"Das ist einmalig und sehr mutig"

Moderation: Nana Brink · 30.04.2013
Der israelische Diplomat Avi Primor, ein enger Freund der niederländischen Königsfamilie, bewundert Königin Beatrix für ihren Mut, freiwillig abzudanken. Ihren Sohn und Nachfolger Willem Alexander habe sie gründlich auf seine neue Aufgabe vorbereitet.
Nana Brink: Sie hat ihre Sache gut gemacht, so die einhellige Meinung über Königin Beatrix von den Niederlanden. Heute übergibt sie das Zepter an ihren Sohn Willem-Alexander, den ersten Mann übrigens seit 123 Jahren auf dem niederländischen Thron. Und ganz Holland sieht heute natürlich orange, seit gestern Abend wird gefeiert und auch bei uns wird wohl der ein oder andere den Fernseher einschalten.

Avi Primor, in den 90er-Jahren israelischer Botschafter in Deutschland, ist ein enger Freund der Familie, schönen guten Morgen, Herr Primor!

Avi Primor: Schönen guten Morgen!

Brink: Was geht Ihnen in diesen Momenten durch den Kopf?

Primor: Ja, ich bewundere die Königin, die Königin Beatrix, die so eine Entscheidung getroffen hat, die so mutig war, die verstanden hat, dass das für das Land und auch für das Königreich so wichtig ist, und hat sich ein bisschen, kann man so sagen, geopfert. Aber die hat auch ihren Sohn ganz, ganz grundsätzlich für diesen Posten vorbereitet.

Brink: Warum meinen Sie, dass sie sich geopfert hat?

Primor: Weil es so bequem ist, Königin zu bleiben. Gucken Sie sich alle anderen Monarchen weltweit an, es gibt keinen anderen Monarchen, der abdankt, noch so alt kann er sein. Es gibt zwar jetzt ein Vorbild vielleicht, das ist das Vorbild des Papstes, das ist auch einmalig, kann man sagen, in der Geschichte, freiwillig abzudanken. Aber so wie die Königin in Holland das macht, und sorgfältig vorbereitet, damit alles genau passt und damit der neue König vorbereitet ist und das die Bevölkerung mitmacht, das ist schon einmalig und sehr mutig.

Brink: Sie kennen sie ja privat, hinter der Fassade. Die Fassade haben wir zumindest in Deutschland immer so wahrgenommen, wie eine Zeitung – das fand ich ganz treffend – titelte: Die Helmfrisur mit Krone, so eine Art Managerin der Holland-AG. Wie haben Sie sie wahrgenommen oder nehmen sie wahr?

Primor: Also, ich habe sie viel mehr wahrgenommen im privaten Leben, hinter den Kulissen. Ich habe sie kennengelernt und als ich gehört habe, dass sie sehr streng wäre, dass sie auf Protokoll sehr viel Wert legt und darauf achtet … Und als ich sie getroffen habe, hat sie mich sofort beim Vornamen genannt und hat sich selber beim Vornamen vorgestellt, sodass ich überhaupt keine Hemmungen und kein Dilemma hatte.

Und tatsächlich, hinter den Kulissen, im Privaten ist sie ein sehr einfacher Mensch und vor allem sehr liebenswürdig ohne weiteres. Sie kocht alleine, wenn man unter Freunden ist, dient sie selber zu Tisch, während sie vor der Öffentlichkeit sehr auf Etikette achtet. Also, sie weißt zu unterscheiden zwischen dem privaten Menschen und zwischen der Pflicht des Landes und der Nation.

Brink: Und hat sie Sie gut bekocht?

Primor: Sehr gut gekocht, ja, weil sie darauf achtet. Ihr Problem ist nur, dass sie immer auf ihr Gewicht achten muss, weil sie eben so sehr gut kochen kann, viel besser, als alle Köche, die sie hat.

Brink: Das ist wahrscheinlich ein Problem, was nicht die Königin alleine hat.

Primor: Ja, stimmt!

Brink: Kommen wir zum Sohn, den Sie auch gut kennen. Was wird er anders machen als seine Mutter, wird er es anders machen?

Primor: Also, bei ihm, glaube ich, wird es ein bisschen gelassener sein, ich meine jetzt die offizielle Sache. Er ist auch im Privaten sehr gelassen und sehr freundlich. Er ist überhaupt ein Mensch, der normalerweise sehr gute Laune hat, er ist immer gut gelaunt, er ist fröhlich, er macht gerne Scherze.

