Das Hohe Haus für jedermann geöffnet

Von Antje Allroggen |
Konrad Adenauer und Helmut Schmidt residierten hier. Staatsgeschenke wie eine handsignierte Schachtel Pralinen von Chrustschow sind in Adenauers ehemaligem Arbeitszimmer zu sehen. Ein Rundgang durch das Palais Schaumburg bietet einen nostalgisch stimmenden Spaziergang durch die Bonner Republik.
Adenauer (in der Ausstellung): "Man muss beim Boccia-Spiel sehr genau überlegen, welche Richtung man nimmt. Ich pflege immer, mit der rechten Hand zu werfen (...). Ich finde, die rechte Hand ist doch immer viel besser. Ich glaube, rechts und richtig hängen irgendwie zusammen. Und deswegen sind nach meiner Meinung die Würfe mit der rechten Hand viel aussichtsreicher als die Würfe mit der linken Hand."

1949, als die Bundespolitik in das Palais Schaumburg einzog, war eindeutig die rechte, die konservative Richtung, vorherrschend. Nicht nur beim Boccia-Spiel kam dies zum Ausdruck. Auch was die Gestaltung der ehemaligen Fabrikantenvilla am Rhein anbetraf, wollte Bundeskanzler Konrad Adenauer sich auf alte Formen und Stile beziehen. Der für den Umbau beauftragte Architekt Hans Schwippert hingegen fühlte sich der Nüchternheit der 50er Jahre verpflichtet. Kaum hatte sich die neue Bundesrepublik im Palais Schaumburg eingerichtet, kam es zu ersten Meinungsverschiedenheiten, erzählt Judith Koppetsch vom Bonner Haus der Geschichte:

"Also es war überhaupt nicht sein Geschmack. Und selbst die Möbel, die Hans Schwippert für Adenauer entwarf, waren ihm insgesamt zu nüchtern, auf zu schmalen Beinen. Das zeigte sich besonders beim Schreibtisch, den er gar nicht erst ausprobierte, sondern sich direkt einen anderen besorgte."

Welche Art von Schreibtisch Adenauer stattdessen bevorzugte, kann der Besucher der neu eingerichteten Dauerausstellung im Palais Schamburg direkt in Augenschein nehmen: Sein Schreibtisch stammte aus einem bodenstämmigen Kölner Einrichtungshaus, war aus Eichenholz und seine Beine geschwungen. Gelsenkirchener Barock predigte am Rhein die neue Bonner Bescheidenheit.

Judith Koppetsch: "Sehr interessant sind noch einige Dinge auf dem Schreibtisch. Zum Beispiel ein Lederzettelkasten, den er schon zu Beginn seiner Amtszeit hat anschaffen lassen. Seine Sekretärin erhielt den Auftrag, hier in einem Kölner Schreibwarengeschäft das Kästchen zu kaufen mit der genauen Anweisung, bitte das billigste Modell. Das versuchte sie dann auch. Als aber der Händler in dem Geschäft erfuhr, für wen dieser Zettelkasten ist, hat er sich direkt erboten, das Ledermodell dem Kanzleramt zu schenken."

Im Arbeitszimmer Adenauers sind nun auch einige Staatsgeschenke exemplarisch ausgestellt, die in anrührender Weise illustrieren, wie sich der Geschmack der Zeit gewandelt hat. Nikita Chrustschow etwa schenkte dem deutschen Bundeskanzler eine Schachtel Pralinen – immerhin handsigniert.

Aus den 60er Jahren stammt eine schnörkelige silberne Kaffeegarnitur, das gut gemeinte Geschenk eines indonesischen Generals, Nippes. Im Nebenraum des Arbeitszimmers werden die Amtszeiten der auf Adenauer folgenden Kanzler dokumentiert. Einzelne Exponate – ein Kartenspiel für den Skatspieler Ludwig Erhardt, ein Schachspiel Helmut Schmidts – skizzieren, auf welch unterschiedliche Weise die einzelnen Kanzler das Palais mit Leben füllten. Schnipsel aus historischen Filmaufnahmen machen einen Teil dieser Bonner Geschichte wieder greifbar.

Selbst der Karneval erhielt Einzug in das Palais bis Helmut Schmidt im Jahr 1976 den neu erbauten Kanzlerbungalow bezog. Danach wurde das Palais nur noch für repräsentative Zwecke genutzt. Mit dem Regierungsumzug nach Berlin verlor die ehemalige Fabrikantenvilla den früheren Charme mondäner Staatsbesuche.

Für die Öffentlichkeit blieb das Palais bisher unzugänglich. Schließlich dient es immer noch als zweiter Amtssitz der Bundeskanzlerin. Nun endlich folgt man dem Diktum Helmut Schmidts, das Hohe Haus für jedermann zu öffnen. Ein nostalgisch stimmender Spaziergang durch die Bonner Republik, der zu dem Schluss führt: Hier, am Rhein, hatten die Politiker wenigstens noch richtig gemütliche Wohnzimmer.

Das Gespräch zum Thema "Das Haus der Geschichte Bonn eröffnet eine neue Dauerausstellung im Palais Schaumburg" mit dem Bonner Journalisten Helmut Hohrmann können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player hören.

Service:

Die Ausstellung kann nur in Gruppen nach vorheriger Anmeldung besichtigt werden. Anmeldungen über den Besucherdienst des Bonner Hauses der Geschichte.