arme Leute, du musst doch helfen. Das ist unsre Aufgabe, damit die Gerechtigkeit auf der Erde, reiche und arme Leute, wenn wir die Gerechtigkeit vergleichen, dann wird die Erde in Zukunft noch sicherer und noch besser."
Afghanistan ist das Land mit der höchsten Kindersterblichkeit weltweit. Dort arbeitet der Verein "Kinder brauchen uns" mit dem Indira-Ghandi- Krankenhaus zusammen, der einzigen Kinderklinik im ganzen Land. Andreas Timmler, im Verein für die Ausreise der Kinder zuständig, erklärte, man könnte nur so viele Kinder mitnehmen wie es Krankenhausplätze in Deutschland gebe.
"Die Kriterien sind einmal die Möglichkeiten, die wir in Deutschland haben, das heißt, Kliniken bieten uns Behandlungsplätze an für Erkrankungen oder Verletzungen. Wir haben diese Liste, wissen, wie viele Kinder wir mitnehmen können und gehen dann ins Indira Ghandi Kinderkrankenhaus in Kabul und dort werden alle Plätze wirklich belegt. Also wir könnten viel mehr Kinder mitbringen, wenn wir mehr Plätze in deutschen Kliniken hätten. Wir finden also für jeden zur Verfügung gestellten Behandlungsplatz in Deutschland auch ein Kind."
Seit zwei Jahren unterstützt die Hamburger Albertinenstiftung den Verein "Kinder brauchen uns". Mit Hilfe der Stiftung gelang es zum ersten Mal, ein eigenes Charterflugzeug zu mieten und so die Kinder direkt Kabul nach Hamburg und zurück zu bringen. Das habe mehrere Vorteile, betonte der Geschäftsführer der Albertinen-Stiftung, Albrecht Kasper.
"Durch den direkten Flug von Kabul nach Hamburg können Kinder transportiert werden, die ansonsten das Umsteigen und das Warten, das sind sechs bis sieben Stunden auf dem Flughafen in Dubai, gar nicht überstehen würden. Das zweite ist, wir müssen die Kinder ja immer mit einem medizinischen Team begleiten, das heißt, man braucht fünf bis sechs Leute, um auf Linienmaschinen zehn bis 15 Kinder maximal transportieren zu können, je nachdem, wie schlecht es denen geht. Hier können wir mit vier Ärzten und vier Krankenschwestern eben 60 Kinder aus Afghanistan nach Hamburg bringen und dann in Deutschland verteilen. Und wenn man das umrechnet, auch in den logistischen Kosten, ist es einfach ein effizienterer und sorgfältiger Umgang mit Spendenmitteln."
Hilfe tut Not, Ehrlichkeit auch. Ende 2007 geriet der Verein "Kinder brauchen uns" in die Schlagzeilen. Diesmal allerdings nicht mit Berichten über humanitäre Hilfe, sondern mit Negativ-Schlagzeilen. Markus Dewender, der Vereinsgründer, wurde als Hochstapler geoutet. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte berichtet, dass sich der 41-jährige Dewender seine Ehrendoktorwürde augenscheinlich gekauft habe. Den Titel habe der Bauingenieur 2005 von der Yorkshire University erworben, die auf den Britischen Jungferninseln in der Karibik ihren Sitz habe. Und der Doktortitel der Wirtschaftswissenschaften, den Dewender im Juni 2006 an der Universität Warschau gemacht haben wollte, sei gefälscht. Das habe die Universität nach einer von dem Magazin veranlassten Überprüfung der angeblichen Doktorurkunde mitgeteilt. Als die Vorwürfe publik waren, ergriff Dewender die Flucht nach vorn und erstattete bei er Staatsanwaltschaft Anzeige gegen sich selbst wegen Titelmissbrauchs. Öffentlich bedauerte er sein Verhalten.
"Meine Motivation, das zu machen, war, dass ich mich für die Tätigkeit für den Verein beruflich nicht sehr weiterentwickeln konnte, also kaum diese Möglichkeit gehabt hätte, das zu so tun auf einem normalen Wege. Und dann diese Gelegenheit, die sich mir da bot, wo mir jemand versichert hat, das ist alles legal, alles prima, machen Sie sich keine Gedanken, das hab ich dann angenommen, und das war naiv."
