Das Idol von Richard Wagner

Von Miron Tenenberg · 23.08.2013
Anlässlich der Jüdischen Kulturtage hat die Sing-Akademie zu Berlin das Werk "Mose" von Adolph Bernhard Marx präsentiert. Die Wiederentdeckung des Komponisten Marx passt zum Wagner-Jahr: Richard Wagner hat Marx Kompositionen umfangreich zitiert.
Die alte Synagoge in der Rykestraße, mitten im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, ist prall gefüllt. Die Synagoge, die den Krieg und das Regime der Nationalsozialisten äußerlich weitestgehend unbeschadet überstanden hat, fasst 1200 Menschen. An diesem Abend wird es jedoch auch auf der Bühne eng: Die Sing-Akademie zu Berlin ist zu Gast – und das mit 200 Mitwirkenden. »Mose« steht heute auf dem Programm, ein gewaltiges Oratorium von Adolph Bernhard Marx.

Die Wiederentdeckung des Komponisten Marx ist im Wagner-Jahr von besonderer Bedeutung, denn seine Kompositionen wurden von Richard Wagner umfangreich zitiert; Adolph Bernhard Marx legte somit den Grundstein für Wagners imposante Werke. Doch die Kulturtage stehen für ein buntes Programm mit unterschiedlichen Veranstaltungen.

"Wir haben schon wunderbare Konzerte erlebt, wir haben Vorträge erlebt, wir hatten ein großes Straßenfest, wir hatten die lange Nacht der Synagogen und ich kann bis dato wirklich sagen, die Zahlen – und darüber muss man ja auch immer mal reden – sind sehr, sehr gut, also bisher alles gut: Keine bösen Überraschungen, alle Künstler sind gesund, alle sind sie gekommen, wirklich durch die Bank und durch die Reihe weg positiv."

Martin Kranz, der langjährige Intendant der Jüdischen Kulturtage freut sich über das große Interesse der Menschen, das im Vergleich zum letzten Jahr zugenommen hat. Überhaupt scheint er keinen Grund zur Klage zu haben. Während sein Kalender mit Vorführungen und Koordinierung, Künstlerbetreuung und Pressekonferenzen prall gefüllt ist, sitzt er ruhig an seinem ordentlichen und fast leeren Schreibtisch und trinkt ein Glas Wasser.

"Es ist auf der einen Seite, glaube ich, – zehn Jahre mache ich das jetzt – in bestimmten Abläufen eine gute Routine. Ich weiß einfach was wie funktioniert. Ich habe wirklich, und der Dank ist sehr ernst gemeint, die besten Mitarbeiter, die man haben kann. Ich kann mich auf die verlassen und es ist einfach sehr so, wie der Schreibtisch aussieht … so ist es halt vorbereitet."

Doch von verstaubter Routine scheint Martin Kranz nicht viel zu halten. Wo sich im letzten Jahr auf dem Straßenfest im jüdischen Gemeindehaus noch etliche Menschen in kleine Räume quetschten, da das Interesse an Führungen größer war als erwartet, da hat man dieses Jahr reagiert und das Programm stark erweitert. Außerdem wurde noch ein Augenmerk auf jüdisches Essen gelegt und ein erstmalig ein Kinderprogramm zusammengestellt. Die Jüdischen Kulturtage sind ein Spagat zwischen Großveranstaltungen und familiär anmutenden Begegnungen.

"Ja, genau, das ist, glaube ich, die Gradwanderung, die man bei einem Festival gehen sollte – ich zumindest tue es, dass man sogenannte Leuchttürme hat, wo ganz viele Menschen schnell angesprochen sind und dort auch hingehen – und darüber hinaus die kleinen Entdeckungen macht, die kleinen Veranstaltungen, das Besondere."

Besonders findet die Sprecherin der Kulturtage, Ruth Hundsdoerfer, vor allem die "Jewish Ethnic Food"-Küche.

"Dort wird ein in Israel ein absolut umjubelter bekannter Fernsehkoch auf den Chefkoch des Ritz Carlton in Berlin treffen und die beiden werden Jewish Ethnic Food kochen. Das heißt im Moment gibt es immer wieder Mails aus Israel die hier ankommen und den Chefkoch hier im Ritz Carlton sehr zum Grübeln bringen, weil es immer wieder so Anweisungen gibt, wie "Wir brauchen unbedingt ukrainisches Schafsfett!" und er einfach nicht weiß, wo er es herbekommen soll! Also das wird eine sehr, sehr spannende Begegnung, denk ich."

Gerade das Zusammentreffen verschiedener Kulturen ist ein Hauptbestandteil der Kulturtage. Auf der einen Seite werden innerdeutsche Ressentiments abgebaut, aber auch das zunehmend internationale Publikum bringt sich mehr und mehr ein. So gab es dieses Jahr zwei rein englischsprachige Veranstaltungen, die gut besucht waren. Und auch von israelischer Seite scheint es eine Lockerung zu geben, die vor zehn Jahren noch nicht möglich war. Menschen, die Deutschland damals nicht betreten hätten, kommen heutzutage mit der ganzen Familie her, um hier israelische Künstler zu sehen, die in dieser Form in Israel gar nicht auftreten. So fällt auch Martin Kranz abschließender Tipp aus, auf den er besonders stolz ist:

"Mein ganz persönlicher Tipp, das ist das Konzert »Avital Meets Avital« am Samstag Abend. Avi Avital, der Mandoline-Virtuose unserer Zeit trifft auf Omer Avital, einen Bass-Spieler. Sie werden ein gemeinsames – man kann gar nicht sagen Jazz-Programm, es ist ein … – Programm durch die Welten jüdischer Musik präsentieren. 21 Uhr in der Synagoge Rykestraße, das ist für mich eigentlich der Geheimtipp des Festivals."

Mehr Informationen:
Jüdische Kulturtage 2013