Das Gewicht der Stimme

Von Claudia Roth, Tonia Koch und Ulrike Greim |
Bayern und Berlin liegen beim direkten politischen Mitspracherecht der Bürger an der Spitze, auf den letzten Plätzen landeten Rheinland-Pfalz, das Saarland und Thüringen. Das stellte die Initiative "Mehr Demokratie" in einer Untersuchung fest. Sechs Länder erhielten darin die Note "mangelhaft". So hat zum Beispiel im Saarland noch nie ein Bürgerentscheid stattgefunden.
Der letzte Volksentscheid in Bayern war ein angedachter und in der CSU intern, aber mit öffentlicher Wirkung geregelt. Das war, als die SPD während der Kreuther Chaostage der CSU die SPD in München laut über vorgezogene Neuwahlen per Volksentscheid nachdachte. Manchem CSU-Mitglied schwante, dass die nötigen Stimmen dafür locker zu kriegen wären. Die kamen aber nicht zusammen, weil Ministerpräsident Stoiber noch in Kreuth seinen Rücktritt ankündigte.
Dies ist ein bayerisches Beispiel in Sachen direkter Demokratie, vielleicht auch deshalb, weil Bayern die längste und meiste Erfahrung damit hat. Barbara Roth klärt uns über Einzelheiten auf.


Bayern
Von Barbara Roth

Bis es in Bayern zum Volksentscheid kommt, sind viele Hürden zu nehmen. Bevor das Volk entscheiden darf, muss es erst mal Unterschriften leisten. Dem Volksentscheid ist ein Volksbegehren vorgeschaltet, für das 25.000 Unterschriften gesammelt werden müssen. Jede einzelne wird vom Innenministerium auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Mit der Folge, dass die Behörde das Volksbegehren wegen falscher oder fehlender Unterschriften in den meisten Fällen für ungültig erklärt. Bis heute schafften es von 17 Volksbegehren nur fünf zum Volksentscheid. Für den ein Quorum von zehn Prozent gesetzlich vorgeschrieben ist, erklärt Gerald Häfner von der Bürgerinitiative "Mehr Demokratie", was mindestens einer Million Stimmen entspricht.

"Wenn die Quoren niedriger wären, wie wir uns das seit langen wünschen, dann hat man leichter und auch häufiger Volksentscheide. Macht man das Quorum zu niedrig, dann hat man es jedes Wochenende, dann wird nicht mehr ernst genommen. Macht man das Quorum zu hoch, wie es gegenwärtig ist, dann kommt es fast nie zustande. Ein Quorum von zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung wäre vernünftig, dann hätte man vielleicht alle zwei Jahre Volksabstimmungen."

Wofür wieder Unterschriftenlisten ausgelegt werden, dieses Mal hochamtlich auf den Rathäusern, wohin die Bürger marschieren müssen, wenn sie sich eintragen wollen. Nur 14 Tage lang bleibt Zeit, um mindestens eine Million wahlberechtigte Bürger zum Gang auf die Rathäuser zu animieren.

"Richtig wäre, wenn es keine so kurze Eintragungsfrist gäbe. Es gibt dafür überhaupt keinen Grund, im Gegenteil, Themendiskussionen brauchen Zeit. Diese Zeit gesetzlich künstlich zu beschränken, geht auch zu Lasten der Diskussion. Richtig wäre, diesen absoluten Wahnsinn des Amtseintrags, also dass die Bürger vor Angestellten der Gemeinde ihre Unterschrift leisten müssen, zu beenden."

Doch leicht machen will es der Freistaat den Initiatoren von Volksabstimmungen nicht. Da sei es auch kein Wunder, meint Häfner, dass es bereits zwölf Jahre her ist, dass in Bayern ein Volksentscheid wirklich von Erfolg gekrönt war. Es war 1995 seine Bürgerinitiative, die per Volksentscheid den kommunalen Bürgerentscheid durchgesetzt hat, worauf Häfner noch heute stolz ist.

"Es klingt, wenn man heute darüber spricht, so gewöhnlich, aber es war schon ein Ereignis: Die CSU war entschieden dagegen, in der SPD gab es beides: Befürworter und Gegner. Es war im Grunde die gesamte Verwaltung, der Städtetag, der Gemeindetag, der Landkreistag, alle waren dagegen und sagten: Das Chaos wird ausbrechen, die Kommunen werden unregierbar, kleinste Minderheiten werden die Mehrheit terrorisieren und solche Latrinenparolen mehr."

