"Das ist der einzige Weg, der uns im Moment helfen kann"
Karstadt-Geschäftsführer und Arcandor-Vorstandsmitglied Stefan Herzberg hat sich optimistisch gezeigt, dass der Mutterkonzern Arcandor eine Staatsbürgschaft erhalten könnte. Herzberg sagte, das Unternehmen habe ein überzeugendes Konzept vorgelegt und führe konstruktive Gespräche. Er machte deutlich, dass Arcandor seine Probleme im vergangenen Jahr noch selbst habe lösen können. Die Staatsbürgschaft sei nun erst wegen der Kapitalmarktkrise nötig geworden.
Hanns Ostermann: Nicht die Lautstärke des Rufens darf entscheidend sein, sondern das Einhalten bestimmter Kriterien. Der Bundeswirtschaftsminister meint das immer wieder, Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Deutschlandfonds soll Firmen helfen, die wegen der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten sind, aber zählt nach Opel auch der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor dazu? Am kommenden Montag soll der entsprechende Lenkungsausschuss entscheiden. Dabei hofft Stefan Herzberg sicher auf grünes Licht. Er ist Geschäftsführer von Karstadt, außerdem Vorstandsmitglied von Arcandor. Guten Morgen, Herr Herzberg!
Stefan Herzberg: Guten Morgen, Herr Ostermann!
Ostermann: Insgesamt mehr als 1100 Firmen wollen öffentliche Gelder oder Bürgschaften. Was unterscheidet Ihren Fall von dem zig anderer?
Herzberg: Herr Ostermann, wir konnten im letzten Jahr noch unsere Probleme selber lösen, aber durch die Kapitalmarktkrise, die auch unsere finanzierenden Banken getroffen hat, sind wir jetzt nicht mehr in der Lage, das alleine zu machen. Unsere Banken haben uns ganz klar gesagt, sie brauchen, um uns weiter begleiten zu können, eine Staatsbürgschaft.
Ostermann: Sie haben einen Engpass, aber Sie müssen doch auch zugeben, die Fehler, die sind von Ihnen vorher bereits gemacht worden, es sind klassische Managementfehler gewesen.
Herzberg: Also es macht sicherlich keinen Sinn, Herr Ostermann, mit festem Blick in den Rückspiegel nach vorne zu fahren. Was ich eben gesagt habe, gilt. Wir haben hier eine Situation, die uns durch die Finanzkrise vom Kapitalmarkt abschneidet. Wir konnten vorher die Probleme selber lösen, jetzt durch den mangelnden Zugang zum Kapitalmarkt sind wir dazu nicht in der Lage - und das verbindet uns auch mit anderen Firmen.
Ostermann: Der Blick in den Rückspiegel ist hin und wieder ja doch wichtig, was die Sicherheit im Verkehr betrifft. Haben Sie da nicht die Sorge, dass letztlich auch durch dieses Beispiel Brandmauern schlichtweg fallen und Sie damit Tür und Tor öffnen auch für andere Beispiele?
Herzberg: Nein, ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass unser Antrag jetzt im interministeriellen Bürgschaftsausschuss ganz normal nach allen sachlichen Kriterien geprüft wird. Wir haben ein gutes und überzeugendes Konzept dort vorgelegt, wir führen dort konstruktive Gespräche. Und ich glaube, dass die letzte Woche auch deutlich gemacht hat, dass unsere Mitarbeiter ein gewisses Urvertrauen auch in die Politik haben und wir glauben auch, dass wir objektiv und fair dort behandelt werden.
Ostermann: Aber warum soll der Staat helfen, wenn die Eigentümer doch offensichtlich noch über ausreichende Mittel verfügen? So heißt es jedenfalls, Schickedanz ist ein Beispiel oder auch die Bank Sal. Oppenheim. Die sind doch milliardenschwer oder täuscht der Eindruck?
