"Das hat schon Züge von Personenkult"

Für Russlands Präsident Wladimir Putin könnte Ludwig der Vierzehnte durchaus ein Vorbild sein. Das glaubt der Osteuropa-Forscher Wolfgang Eichwede angesichts der Parlamentswahlen in Russland. Der Präsident strebe offenbar die Rolle eines absolutistischen Machthabers außerhalb der Verfassungsstruktur an, sagte Eichwede im Deutschlandradio Kultur. Deshalb lasse er sich in einer von ihm zu großen Teilen kontrollierten Medienlandschaft als Idol und Führer inszenieren. Dies trage bereits Züge eines Personenkults, fügte der Wissenschaftler hinzu.
Die russischen Intellektuellen seien dagegen in einer schlechten Position: Da ihr Land derzeit von ökonomischen und machtpolitischen Imperativen beherrscht werde, fänden sie kaum Gehör. Im Gegensatz zu den Dissidenten in Sowjetzeiten fehlt ihnen heute auch die Öffentlichkeit im Westen, weil das Interesse der Medien sich auf Sicherheits- und Wirtschaftsfragen konzentriert. "Vielleicht sind wir ja alle auch ein wenig putinisiert", mutmaßt Eichwede.

Dennoch warnt der Bremer Forscher vor allzu viel Pessimismus. Es gebe nach wie vor eine Opposition, die zwar in den staatlichen Medien nicht vorkäme, sich aber zu organisieren wüsste. Darüberhinaus gebe es ein bemerkenswertes kulturelles Leben, auch abseits der großen Städte, in Clubs, Bars, Theatern und vor allen Dingen in den Cafés gebe es eine kritische Öffentlichkeit, die die russische Politik aufmerksam verfolgt und diskutiert.

Sie können das vollständige Interview mit Wolfgang Eichwede mindestens bis zum 3.5.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.
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