"Das ist grobes menschliches Versagen"
Nach Auffassung des SPD-Politikers Carsten Schneider ist noch nicht ausreichend geklärt, wer die Verantwortung für die Millionenüberweisung durch die KfW an die US-Bank Lehman Brothers trägt. Bei der jetzigen Suspendierung von zwei Vorständen und einem Bereichsleiter der KfW stelle sich die Frage, ob hier "Bauernopfer" gefunden worden seien, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Hanns Ostermann: Carsten Schneider ist jetzt am Telefon von Deutschlandradio Kultur, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Guten Morgen, Herr Schneider.
Carsten Schneider: Guten Morgen! Ich grüße Sie!
Ostermann: Sie sind gelernter Bankkaufmann. War das überzeugend, was Sie gestern vom Chef der KfW gehört haben, von Ulrich Schröder?
Schneider: Nun ja. Meine Fragen, die insbesondere die Verantwortung für die Überweisung an Lehman betreffen, sind noch nicht endgültig beantwortet. Es hat da ja erste Entscheidungen gegeben, zwei Vorstände und einen Bereichsleiter zu suspendieren. Ich halte das auch für zwingend, dass man bei so einem Fehler so handelt. Die Lehman Brothers waren die ganze Woche vorher in den Schlagzeilen gewesen. Die Aktie ist um 80 Prozent eingestürzt und übers Wochenende war klar, die US-Regierung springt nicht ein. Da muss auch ein Bankchef sich fragen, sind wir da eigentlich engagiert und wie hoch ist unser Obligo. Das ist nicht geschehen und das sind Fehler, die jetzt eben auch nach Antworten rufen.
Ostermann: Welche Fragen sind da im Einzelnen nicht beantwortet, denn man hört aus anderer Ecke, dass Ulrich Schröder durchaus eine gute Figur abgegeben habe? Was ist insbesondere offen aus Ihrer Sicht?
Schneider: Für mich ist der Verantwortungsbereich, den auch Herr Schröder verantwortet, das Kapitalmarktgeschäft, eine Frage, in den insbesondere die Bewertung auch von Lehman Brothers fällt. Das ist für mich jetzt nicht schlussendlich geklärt. Ich werde dazu auch noch mal sehr exakte schriftliche Fragen formulieren und hoffe, bis zur nächsten Ausschuss-Sitzung dazu auch Auskunft zu bekommen und dann kann man Konsequenzen daraus ziehen.
Ostermann: Eine der entscheidenden Fragen ist ja auch, reicht die Aufsicht durch den Bundesfinanzminister? Hat die in diesem Fall nicht auch versagt?
Schneider: Na ja, das gesamte Beteiligungs-Management des Bundes gehört sicherlich auf den Prüfstand. Aber ich sage mal, bei der Fehlüberweisung – das ist ja Tagesgeschäft; da sind ja Tausende Überweisungen an dem Tag rausgegangen zur Absicherung dieses Wops – kann man weder dem Bundesfinanzminister, noch dem Wirtschaftsminister einen Vorwurf machen, dass die Bank da einfach dämlich gehandelt hat. Das ist grobes menschliches Versagen, aber das kann man jetzt nicht der Politik in die Schuhe schieben. Jetzt müssen auch diejenigen, die dafür gut bezahlt in den Vorständen sitzen, dafür Verantwortung tragen.
Ostermann: Trotzdem gibt es natürlich die politische Forderung jetzt, unter anderem auch durch Vertreter des Bundesrechnungshofes, die Kontrolle durch die Bankenaufsicht BaFin. Was würde sich da eigentlich ändern?
Schneider: Das hat der Rechnungshof nicht erhoben, sondern da ging es vor allen Dingen um interne Kontrollen, was das Risiko-Management betrifft. Aber die BaFin-Kontrolle bedeutet normale Kapitalmarktgeschäfte, also das Aufnehmen von Geld, die Risikosteuerung etc., wie das generell bei Banken der Fall ist. Das müsste auch für die KfW gelten. Allerdings ich mache dort eine Einschränkung, insbesondere was den Bereich des Fördergeschäfts betrifft. Die KfW ist ja keine normale Bank. Sie soll auch keine normale Bank werden, sondern sie hat einen Förderauftrag des Bundes, die Wirtschaft zu stimulieren, für ökologische Gebäudesanierung zu sorgen und Studienkredite herauszugeben. Das bedarf nicht der Kontrolle über die BaFin, weil letztendlich dadurch auch unsere Möglichkeiten, die Volumina, die wir politisch ja auch wollen, zu generieren. Aber ich sage mal die normalen Geldmarktgeschäfte, da müsste die KfW auch von der BaFin kontrolliert werden.