Der medizinische Vorstand im Verein, Mathias Angres, der zugleich ärztlicher Direktor des Albertintenkrankenhauses in Hamburg ist, will nichts beschönigen und nichts wegdiskutieren. Er fürchtet nun, dass die lebensnotwendige Arbeit des Vereins für die afghanischen Kinder durch den Skandal gefährdet werden könnte.
"Unstrittig ist, dass unser Vereinsvorsitzender zwei Doktortitel offensichtlich zu Unrecht geführt hat. Das ist eine ganz klar juristische und auch menschliche Verfehlung, die nicht in Ordnung ist. Und das wir daraus Konsequenzen ziehen, die er auch schon gezogen hat, seine Vereinsgeschäfte ruhen. Und der Verein wird sich neu strukturieren, der Verein wird einen neuen Vorstand bekommen. Wichtig ist, dass das Projekt keinen Schaden nimmt und dass das Projekt weitergeht, dass die Menschen, die mit uns arbeiten, insbesondere die vielen Kliniknetzwerke und das ist mir in ganz vielen persönlichen Kontakten auch gelungen, dass die weiter stärker denn je hinter uns stehen und auch die vielen Gastfamilien, ohne die es gar nicht denkbar wäre."
Auch private Adoptionen rückten Dewender und die zweite Vorsitzende des Vereins, Heike Timmler, in ein ungünstiges Licht. Während der Verein bei Gasteltern strikt darauf achte, dass keine Kinder für Adoptionen in Deutschland zurückblieben, hätten Dewender und Timmler selbst Kinder aus Afghanistan adoptiert. Den Vorwurf, dass er hier mit zweierlei Maß messe, weist der Bauingenieur zurück. Die Adoptionen zweier afghanischen Jungen hätten weit vor der Gründung des Vereins stattgefunden. Zu einer Zeit, wo er noch bei einer anderen Hilfsorganisation tätig war.
"Diese Kinder haben eine angeborene Hauterkrankung und brauchen dauernde medizinische Hilfe, die es in Afghanistan nicht gibt. Ich kämpfe seit dieser Zeit um das Leben und die Gesundheit dieser Kinder."
Und der Vorwurf, der Verein habe viele afghanische Kinder nach den Klinikaufenthalten in christlichen Bekenntnisschulen in Deutschland missionieren wollen? Der sei haltlos, die Kinder seien "ganz normal" mit den Kindern der Gastfamilien in die Schule gegangen, und dies seien zum Teil Bekenntnisschulen gewesen, erklärt Vorstandsmitglied Angres.
"Fakt ist, dass kein Kind missioniert wurde. Und Fakt ist auch, dass es die Vereinssatzung gar nicht erlaubt. Wir sind vereinssatzungsgemäß eine weltanschaulich neutrale Organisation. Fakt ist aber auch, wir leben in einem christlichen Abendland und da gibt es christliche Schulen, auch mein Krankenhaus ist ein in christlicher Trägerschaft befindliches Krankenhaus, und trotzdem wird bei uns operiert und nicht missioniert."
Rückblende.17. Oktober 2007, 12 Uhr. Eine weiße Boeing 737 landete auf dem Hamburger Flughafen. Im Hangar warteten Dutzende von Journalisten, Kameraleuten und Fotografen versammelt, um die Ankunft der Kinder aus Kabul zu verfolgen. Auch Gerhard Weißschnur vom Roten Kreuz stand bereit. Der erfahrene Rettungssanitäter koordinierte den Transport der schwerverletzten Jungen und Mädchen aus Afghanistan.
"Kardiologische Fälle können in dem Aufwand, der auch nötig ist, dafür gibt es keine Kliniken dort und das heißt, das ist hier möglich. Und dass was ich ganz toll finde, dass alle Organisationen hier unter dem humanitären Gesichtspunkt sehr unkonventionell, sehr schnell und problemlos das arrangiert haben. Wir haben ja sehr kurze Zeit gehabt, das zu organisieren."