Häfner war damals Landesvorsitzender der Grünen und gehörte einem Kreis von 18, vor allem jungen Leuten an, die der dominanten CSU-Staatsregierung frech die Stirn boten.

" … die nicht nur opponiert, demonstriert, protestiert, sondern sich überlegt haben, wie kriegen wir einen Fuß in die Tür und zwar so, dass nicht nur für uns, sondern für alle Bürger in Bayern beständig die Möglichkeit besteht, entscheidende Fragen auf kommunaler Ebene und auf Landkreisebene direkt zu entscheiden. Das heißt, wir haben uns getroffen und haben einen Gesetzentwurf ausgearbeitet und haben den in einer fünfjährigen Kampagne bekannt gemacht und in einem Volksentscheid dann auch durchgesetzt."

Der Bürgerentscheid ist quasi der kleine Bruder des Volksentscheids. Die Bürger stimmen auf lokaler Ebene über Themen ab und widersetzen sich so den Beschlüssen des örtlichen Stadt- oder Gemeinderats.

"Sehr viele Bürgerentscheide betreffen Bauprojekte, Projekte der Entwicklung der Gemeinde. Zum Beispiel die Frage, ob ein großes Gewerbegebiet ausgewiesen werden soll. Viele Projekte sind Verkehrsprojekte, da ist es ähnlich: eine Straße kann eine Gemeinde einschnüren, eine Straße kann Bürger terrorisieren, wenn der Lärm zu groß ist. Auch kulturelle Fragen, wir hatten den Fall Museum, Schulen, Kindergärten. Manchmal geht es um Sportplätze. Solche Sachen sind sehr häufig Themen."

Einer der ersten Bürgerentscheide im Freistaat wurde übrigens von CSU-Politikern initiiert. Mit Peter Gauweiler an der Spitze setzte die CSU im rot-grün regierten München den Bau einer Ringstraße, einer Art Stadtautobahn, durch – nachdem die CSU auf Landesebene jahrelang gegen Bürgerbeteiligung opponiert hatte.

Auf kommunaler Ebene wird das Instrument der direkten Demokratie mittlerweile rege genutzt. Weit über 1400 Bürgergehren gab es im vergangenen Jahrzehnt. Über 900 davon mündeten in den Bürgerentscheid. Es könnten mehr sein, glaubt Gerald Häfner, hätte die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag nicht nachträglich mit einem Quorum eine weitere Hürde installiert.

"Es entscheidet zwar die Mehrheit, aber der Entscheid gilt nur, wenn so oder so viel Prozent der Bürger sich an der Entscheidung beteiligt haben. Das führt dazu, dass viele Bürgermeister ihre Gemeindebürger aufrufen, am Bürgerentscheid nicht teilnehmen, in der Hoffnung, auf die Weise die Initiative zu Fall zu bringen."

Im Durchschnitt beteiligen sich 45 Prozent der Wahlberechtigten an einem Bürgerentscheid. Schlagzeilen in ganz Deutschland etwa machten Ende 2004 die Münchner, als sie in einer spektakulär knappen Entscheidung bestimmten, dass kein Hochhaus in der Landeshauptstadt höher als die Frauenkirche sein darf. Die Initiatoren sind nicht – wie anfangs befürchtet – Berufsquerulanten, sondern engagierte Bürger. Gerald Häfner verweist auf eine Studie, die der Verein "Mehr Demokratie" in Auftrag gab.

" … dass die große Mehrheit der Initiatoren von Bürgerbegehren keine Politiker sind, nicht in Parteien Mitglied sind und bisher überhaupt nicht politisch aktiv waren. Es sind also Bürger, die bei einer bestimmten, konkreten Frage aufwachen, die sagen: Das kann nicht angehen, das lassen wir uns nicht gefallen, und dann ein Bürgerbegehren anstreben. Interessant ist auch, dass viele, die ein Bürgerbegehren anstreben anschließend auch politisch aktiv bleiben."

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid finden in bayerischen Kommunen mittlerweile fast wöchentlich statt. Die Bayern haben sie als Instrumente der Mitbestimmung erkannt und nutzen sie fleißig. Anders verhält es sich beim Volksbegehren. Im vergangenen Jahr erst ist ein Volksbegehren zur Wiedereinführung des Neunjährigen Gymnasiums in Bayern gescheitert. Der Grund: Mangelndes Interesse.