Ostermann: Sind diese Aufgaben der Staatsbank wirklich so klar definiert, wie Sie es gerade gesagt haben? Sie ist zwar eine staatliche Förderbank, aber ihre Tochter konkurriert im Ausland mit Privatbanken. Also sind da nicht irgendwo klare Grenzen bereits verwischt?
Schneider: Na ja. Sie sprechen die IPEX an. Das ist eine Tochter, die zum 01. 01. 2008 ausgegliedert wurde, die insbesondere auch Infrastrukturentwicklung macht und damit auch einer der deutlichen Ertragsbringer der KfW ist. Ich bin der Auffassung, dass wir in einer Übergangszeit diese auch noch bei der KfW belassen und insgesamt eine Konsolidierung durchführen. Was die mittelfristige Ausrichtung betrifft, darüber kann man sicherlich auch noch mal nachdenken.
Ostermann: Sie haben es eben in dem Bericht gehört. Es gibt durchaus Forderungen eines Untersuchungsausschusses. Würde da mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
Schneider: Untersuchungsausschüsse dienen eigentlich selten der Aufklärung, sondern sind politische Kampfinstrumente, um die Regierung vor sich herzutreiben. Es ist das gute Recht der Opposition. Wenn sie sich einig sind, können sie das machen. Ich erwarte davon aber nicht, dass es letztendlich zu einer Sachverhaltsaufklärung kommt, weil das ist im Großen und Ganzen eigentlich alles schon gegeben. Ich habe in der Geheimschutzstelle auch alle Unterlagen dazu eingesehen. Da kann man auch Rückfragen stellen und das können wir auch normal im Haushaltsausschuss machen.
Ostermann: Finanzminister Steinbrück will heute zur aktuellen Situation eine Regierungserklärung abgeben. Rechnen Sie da mit einer klaren Aussage, wie die Verluste bei der KfW ausgeglichen werden sollen?
Schneider: Nein. Das ist auch noch zu früh. Die KfW hat im vorigen Jahr einen Verlust gemacht und in diesem Jahr muss man wohl davon ausgehen, dass das wieder der Fall ist, insbesondere auch wegen dem Engagement bei Lehman Brothers und den damit verbundenen Abschreibungen. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder werden wir einen Bundeszuschuss erhöhen, was ich ausschließe, oder die KfW muss das selbst über die nächsten Jahre erwirtschaften, und ich vermute mal, da wird es hingehen.
Ostermann: Sie haben gesagt, dass Sie noch einmal die gestrigen Sitzungen nacharbeiten werden und entsprechende Fragen auch schriftlich richten werden. Heißt das durchaus, dass es dem Chef der KfW möglicherweise an den Kragen gehen kann?
Schneider: Mir geht es hier nicht um Personen, sondern es geht um persönliche Verantwortung. Das ist für mich nicht abschließend geklärt. Es kann nicht sein, dass jetzt zwei oder drei Bauernopfer gefunden wurden. Ich will wirklich exakt wissen, wer für diesen Risikobereich, wer aber auch für das Kapitalmarktgeschäft die Verantwortung getragen hat, und auch, welche Frage man sich selbst gestellt hat. Man muss da ja einfach nur mit ein bisschen gesundem Menschenverstand nachdenken. Wenn ich Chef einer Bank bin und da geht eine andere pleite, die groß ist, eine der größten Investmentbanken, dann würde ich mich zumindest fragen, haben wir da was, sind wir engagiert oder nicht. All diese Fragen sind übers Wochenende nicht gestellt worden. Von daher ist die Verantwortung für mich noch nicht letztendlich geklärt. Und wenn man weiß, dass der Bereichsleiter zu der Zeit im Urlaub war, der jetzt geschasst wurde, dann stellt sich schon die Frage, ob hier nur ein Bauernopfer gefunden wurde.