Zuerst verließen die Kinder das Flugzeug, die noch alleine gehen konnten. Helfer führten sie Gangway runter und zum Flughafenbus. Die Kinder hielten Teddies in der Hand, die meisten schauten ziemlich verstört, einige trugen traditionelle afghanische Bekleidung in leuchtend roten Farben.
Obwohl es winterlich kalt war, trugen die meisten nur Badelatschen, die Füße nackt. Einige stützten sich auf Krücken, zum Teil aus Holz gefertigt. Der medizinische Vorstand des Vereins "Kinder brauchen uns", Dr. Mathias Angres, hatte die Kinder aus Kabul abgeholt. Ihm waren die Strapazen des Fluges anzumerken.
"Wir sind zufrieden, den Kindern geht es recht gut. Wir haben drei Schwerstkranke, die sehr kritisch sind, aber sie sind stabil und sie kommen jetzt in die Universitätsklinik nach Lübeck. Wir haben nach Dringlichkeit und Chancen ausgewählt, das heißt, wir haben auch Kinder zurückgelassen, die keine Chancen hatten."
Aus Berlin war die afghanische Botschafterin in Deutschland, Maliee Solfaka, eigens nach Hamburg gekommen, um bei der Ankunft der Kinder dabei zu sein. Die Diplomatin zeigte sich gerührt von der Hilfsbereitschaft, die der Verein ihrem Volk entgegenbrachte.
"Ich glaube, dieser Weg ist um hearts und minds zu gewinnen von der afghanischen Bevölkerung, solche Schritte zu helfen von people zu people hat viele Bedeutung. Ich hoffe, dass diese Aktionen weiter durchgeführt werden."
Auch die 46-jährige Ärztin Ina und ihr Mann haben ein afghanisches Kind bei sich zu Hause aufgenommen. In ihrem Wohnzimmer baumelt eine Schaukel von der Decke - das Lieblingsspielzeug der fünfjährigen Gasttochter Oseffa für drei Monate. Ina ist derzeit nicht berufstätig, sie will Zeit für ihre sechsjährige Tochter Sarah haben. Und für ihre nun zweite Tochter Oseffa.
"Sie ist ein ganz liebes und süßes Mädchen, wir haben sie schon sehr lieb gewonnen. Sie ist sehr anhänglich bei Frauen, besonders bei mir. Als sie aus dem Krankenwagen ausgeliefert wurde, habe ich sie gleich auf den Arm genommen und seitdem konnte ich sie eigentlich immer anfassen, tragen, hochheben, drücken, knuddeln, sie lässt sich von mir eigentlich alles gefallen."
Die fremde Sprache ist für die kleine Oseffa kein Problem. Kinder lernen schnell durch Nachahmen. Ruft Sarah "Mama komm mal", macht Oseffa das einfach nach. Und zugleich lernt Sarah ein paar Worte Dari.
"Zum Beispiel: 'Kara mira bon asti' - das heißt … Mama was heißt das?"
"Du bist ein nettes Mädchen."
"Da gibt es so einige, die können auch noch afghanisch und die haben uns das auf einen Zettel aufgeschrieben, und das sagt Mama immer und jetzt weiß ich das auch auswendig. Ja heißt 'Balle' und Nein heißt 'Nee'. Manchmal sagt sie Marmelade, manchmal sagt sie Nutella. Wir haben oben so einen Einkaufsladen, da kauf ich manchmal ein, da zeig ich dann drauf, dann sag ich das Wort und dann sagt sie es nach."
Die beiden Mädchen verstehen sich gut. Oseffa hat die Operation im Albertinen-Krankenhaus gut überstanden, konstatiert der Chefkardiologe, Dr. Peter Krämer bei einer Nachuntersuchung am Ultraschallgerät.
"Hier ist der alte Defekt zu sehen. Die Aortenklappe ist nicht behindert. Normaler Druck im kleinen Kreislauf, sie hat wieder ein gesundes Herz."
Oseffa kam mit einem Herzfehler auf die Welt. In Deutschland werden solche Herzfehler schon bei den Vorsorgeuntersuchungen festgestellt und im Babyalter beseitigt. In Afghanistan gibt es diese Hilfe nicht. Dort hätte das Mädchen früher oder später daran sterben müssen.