Saarland
Von Tonia Koch

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller von der CDU freut sich, wenn sein kleines Bundesland bei Vergleichen auf nationaler Ebene gut abschneidet. Allzu oft kommt das aber nicht vor. So auch nicht, wenn es um die Mitwirkung der Saarländerinnen und Saarländer an politischen Entscheidungsprozessen geht, also bei der direkten Demokratie. Da hat das Saarland die Nase nicht gerade vorn. Tonia Koch nennt uns die Gründe und Hintergründe.

Der letzte Platz im Vergleich der Bundesländer. Für mehr reicht es nicht. Das bescheinigt der inzwischen bundesweit agierende Verein "Mehr Demokratie" dem Saarland. Die Möglichkeiten der Bevölkerung über Volksbegehren und Volksentscheide am politischen Willensbildungsprozess mit zu wirken sei mangelhaft bis ungenügend. Dieses Urteil steht im krassen Gegensatz zu den öffentlichen Bekenntnissen des saarländischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Landes-CDU, Peter Müller. Auf Bundesebene macht er sich dafür stark, doch endlich mehr Demokratie zu wagen. Die Oppositionsparteien hat die Haltung des Ministerpräsidenten daher ermutigt, ihre Gesetzentwürfe zum Thema Bürgerbeteiligung nun zum dritten Mal in den Landtag einzubringen. Markus Tressel, von den Grünen.

"Wir bieten ihm jetzt die Gelegenheit, in seinem eigenen Land mal anzufangen und das Saarland von den hinteren Rängen im Bürgerbeteiligungsranking auf die vorderen Plätze im Beteiligungsranking zu führen."

Zweimal bereits sind die Grünen und auch die beiden anderen Oppositionsparteien, SPD und FDP mit ihren Anträgen im Plenum gescheitert. Die CDU-Mehrheit im saarländischen Landtag hatte es abgelehnt, die Bedingungen für Volksbegehren und Volksentscheide zu erleichtern. Zu frisch waren die Erinnerungen an eine breite Protestwelle, die das Land vor anderthalb Jahren wegen der Schließung von Grundschulen erfasst hatte.

"Skandal im Schulgebiet" singen Tausende besorgter Eltern, Kinder und Großeltern. Sie protestierten gegen einen Beschluss der Landesregierung, ein Drittel der Grundschulen im Land zu schließen. Im Handumdrehen waren 5000 Unterschriften für einen Antrag auf ein Volksbegehren zusammen. Bereits in der ersten Stufe des Prozesses war die Beteiligung überwältigend. Bernhard Strube, heute Vorsitzender der Landesinitiative Bildung, war einer der Organisatoren des Volksbegehrens. Er erinnert sich.

"Wir haben innerhalb kurzer Zeit 30.000 Unterschriften gesammelt. Für einen Gesetzentwurf, der verfestigen sollte, dass Grundschulen erhalten bleiben sollen, auch dann, wenn sie nur eine Klasse in jedem Jahrgang haben."

Aber die CDU-geführte saarländische Landesregierung lehnte den Antrag auf ein Volksbegehren ab, und zwar aus inhaltlichen und formalen Gründen. Die saarländische Verfassung lasse kein Volksbegehren zu, das finanzwirksam sei, das sich auch nur mit einem einzigen Euro im Landeshaushalt niederschlage. Zum Beweis dieser These bemühte sie einen Gutachter, den Bonner Staatsrechtler Josef Issensee. Er begründete die ablehnende Haltung der Landesregierung.

"Dieses Gesetz ist finanzwirksam und damit nicht vereinbar mit den Anforderungen, die Artikel 99 der Landesverfassung an ein Volksgesetz stellt."

Der saarländische Verfassungsgerichtshof hat diese Position in einem Urteil bestätigt. Die Finanzwirksamkeit ist daher ein echtes K.O.-Kriterium. Sie macht auf Landesebene jeden Versuch zunichte, ein Volksbegehren auf die Beine zu stellen. Selbst positive Wirkungen auf den Landeshaushalt als Folge eines Volksbegehrens seien nicht verfassungsgemäß argumentiert die Opposition. Diese groteske Situation müsse korrigiert werden. Es sei daher an der Zeit, zu allererst an der Stellschraube Finanzwirksamkeit zu drehen. Markus Tressel.