Herzberg: Unsere Gesellschafter Sal. Opp. und auch Schickedanz engagieren sich in einem wirklich vorbildlichen Maße und prüfen im Moment auch weiteres Engagement. Das heißt nicht nur Belegschaft, nicht nur Management, nicht nur ver.di, Betriebsräte und die Gesellschafter üben hier den Schulterschluss, sondern auch die über 800.000 Kunden, die uns jetzt schon gesagt haben per Unterschrift, dass hier Karstadt bleiben soll.
Ostermann: Ja, Sie sprechen auf die Unterschriften an. Man könnte ja schon sagen, dass hier auch Wahlkampf gemacht wird, oder würden Sie das völlig leugnen?
Herzberg: Nein, das muss ich so zurückweisen. Was im Moment passiert, ist, dass viele Kunden realisieren, dass sie ein echtes Vermissenserlebnis hätten, wenn Karstadt nicht mehr da wäre. Wir sind seit 1881 in Deutschland, und die Kunden bitten uns, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, sich zu artikulieren, sich in Listen einzutragen. Ich habe das selber in der letzten Woche erlebt. Hier in Berlin habe ich selber Unterschriften gesammelt. Und dieses Sammeln muss man in Anführungszeichen setzen. Man muss gar nicht sammeln. Die Kunden fragen danach, wo sie sich eintragen können.
Ostermann: Gleichwohl möchte ich noch mal nachfragen: Weshalb könnte die finanzielle Hilfe des Staates der günstigere Weg sein? Welche Rechnung machen Sie da eigentlich auf, Herr Herzberg?
Herzberg: Das ist der einzige Weg, der uns im Moment helfen kann. Wie gesagt, wir sind abgeschnitten vom Kapitalmarkt, das ist eine Sondersituation, die hat’s in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben. Wir alle kennen die Kapitalmarktkrise, die mit einer unheimlichen Geschwindigkeit auch auf unsere Wirtschaft einwirkt. Insoweit bin ich ganz froh, dass der Staat die Möglichkeit geschaffen hat, mit dem Deutschlandfonds Firmen, die von diesem Kapitalmarkt abgeschnitten sind, zu helfen - und ich glaube auch, dass wir dafür qualifiziert sind.
Ostermann: Und die Gegenrechnung würde bedeuten, dass öffentliche Gelder in anderem Zusammenhang ausgegeben würden?
Herzberg: Nein, ich glaube, wenn Sie sich anschauen, dass wenn wir in die Insolvenz gehen müssten, über 50.000 Biografien unserer Mitarbeiter gebrochen werden, über 100.000 Familienangehörige einer ungewissen Zukunft überantwortet werden, dass es Anschlussinsolvenzen von Zulieferern gibt und eine Verödung deutscher Innenstädte, dann ist es schon wichtig, dass man hier eine Hilfsmöglichkeit hat. Darüber hinaus sind 70 Prozent unserer Arbeitsplätze Frauen. Wir haben 1600 Auszubildende und 614 Mitarbeiter von uns sind über 40 Jahre im Unternehmen. Das ist schon eine wirklich gute Basis, und wir sind auch, was Karstadt betrifft und auch Primondo betrifft, auf nem guten Weg.
Ostermann: Und trotzdem sprechen Andere, auch namhafte Politiker von der Gefahr eines Dammbruches. Wo ziehen Sie eigentlich die Grenzen, was die Inanspruchnahme öffentlicher Gelder betrifft? Müssen da 20.000 Arbeitsplätze gefährdet sein oder 30.000?
Herzberg: Nein, ich will zunächst mal sagen, dass die 25.000 Arbeitsplätze von Opel genauso wichtig sind wie die 50.000 von Arcandor. Die Bundesregierung hat ja über den Deutschlandfonds bestimmte Kriterien eröffnet, und diese Kriterien, die muss man eben erfüllen. Und wir sind, wie gesagt, in sehr konstruktiven Gesprächen mit dem interministeriellen Bürgschaftsausschuss. Und ich bin da wirklich hoffnungsfroh, dass wir mit unserem Konzept dort überzeugen können.
Ostermann: Damit sind Sie der Frage elegant ausgewichen. Wo ist die Grenze?