"Sie hatte ein Loch in der Herzscheidewand, das heißt, dass die eine Herzscheidewand mit der anderen über einen Kurzschluss verbunden war. Und das führt natürlich zu einer zusätzlichen Belastung des Herzens. Und dieses Loch wurde jetzt verschlossen, jetzt arbeitet das Herz wieder völlig normal so wie es soll. Sie hat mit Sicherheit ne deutlich eingeschränkte Lebenserwartung gehabt. Ohne die Operation, wäre sie nicht sehr alt geworden. Und mit der Operation hat sie jetzt eine ganz normale Lebenserwartung."
20 afghanische Kinder wurden allein schon im Hamburger Albertintenkrankenhaus behandelt, bundesweit sind es mehr als 300 Jungen und Mädchen in über 40 Kliniken. In allen Krankenhäusern leistet das Personal Extraarbeit, um die kleinen Afghanen kostenlos behandeln zu können.
"Das ist eine relativ große Gruppe, die beteiligt ist. Das betrifft ja nicht nur die Ärzte, sondern auch die Pfleger, die Kinder müssen ja auf der Intensivstation betreut werden, man muss sie nachher auf Station wieder entsprechend versorgen. Und die Schwestern sind da vorbildlich, gehen da wirklich auf die Kinder ein. Also insgesamt sind da doch gut und gerne 30 bis 40 Leute beschäftigt, von der Seite her ist das schon ein etwas größeres Unternehmen."
Wann werden Oseffa und die anderen 60 afghanischen Kinder wieder in ihrer Heimat sein können? In Afghanistan warten die Eltern auf ihre Kinder, in Deutschland warten die Gasteltern auf den Flugtermin. Wird es nun bei Mitte Februar bleiben? In Afghanistan warten weitere Kinder, die dringend auf Hilfe angewiesen sind.
Bis zum nächsten Flug wird sich zeigen, ob die Arbeit des Hilfsvereins weiterlaufen kann. Die Verhandlungen über den Flug sind schwierig. Das Ansehen des Vereins "Kinder brauchen uns" ist stark beschädigt, das anderer Hilfsorganisationen in Mitleidenschaft gezogen worden. Besonders die Hilfsorganisationen, die nicht wie "Kinder brauchen uns" mediale Aufmerksamkeit erfuhren, haben mit starken Einbrüchen bei den Spenden zu klagen. Nicht nur deshalb fordert der Geschäftsführer der Albertinenstiftung, Albrecht Kasper, klare Konsequenzen aus dem Hochstapler-Skandal bei "Kinder brauchen uns".
"Dass noch mal alle Finanzen durchleuchtet werden, dass noch mal die Führungsstrukturen völlig neu aufgestellt werden, dass die Dezentralisierung der Betreuung der Gasteltern vorangeht, dass nicht zuletzt auch ein Büro eingerichtet worden ist, was schon läuft jetzt, das sind alles Schritte, wo wir sehen, dass der Partner "Kinder brauchen uns" sich bewegt. Und wenn das alles erfolgreich abgeschlossen ist, dann sehen wir der nächsten Luftbrücke ganz gelassen entgegen, aber das ist auch eine wichtige Voraussetzung aus unserer Sicht."
Ina, die Gastmutter von Oseffa, will sich durch die Hochstapelei des früheren Vereinsvorsitzenden von "Kinder brauchen uns", Markus Dewender, auf jeden Fall nicht von ihrem Engagement abbringen lassen.
"Also es war zunächst mal ein Schock, aber als Gasteltern, die wir die Kinder hier in Deutschland aufnehmen, sehen wir, wie den Kindern geholfen wird, wie der Verein sich bemüht, die Kinder hier in gute Krankenhäuser zu bekommen, auch bemüht ist, den Kindern die gleiche Hilfe zukommen zu lassen als wenn es das eigene Kind ist, als wenn es deutsche Kinder wären. Und das steht für mich im Vordergrund, dass den Kindern geholfen wird. Und ob da einige Leute persönliche Fehler gemacht haben, das steht für mich als Gastmutter nicht im Vordergrund, für mich ist wichtig, das den Kindern von Kabul geholfen wird."