"Wenn die finanziellen Auswirkungen unter 0,5 Prozent des Landeshaushaltes liegen, sind Volksbegehren, die finanzwirksam sind, möglich, das heißt, wir wollen einen bestimmten Rahmen setzen, damit auch kein Unsinn getrieben wird, da muss man auch aufpassen, aber wir wollen die höchste Hürde für Volksbegehren deutlich, deutlich, deutlich niedriger legen, als es bisher ist."

Sozialdemokraten und Freie Demokraten sind mit im Boot, wenn es darum geht, die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für Bürgerentscheide zu lockern. Die Gesetzesentwürfe unterscheiden sich lediglich in Nuancen. Am weitesten geht die FDP. Manfred Baldauf.

"Wir haben diese Sperre der Finanzwirksamkeit ersatzlos gestrichen."

Die SPD möchte wie die Grünen die finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt beschränken und wirbt für eine Gegenfinanzierung. Anke Rehlinger.

"Wenn man das für so wichtig erachtet, was man in seinem Begehren formuliert, dann muss ich auf der anderen Seite auch sagen, da wir alle nicht über mehr Geld verfügen, wo ich denn an andere Stelle das Geld herholen möchte."

Auch bei der CDU-Fraktion scheint sich ein Umdenken anzubahnen. Im dritten Anlauf - im Februar dieses Jahres - wurden die Gesetzentwürfe der Opposition zur Beteiligung der Bürger daher nicht mehr rundweg abgelehnt, sondern in die Ausschüsse verwiesen. Allerdings möchte die CDU-Fraktion über ihre eigenen Pläne zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben. Substantielle Änderungen müssten her, so Anke Rehlinger von der SPD. Für kosmetische Korrekturen an der Verfassung stehe die Opposition nicht zur Verfügung.

"Nur etwas zu machen damit man vom 16. Ranking-Platz weg kommt, das werden wir nicht mitmachen, sondern es muss wirklich eine Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger her und kein Befreiungsschlag für die CDU in diesem Land."

Zu den erforderlichen qualitativen Verbesserungen zählen auch die Quoren. 50 Prozent aller Wahlberechtigten, also über 400.000 Menschen müssen im Saarland zustimmen, wenn ein Gesetz durch Volksentscheid angenommen werden soll. Zum Vergleich: Der CDU genügte bei den letzten Landtagswahlen die Hälfte der Stimmen für eine absolute Mehrheit.
Neben dem Finanztabu müssen daher die Quoren abgesenkt werden, wenn die Saarländerinnen und Saarländer sich direkt an politischen Gestaltungsprozessen beteiligen sollen. Die vorliegenden Entwürfe der Oppositionsparteien berücksichtigen dies.


Thüringen
Von Ulrike Greim

Bayern hat es schon seit zehn Jahren - das Recht und die vor allem praktizierbare Möglichkeit, auf kommunaler Ebene direkt-demokratische Verfahren anzuwenden: Einwohnerantrag, Bürgerbegehren, Bürgerentscheid. Thüringen hat das zum Teil auch, aber in der Praxis werden sie fast gar nicht angewendet. Das liege an zu hohen Hürden, sagen SPD und Linkspartei, sie wollen nun per Volksbegehren durchsetzen, dass besagte abgesenkt werden. Ulrike Greim hat die Fakten und Aussagen gesammelt.

"Thüringen ist Schlusslicht im Ländervergleich. Wir haben die schlechtesten Regelungen für direkte Demokratie auf kommunaler Ebene und haben eine Praxis, die nicht lebendig genannt werden muss."

Ralf Uwe Beck, Sprecher des Bürgerbündnisses für "Mehr Demokratie" in Thüringen.

"In den letzten zehn Jahren hat es nicht mehr als zwei Dutzend Bürgerbegehren gegeben. Wie viele es geben könnte, zeigt der Blick auf das Nachbarland Bayern: da hat es 1073 Bürgerbegehren, über 800 Bürgerentscheide in den letzten zehn Jahren gegeben."

