"Das ist eine kollektive Zäsur"

15.03.2011
Der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg will trotz der derzeitigen Atomkatastrophe gemeinsam mit seiner Frau nach Japan reisen. Der Sohn des Literaten lebt in der Hauptstadt Tokio.
Am Dienstagabend sagte Muschg im Deutschlandradio Kultur: "Es ist ein so wichtiger und einschneidender Augenblick, dass ich nicht nur Fernsehzuschauer bleiben möchte." Dies sei keine Situation, "wo man die Japaner allein lässt." Muschg äußerte Bewunderung für die Haltung der Japaner, von deren Umgang mit Grenzsituationen "wir uns alle noch eine Scheibe abschneiden können." In Japan sei mehr als anderswo auch in der jetzigen schwierigen Situation "noch viel davon übrig, was ich Kultur des Alltags nennen möchte."

Danach gefragt, ob die Industrieländer angesichts der Katastrophe in Japan ihr wirtschafts- und wachstumsorientierte Denken in Frage stellen müssten, sagte Muschg: "Die Entwicklung ist absehbar, auf die wir zusteuern. Und wenn wir nicht ganz gründlich unser Wertesystem revidieren – und zwar nicht nur in Diskussionen und Talkshows, sondern im persönlichen und privaten Leben - ... dann geht es 'zu bösen Häusern', wie es im alten Sprichwort heißt. Und das Warnsignal kam, es klingt vielleicht ein wenig zynisch, vielleicht zur rechten Zeit."