Ostermann: Carsten Schneider war das, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Herr Schneider, danke für das Gespräch heute Früh.
Schneider: Danke Ihnen!
Carsten Schneider: Guten Morgen! Ich grüße Sie!
Ostermann: Sie sind gelernter Bankkaufmann. War das überzeugend, was Sie gestern vom Chef der KfW gehört haben, von Ulrich Schröder?
Schneider: Nun ja. Meine Fragen, die insbesondere die Verantwortung für die Überweisung an Lehman betreffen, sind noch nicht endgültig beantwortet. Es hat da ja erste Entscheidungen gegeben, zwei Vorstände und einen Bereichsleiter zu suspendieren. Ich halte das auch für zwingend, dass man bei so einem Fehler so handelt. Die Lehman Brothers waren die ganze Woche vorher in den Schlagzeilen gewesen. Die Aktie ist um 80 Prozent eingestürzt und übers Wochenende war klar, die US-Regierung springt nicht ein. Da muss auch ein Bankchef sich fragen, sind wir da eigentlich engagiert und wie hoch ist unser Obligo. Das ist nicht geschehen und das sind Fehler, die jetzt eben auch nach Antworten rufen.
Ostermann: Welche Fragen sind da im Einzelnen nicht beantwortet, denn man hört aus anderer Ecke, dass Ulrich Schröder durchaus eine gute Figur abgegeben habe? Was ist insbesondere offen aus Ihrer Sicht?
Schneider: Für mich ist der Verantwortungsbereich, den auch Herr Schröder verantwortet, das Kapitalmarktgeschäft, eine Frage, in den insbesondere die Bewertung auch von Lehman Brothers fällt. Das ist für mich jetzt nicht schlussendlich geklärt. Ich werde dazu auch noch mal sehr exakte schriftliche Fragen formulieren und hoffe, bis zur nächsten Ausschuss-Sitzung dazu auch Auskunft zu bekommen und dann kann man Konsequenzen daraus ziehen.
Ostermann: Eine der entscheidenden Fragen ist ja auch, reicht die Aufsicht durch den Bundesfinanzminister? Hat die in diesem Fall nicht auch versagt?
Schneider: Na ja, das gesamte Beteiligungs-Management des Bundes gehört sicherlich auf den Prüfstand. Aber ich sage mal, bei der Fehlüberweisung – das ist ja Tagesgeschäft; da sind ja Tausende Überweisungen an dem Tag rausgegangen zur Absicherung dieses Wops – kann man weder dem Bundesfinanzminister, noch dem Wirtschaftsminister einen Vorwurf machen, dass die Bank da einfach dämlich gehandelt hat. Das ist grobes menschliches Versagen, aber das kann man jetzt nicht der Politik in die Schuhe schieben. Jetzt müssen auch diejenigen, die dafür gut bezahlt in den Vorständen sitzen, dafür Verantwortung tragen.
Ostermann: Trotzdem gibt es natürlich die politische Forderung jetzt, unter anderem auch durch Vertreter des Bundesrechnungshofes, die Kontrolle durch die Bankenaufsicht BaFin. Was würde sich da eigentlich ändern?
Schneider: Das hat der Rechnungshof nicht erhoben, sondern da ging es vor allen Dingen um interne Kontrollen, was das Risiko-Management betrifft. Aber die BaFin-Kontrolle bedeutet normale Kapitalmarktgeschäfte, also das Aufnehmen von Geld, die Risikosteuerung etc., wie das generell bei Banken der Fall ist. Das müsste auch für die KfW gelten. Allerdings ich mache dort eine Einschränkung, insbesondere was den Bereich des Fördergeschäfts betrifft. Die KfW ist ja keine normale Bank. Sie soll auch keine normale Bank werden, sondern sie hat einen Förderauftrag des Bundes, die Wirtschaft zu stimulieren, für ökologische Gebäudesanierung zu sorgen und Studienkredite herauszugeben. Das bedarf nicht der Kontrolle über die BaFin, weil letztendlich dadurch auch unsere Möglichkeiten, die Volumina, die wir politisch ja auch wollen, zu generieren. Aber ich sage mal die normalen Geldmarktgeschäfte, da müsste die KfW auch von der BaFin kontrolliert werden.
