"Das gute Leben" am Ballhaus Ost

Eine der ältesten Menschheitsfragen im Theater verhandelt

Das Ballhaus Ost in der Pappelallee in Berlin
Das Ballhaus Ost: Ein Theater als Ort für zentrale Menschheitsfragen © Imago/ Steinach
Johann Kuithan und Leon Ullrich im Gespräch mit Janis El-Bira  · 08.04.2017
Was ist das gute Leben? Diese Frage haben die beiden Performance-Künstler Johann Kuithan und Leon Ullrich Berliner Passanten gestellt. Aus den Antworten ist ein Theaterabend am Ballhaus Ost entstanden.
Philosophen und Soziologen arbeiten sich seit Jahrhunderten an einer der ältesten Menschheitsfragen ab: Was ist ein gutes Leben? Und gibt es darauf überhaupt eine universelle, für alle verbindliche Antwort?
Die Performer Johann Kuithan und Leon Ullrich haben zur Beantwortung dieser Frage den direkten Weg gewählt: Über Monate haben sie im Berliner Bezirk Pankow mit Menschen auf der Straße gesprochen und gefragt, was denn für sie ein gutes Leben ausmacht. Am Ballhaus Ost in Berlin ist daraus im vergangenen Jahr ein erster Theaterabend entstanden, nun setzen sie ihre Arbeit am selben Ort mit neuem Material fort.
Johann Kuithan: "Auf die Frage sind wir über Angela Merkel gekommen. Ich wollte gerne einen Abend mit nur Originalzitaten von Angela Merkel machen. Wir haben auch eine erste Fassung davon entwickelt und gemerkt: Es geht bei ihr oft um die Frage 'Wie wollen wir eigentlich leben?'. Dazu kam, dass das auch noch in einer Zeit war, wo Pegida sehr stark vertreten war, wo man nach Anschlägen in Frankreich oft hörte: Wir müssen unsere Art zu leben verteidigen. Uns hat einfach interessiert: Was ist denn unsere Art zu leben?"

Die Grauzone ist das Tolle am Thema

Leon Ullrich erklärt dazu, dass die Antworten auf die Frage "Was ist das gute Leben?" während ihrer Recherche quer durch alle Gesellschaftsschichten kaum auf einen Nenner zu bringen waren:
"Du triffst nicht die Leute und sagst: Ja, das und das ist das gute Leben. Es gibt auch Leute, die ihre Idee begraben haben und trotzdem sagen: Ich bin glücklich. Und dieses 'Graue', das ist eigentlich das Tolle an dem Ganzen."
Durch viele Gespräche hätten sich dabei auch die Ängste der Menschen gezogen, von der Gesellschaft abgehängt zu werden. "Es gibt wahnsinnig viel Druck und wenig Möglichkeit, sich darüber austauschen", sagt Johann Kuithan. Für ihn sind solche Beobachtungen sogar Anzeichen für Auflösungserscheinungen innerhalb einer Gesellschaft.
Für die Umsetzung auf der Bühne wollen Leon Ullrich und Johann Kuithan auf eine Mischung aus Monologen und Re-Enactment setzen und vor allem viel erzählen:
"Es geht um Austausch von Erfahrungen", sagt Leon Ullrich. "Es sind Leben, die sich ergeben haben durch die Umstände, durch die diese Menschen gegangen sind. Und da Schlaglichter rein zu werfen, das würde kein Autor schreiben, weil es zu bescheuert, zu absurd oder zu traurig ist und gar keinen Sinn macht – und dadurch so wahnsinnig viel Sinn macht."
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