Das Bürgerbündnis, dem auch die beiden Thüringer Oppositionsparteien SPD und Linkspartei angehören, setzt sich seit acht Jahren für bessere direkt-demokratische Elemente ein. Auf Landesebene ist gelungen: Hier wurden die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide gesenkt und das Verfahren etwas vereinfacht. Nun soll dasselbe auch auf kommunaler Ebene möglich werden.

Wer ein Anliegen hat und genügend Unterstützer mobilisiert, der soll Themen nun einfacher auf die Tagesordnung der Kommunalparlamente setzen können, der soll auch einfacher als bisher darüber Entscheide herbeiführen können.
Für ein Bürgerbegehren müssten dann mit sieben Prozent nur noch halb so viele Menschen unterschreiben wie bisher, maximal sogar nur 7000. Bei einem Bürgerentscheid würde die Hürde von 20 bis 23 Prozent - je nach Größe der Gemeinde und Kommune - sinken auf 10 bis 15 Prozent. Sie wären dann vergleichbar den bayerischen. Dafür müssten in Thüringen Gesetze geändert werden.

"Wir wollen uns dafür einsetzen, dass wir das parlamentarisch bewegen können. Aber Anzeichen dafür, dass die CDU bereit ist, gibt es nicht."

Vor einem knappen Jahr äußerte sich Christoph Matschie, SPD-Fraktionschef im Thüringer Landtag, bereits enttäuscht. Die ganzen alten Argumente für und gegen direkte Demokratie waren doch schon einmal ausgetauscht, man hatte sich mit der regierenden CDU nach langem und zähem Hin und Her geeinigt, am Ende die neuen Regelungen einstimmig beschlossen. Doch mehr direkte Demokratie auch auf kommunaler Ebene möglich zu machen - dagegen sträubt sich die CDU. Also: wieder das gleiche Spiel, stöhnt auch der Sprecher des Demokratie-Bündnisses, Ralf-Uwe Beck:

"Wir haben mit der CDU schon mal Schach gespielt, momentan spielen wir wieder Halma. Das ist die Enttäuschung."

Dabei könne die CDU, wenn sie denn größere Gefahren auf kommunaler Ebene sehen würde als auf Landesebene, doch gerne mal bei der sonst so gern zitierten Schwesterpartei im Nachbarland Bayern schauen. Die CSU hat sich mit praktizierbaren direktdemokratischen Elementen auch in Gemeinden und Kommunen durchaus arrangiert. Bis hin zum Innenminister. Und den hält SPD-Fraktionschef Matschie den Thüringern vor.

"Beckstein hat in seiner Rede zu zehn Jahren Direkte Demokratie auf kommunaler Ebene eingeräumt und gesagt: Ja, auch wir hatten zu Beginn Angst vor diesem Instrument. Die CSU hatte es ja auch nicht erfunden, sondern es musste gegen die CSU durchgesetzt werden. Aber er sagt dann auch: Wir sind heute überzeugt von der Sinnhaftigkeit dieses Instruments. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht."

In Bayern würden keine unsinnigen Anträge gestellt, keine Extremisten zum Zuge kommen, keine Verantwortung von Kommunalparlamenten ausgehöhlt. Die Abgeordneten würden sich auch nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger unliebsamer Entscheidungen entledigen. Alles, was die CDU-Thüringen befürchtet, ist in Bayern widerlegt, sagt Christoph Matschie. Im Gegenteil:

"Das ist eine Schule der Demokratie, weil Menschen dazu angeregt werden, sich mit einem bestimmten Thema auseinander zu setzen, sich sachkundig zu machen und dann auch zu entscheiden. Ich werde nie alle dazu bringen, dass sie bis ins letzte Detail informiert sind, und ich werde auch nie alle dazu bringen, dass sie abstimmen. Aber das ist die freiwillige Entscheidung derjenigen, die das angeht. Ich muss aber die Möglichkeit einräumen, ein solches Instrument zu nutzen. Und es entspricht unserer Verfassung!"

Den Gesetzentwurf der Bürgerinitiative zur Erleichterung von direkter Demokratie auf kommunaler Ebene hat die CDU im Dezember vergangenen Jahres mit ihrer Landtagsmehrheit abblitzen lassen. Das Bürgerbündnis bleibt kämpferisch und ist nun dabei - wie schon beim letzten Mal - ein Volksbegehren dafür auf den Weg zu bringen. Nach der Sommerpause beginnt die erste Phase.