Herzberg: Die Grenze wird vom Ausschuss gesetzt. Die Grenze wird von der Bundesregierung gesetzt. Da gibt’s diese Kriterien. Und wie ich schon sagte, wir sind ganz sicher, dass wir diese Kriterien auch wie andere Firmen erfüllen.
Ostermann: Herr Herzberg, danke Ihnen für das Gespräch heute früh!
Herzberg: Danke Ihnen, Herr Ostermann!
Ostermann: Stefan Herzberg war das, der Geschäftsführer von Karstadt, außerdem ist er Vorstandsmitglied des Mutterkonzerns Arcandor.
Das Interview mit Stefan Herzberg können Sie mindestens bis zum 3. November 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.
Stefan Herzberg: Guten Morgen, Herr Ostermann!
Ostermann: Insgesamt mehr als 1100 Firmen wollen öffentliche Gelder oder Bürgschaften. Was unterscheidet Ihren Fall von dem zig anderer?
Herzberg: Herr Ostermann, wir konnten im letzten Jahr noch unsere Probleme selber lösen, aber durch die Kapitalmarktkrise, die auch unsere finanzierenden Banken getroffen hat, sind wir jetzt nicht mehr in der Lage, das alleine zu machen. Unsere Banken haben uns ganz klar gesagt, sie brauchen, um uns weiter begleiten zu können, eine Staatsbürgschaft.
Ostermann: Sie haben einen Engpass, aber Sie müssen doch auch zugeben, die Fehler, die sind von Ihnen vorher bereits gemacht worden, es sind klassische Managementfehler gewesen.
Herzberg: Also es macht sicherlich keinen Sinn, Herr Ostermann, mit festem Blick in den Rückspiegel nach vorne zu fahren. Was ich eben gesagt habe, gilt. Wir haben hier eine Situation, die uns durch die Finanzkrise vom Kapitalmarkt abschneidet. Wir konnten vorher die Probleme selber lösen, jetzt durch den mangelnden Zugang zum Kapitalmarkt sind wir dazu nicht in der Lage - und das verbindet uns auch mit anderen Firmen.
Ostermann: Der Blick in den Rückspiegel ist hin und wieder ja doch wichtig, was die Sicherheit im Verkehr betrifft. Haben Sie da nicht die Sorge, dass letztlich auch durch dieses Beispiel Brandmauern schlichtweg fallen und Sie damit Tür und Tor öffnen auch für andere Beispiele?
Herzberg: Nein, ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass unser Antrag jetzt im interministeriellen Bürgschaftsausschuss ganz normal nach allen sachlichen Kriterien geprüft wird. Wir haben ein gutes und überzeugendes Konzept dort vorgelegt, wir führen dort konstruktive Gespräche. Und ich glaube, dass die letzte Woche auch deutlich gemacht hat, dass unsere Mitarbeiter ein gewisses Urvertrauen auch in die Politik haben und wir glauben auch, dass wir objektiv und fair dort behandelt werden.
Ostermann: Aber warum soll der Staat helfen, wenn die Eigentümer doch offensichtlich noch über ausreichende Mittel verfügen? So heißt es jedenfalls, Schickedanz ist ein Beispiel oder auch die Bank Sal. Oppenheim. Die sind doch milliardenschwer oder täuscht der Eindruck?
Herzberg: Unsere Gesellschafter Sal. Opp. und auch Schickedanz engagieren sich in einem wirklich vorbildlichen Maße und prüfen im Moment auch weiteres Engagement. Das heißt nicht nur Belegschaft, nicht nur Management, nicht nur ver.di, Betriebsräte und die Gesellschafter üben hier den Schulterschluss, sondern auch die über 800.000 Kunden, die uns jetzt schon gesagt haben per Unterschrift, dass hier Karstadt bleiben soll.
Ostermann: Ja, Sie sprechen auf die Unterschriften an. Man könnte ja schon sagen, dass hier auch Wahlkampf gemacht wird, oder würden Sie das völlig leugnen?
