Das Herz, die Träume und die Nokiabahn
Die Wände der kleinen Halle beben. Direkt nebenan fährt die Bahn vorbei, die zum Bochumer Nokia-Werk führt. Dem Werk, das demnächst geschlossen wird. Doch sonst spürt man drinnen wenig von der Umgebung der Rottstraße 5. Der Peepshow Miami direkt gegenüber, den Erotik-Kinos die Straße entlang. In der Rottstraße arbeiten Maler, Zeichner, Fotografen und Theaterleute.
Die Schauspielerin Lena Schwarz entdeckte die Rottstraße, als sie sich wieder als Malerin erproben wollte. Für ihre "Penthesilea" an den Bochumer Kammerspielen rühmen sie Kritiker und Publikum, sie gastiert auch am Düsseldorfer Schauspielhaus. Doch das reicht ihr nicht. "Rottstraße 5 – das ist der Ort", beschreibt Lena Schwarz. "Von diesem Ort kann was ausströmen oder auch nicht. Er ist zwei Monate zu, dann passiert gar nichts. Und dann werden wieder fünf Veranstaltungen raus geballert. Es soll seine Willkür behalten hier, die Willkür des Anfangs."
Der Künstler Manfred Duch und einige Kollegen hatten zwei Hallen in der Rottstraße gepachtet und dort eine Galerie eröffnet. Nun kamen durch Lena Schwarz Theaterleute dazu, und es entwickelte sich ein buntes Veranstaltungsprogramm quer durch alle Sparten. Acht Euro kostet eine Theaterkarte, vielleicht 80 Zuschauer finden Platz. Hier macht niemand mit, weil er Geld verdienen will. "Es ist eine Herzensangelegenheit", sagt Lena Schwarz. "Das hat mit Suche zu tun, der menschlichen Suche, was man hier auf dieser Welt machen kann, wozu man da ist, worin man sich ausprobieren kann."
Die Frage, wozu sie eigentlich da sind, beschäftigt auch Anton Tschechows "Drei Schwestern". Nicht zufällig ist dieses Stück die erste große Theaterproduktion in der Rottstraße. Der Regisseur Martin Fendrich hat die große Sehnsuchtsballade stark zusammen gestrichen. Männer wehen nur gespenstergleich durch diesen Abend und hinterlassen keine Spuren. Mit wenigen farbigen Scheinwerfern schaffen Fendrich und der Lichtdesigner Bernd Felder eine dunkle Traumatmosphäre. Drei großartige Schauspielerinnen – Lena Schwarz, Martina Eitner-Acheampong und Karin Moog – schreien und wispern, kämpfen um ihrer Lebensträume, die ihnen unter den Händen zerrinnen.
Und während die Nokia-Bahn wieder ein kleines Erdbeben verursacht, liest eine Schauspielerin ganz leise einen Zeitungsbericht über die Schließung des Bochumer Werkes vor. Eindringlicher lässt sich Tschechows Text nicht mit der Gegenwart verzahnen. Schließlich wechselt das Licht. Grell, weiß und nüchtern strahlen die Scheinwerfer. Die Zeit der Illusionen ist vorbei. Die drei Schwestern nehmen ihre Perücken ab und analysieren, wo sie stehen im Leben und was sie noch erwarten können. Lena Schwarz wringt als Mascha einen Schwamm mit roter Farbe über ihrem Kopf aus und spricht melancholische Texte. Pure Todessehnsucht in Hotpants. Tschechows "Drei Schwestern" in der Rottstraße sind sinnlich, todtraurig, versponnen und gedankenklar. So widersprüchlich wie das Leben. Eine bessere Aufführung gab es lange nicht im deutschen Off-Theater.
Drei Schwestern
Regie: Martin Fendrich
Rottstr. 5 in der Rottstraße 5, 44793 Bochum
Telefon: 0234 – 9128121
Internet: www.rottstr5.de
Der Künstler Manfred Duch und einige Kollegen hatten zwei Hallen in der Rottstraße gepachtet und dort eine Galerie eröffnet. Nun kamen durch Lena Schwarz Theaterleute dazu, und es entwickelte sich ein buntes Veranstaltungsprogramm quer durch alle Sparten. Acht Euro kostet eine Theaterkarte, vielleicht 80 Zuschauer finden Platz. Hier macht niemand mit, weil er Geld verdienen will. "Es ist eine Herzensangelegenheit", sagt Lena Schwarz. "Das hat mit Suche zu tun, der menschlichen Suche, was man hier auf dieser Welt machen kann, wozu man da ist, worin man sich ausprobieren kann."
Die Frage, wozu sie eigentlich da sind, beschäftigt auch Anton Tschechows "Drei Schwestern". Nicht zufällig ist dieses Stück die erste große Theaterproduktion in der Rottstraße. Der Regisseur Martin Fendrich hat die große Sehnsuchtsballade stark zusammen gestrichen. Männer wehen nur gespenstergleich durch diesen Abend und hinterlassen keine Spuren. Mit wenigen farbigen Scheinwerfern schaffen Fendrich und der Lichtdesigner Bernd Felder eine dunkle Traumatmosphäre. Drei großartige Schauspielerinnen – Lena Schwarz, Martina Eitner-Acheampong und Karin Moog – schreien und wispern, kämpfen um ihrer Lebensträume, die ihnen unter den Händen zerrinnen.
Und während die Nokia-Bahn wieder ein kleines Erdbeben verursacht, liest eine Schauspielerin ganz leise einen Zeitungsbericht über die Schließung des Bochumer Werkes vor. Eindringlicher lässt sich Tschechows Text nicht mit der Gegenwart verzahnen. Schließlich wechselt das Licht. Grell, weiß und nüchtern strahlen die Scheinwerfer. Die Zeit der Illusionen ist vorbei. Die drei Schwestern nehmen ihre Perücken ab und analysieren, wo sie stehen im Leben und was sie noch erwarten können. Lena Schwarz wringt als Mascha einen Schwamm mit roter Farbe über ihrem Kopf aus und spricht melancholische Texte. Pure Todessehnsucht in Hotpants. Tschechows "Drei Schwestern" in der Rottstraße sind sinnlich, todtraurig, versponnen und gedankenklar. So widersprüchlich wie das Leben. Eine bessere Aufführung gab es lange nicht im deutschen Off-Theater.
Drei Schwestern
Regie: Martin Fendrich
Rottstr. 5 in der Rottstraße 5, 44793 Bochum
Telefon: 0234 – 9128121
Internet: www.rottstr5.de