Ostermann: Sind diese Aufgaben der Staatsbank wirklich so klar definiert, wie Sie es gerade gesagt haben? Sie ist zwar eine staatliche Förderbank, aber ihre Tochter konkurriert im Ausland mit Privatbanken. Also sind da nicht irgendwo klare Grenzen bereits verwischt?
Schneider: Na ja. Sie sprechen die IPEX an. Das ist eine Tochter, die zum 01. 01. 2008 ausgegliedert wurde, die insbesondere auch Infrastrukturentwicklung macht und damit auch einer der deutlichen Ertragsbringer der KfW ist. Ich bin der Auffassung, dass wir in einer Übergangszeit diese auch noch bei der KfW belassen und insgesamt eine Konsolidierung durchführen. Was die mittelfristige Ausrichtung betrifft, darüber kann man sicherlich auch noch mal nachdenken.
Ostermann: Sie haben es eben in dem Bericht gehört. Es gibt durchaus Forderungen eines Untersuchungsausschusses. Würde da mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
Schneider: Untersuchungsausschüsse dienen eigentlich selten der Aufklärung, sondern sind politische Kampfinstrumente, um die Regierung vor sich herzutreiben. Es ist das gute Recht der Opposition. Wenn sie sich einig sind, können sie das machen. Ich erwarte davon aber nicht, dass es letztendlich zu einer Sachverhaltsaufklärung kommt, weil das ist im Großen und Ganzen eigentlich alles schon gegeben. Ich habe in der Geheimschutzstelle auch alle Unterlagen dazu eingesehen. Da kann man auch Rückfragen stellen und das können wir auch normal im Haushaltsausschuss machen.
Ostermann: Finanzminister Steinbrück will heute zur aktuellen Situation eine Regierungserklärung abgeben. Rechnen Sie da mit einer klaren Aussage, wie die Verluste bei der KfW ausgeglichen werden sollen?
Schneider: Nein. Das ist auch noch zu früh. Die KfW hat im vorigen Jahr einen Verlust gemacht und in diesem Jahr muss man wohl davon ausgehen, dass das wieder der Fall ist, insbesondere auch wegen dem Engagement bei Lehman Brothers und den damit verbundenen Abschreibungen. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder werden wir einen Bundeszuschuss erhöhen, was ich ausschließe, oder die KfW muss das selbst über die nächsten Jahre erwirtschaften, und ich vermute mal, da wird es hingehen.
Ostermann: Sie haben gesagt, dass Sie noch einmal die gestrigen Sitzungen nacharbeiten werden und entsprechende Fragen auch schriftlich richten werden. Heißt das durchaus, dass es dem Chef der KfW möglicherweise an den Kragen gehen kann?
Schneider: Mir geht es hier nicht um Personen, sondern es geht um persönliche Verantwortung. Das ist für mich nicht abschließend geklärt. Es kann nicht sein, dass jetzt zwei oder drei Bauernopfer gefunden wurden. Ich will wirklich exakt wissen, wer für diesen Risikobereich, wer aber auch für das Kapitalmarktgeschäft die Verantwortung getragen hat, und auch, welche Frage man sich selbst gestellt hat. Man muss da ja einfach nur mit ein bisschen gesundem Menschenverstand nachdenken. Wenn ich Chef einer Bank bin und da geht eine andere pleite, die groß ist, eine der größten Investmentbanken, dann würde ich mich zumindest fragen, haben wir da was, sind wir engagiert oder nicht. All diese Fragen sind übers Wochenende nicht gestellt worden. Von daher ist die Verantwortung für mich noch nicht letztendlich geklärt. Und wenn man weiß, dass der Bereichsleiter zu der Zeit im Urlaub war, der jetzt geschasst wurde, dann stellt sich schon die Frage, ob hier nur ein Bauernopfer gefunden wurde.
Ostermann: Carsten Schneider war das, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Herr Schneider, danke für das Gespräch heute Früh.
Schneider: Danke Ihnen!