Herzberg: Nein, das muss ich so zurückweisen. Was im Moment passiert, ist, dass viele Kunden realisieren, dass sie ein echtes Vermissenserlebnis hätten, wenn Karstadt nicht mehr da wäre. Wir sind seit 1881 in Deutschland, und die Kunden bitten uns, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, sich zu artikulieren, sich in Listen einzutragen. Ich habe das selber in der letzten Woche erlebt. Hier in Berlin habe ich selber Unterschriften gesammelt. Und dieses Sammeln muss man in Anführungszeichen setzen. Man muss gar nicht sammeln. Die Kunden fragen danach, wo sie sich eintragen können.
Ostermann: Gleichwohl möchte ich noch mal nachfragen: Weshalb könnte die finanzielle Hilfe des Staates der günstigere Weg sein? Welche Rechnung machen Sie da eigentlich auf, Herr Herzberg?
Herzberg: Das ist der einzige Weg, der uns im Moment helfen kann. Wie gesagt, wir sind abgeschnitten vom Kapitalmarkt, das ist eine Sondersituation, die hat’s in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben. Wir alle kennen die Kapitalmarktkrise, die mit einer unheimlichen Geschwindigkeit auch auf unsere Wirtschaft einwirkt. Insoweit bin ich ganz froh, dass der Staat die Möglichkeit geschaffen hat, mit dem Deutschlandfonds Firmen, die von diesem Kapitalmarkt abgeschnitten sind, zu helfen - und ich glaube auch, dass wir dafür qualifiziert sind.
Ostermann: Und die Gegenrechnung würde bedeuten, dass öffentliche Gelder in anderem Zusammenhang ausgegeben würden?
Herzberg: Nein, ich glaube, wenn Sie sich anschauen, dass wenn wir in die Insolvenz gehen müssten, über 50.000 Biografien unserer Mitarbeiter gebrochen werden, über 100.000 Familienangehörige einer ungewissen Zukunft überantwortet werden, dass es Anschlussinsolvenzen von Zulieferern gibt und eine Verödung deutscher Innenstädte, dann ist es schon wichtig, dass man hier eine Hilfsmöglichkeit hat. Darüber hinaus sind 70 Prozent unserer Arbeitsplätze Frauen. Wir haben 1600 Auszubildende und 614 Mitarbeiter von uns sind über 40 Jahre im Unternehmen. Das ist schon eine wirklich gute Basis, und wir sind auch, was Karstadt betrifft und auch Primondo betrifft, auf nem guten Weg.
Ostermann: Und trotzdem sprechen Andere, auch namhafte Politiker von der Gefahr eines Dammbruches. Wo ziehen Sie eigentlich die Grenzen, was die Inanspruchnahme öffentlicher Gelder betrifft? Müssen da 20.000 Arbeitsplätze gefährdet sein oder 30.000?
Herzberg: Nein, ich will zunächst mal sagen, dass die 25.000 Arbeitsplätze von Opel genauso wichtig sind wie die 50.000 von Arcandor. Die Bundesregierung hat ja über den Deutschlandfonds bestimmte Kriterien eröffnet, und diese Kriterien, die muss man eben erfüllen. Und wir sind, wie gesagt, in sehr konstruktiven Gesprächen mit dem interministeriellen Bürgschaftsausschuss. Und ich bin da wirklich hoffnungsfroh, dass wir mit unserem Konzept dort überzeugen können.
Ostermann: Damit sind Sie der Frage elegant ausgewichen. Wo ist die Grenze?
Herzberg: Die Grenze wird vom Ausschuss gesetzt. Die Grenze wird von der Bundesregierung gesetzt. Da gibt’s diese Kriterien. Und wie ich schon sagte, wir sind ganz sicher, dass wir diese Kriterien auch wie andere Firmen erfüllen.
Ostermann: Herr Herzberg, danke Ihnen für das Gespräch heute früh!
Herzberg: Danke Ihnen, Herr Ostermann!
Ostermann: Stefan Herzberg war das, der Geschäftsführer von Karstadt, außerdem ist er Vorstandsmitglied des Mutterkonzerns Arcandor.
Das Interview mit Stefan Herzberg können Sie mindestens bis zum 3. November 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.