Nicht, dass er nicht ernst ist, er ist sehr ernst, er kann sehr ernsthaft arbeiten und er studiert auch alles sehr, sehr sorgfältig. Wissen Sie, er hat sich mit internationalen Wasserproblemen beschäftigt und ich habe mit unseren Experten gesprochen in Israel, wo wir sehr viel Wert auf Wasserprobleme legen, und die sagen, dass der Prinz einer der größten Experten weltweit in Sachen Wasser und Wasserentwicklung ist.

Also, er kann die Sachen sehr, sehr ernst nehmen, aber gleichzeitig in seinem Alltag, in seinem Privatleben ist er sehr gelassen und sehr fröhlich und immer gut gelaunt und lächelt sehr viel.

Brink: Mit der Eheschließung mit Máxima also ist ja auch sozusagen ein Problem wieder auf die Tagesordnung gekommen, das ja auch schon seine Mutter hatte, seine Mutter Beatrix heiratete den Deutschen Klaus von Amsberg, den Moff, wie man damals gesagt hat. Also, die Niederländer waren ja sehr sensibel oder sind sehr sensibel. Ist das nun erledigt, das Problem?

Primor: Das ist so interessant, dass die Mutter, die Königin Beatrix, gegen alle gekämpft hat, um Claus heiraten zu dürfen, gegen ihre Mutter, gegen die Familie, gegen die Regierung, gegen die Bevölkerung, gegen die öffentliche Meinung, weil Claus eben ein Deutscher war, sogar ein Soldat in der Wehrmacht – ganz am Ende des Krieges, aber dennoch –, und damals wollten die Holländer das gar nicht wahrnehmen. Sie hat es aber durchgesetzt und hat es durchgesetzt so, dass sie die Leute von Claus auch überzeugen konnte. Das war nicht erzwungen letzten Endes.

Und Alexander hat das Ganze wiederholt. Allerdings gegen Beatrix, die die Máxima nicht haben wollte und heute am engsten mit ihr befreundet ist. Also, das ist eine Art der Familie, die Leute zu beschwichtigen, die Leute zu überzeugen, die Leute mit Gutem zu überzeugen.

Brink: Ist die Monarchie unumstritten in den Niederlanden?

Primor: Heute schon, ja, heute ist sie sehr beliebt. Genau wie Claus so sehr beliebt geworden ist, weil sie genau verstanden hat, wie man mit den Leuten umgehen soll, und dass sie auch verstanden hat, die Leute davon zu überzeugen, dass, was ihr Vater getan hat, mit ihr nichts zu tun hat. Sie ist ein Mensch für sich und man soll sie bewerten, wie sie ist, und nicht, was ihr Vater getan hat.

Brink: Für uns ist es ja immer interessant zu gucken in Länder, die Königshäuser haben, was denn sozusagen das ausmacht, warum hat man das noch. Welche Antwort würden Sie geben in Hinblick auf Holland?

Primor: Ich glaube, dass die Leute ein Symbol brauchen. Schauen Sie, auch wo es keine Monarchie gibt, wo es eine Republik gibt, wollen die Leute ein Staatsoberhaupt haben. Warum hat Deutschland einen Bundespräsidenten, warum hat Israel einen Staatspräsidenten, obwohl wir eine Regierung haben und einen Regierungschef, der wirklich der Chef der Exekutive ist?

Die Menschen brauchen jemand, der sie beruhigt, jemand, der sie zuversichtlich macht, jemand, mit dem sie sprechen können über die Politik hinaus und von ihm gelotst werden. Und in diesem Sinne hat der Monarch eine sehr große Verantwortung und ich glaube, dass Alexander das sehr gut machen wird, genau wie Beatrix es so gut gemacht hat.

Brink: Avi Privor, enger Freund des niederländischen Königshauses. Vielen Dank, dass Sie mit uns gesprochen haben!

Primor: Gerne, schönen Tag für Sie!

Brink: Ja, tschüss!


Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Prinz Willem-Alexander Claus George Ferdinand van Oranje-Nassau mit seiner Gattin Máxima
Prinz Willem-Alexander Claus George Ferdinand van Oranje-Nassau mit seiner Gattin Máxima© picture alliance / dpa - Patrick van Katwijk
Mehr zum Thema