Das "German Theatre Abroad" kehrt aus den USA

Von Bernhard Doppler |
Drei Deutsche wollen ihren Traum von Amerika verwirklichen, sie wollen im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" ein kleines Theater gründen, deutsche Kultur also exportieren. Doch als sie auf ihrer Reise in einem gottverlassenen Nest Halt machen und einen Raum für ihre Unternehmungen mieten wollen, scheinen ihre hochfliegenden Pläne bereits zu scheitern.
Wer braucht denn so ein Theater? Geschäfte könnte man hier bestenfalls mit der Eröffnung eines Videoladens machen, meint der bodenständige, freundliche Vermieter.

"Start Up" ist ein klug konstruiertes Auftragswerk von "German Theatre Abroad" an Joachim Schimmelpfenning, ein well-made-play, wie man es von diesem Autor erwartet – und ist inzwischen auch unabhängig von diesem Auftrag bereits ins deutsche Repertoire gelangt, und zwar in einer Aufführung des Nationaltheaters Mannheim.

Bei "German Theatre Abroad" verdoppelt die Aufführungssituation Schimmelpfennings Text; die Textvorlage wiederum wird mit den aktuellen USA-Reise-Erfahrungen der Theatergruppe angereichert. Mit einem grün lackierten Bus hat "German Theatre Abroad" 10.000 Meilen zurückgelegt und an 24 Orten damit, von New York, wo die Uraufführung in englischer Sprache am 9. Oktober 2007 stattfand, losfahrend, in 24 Städten (zum Beispiel Nashville, Oklahoma City, Las Vegas, Death Valley Junction) gastiert. Nun ist die Theatergruppe – beladen mit ihren Tournee-Erfahrungen – wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Vor allem gesponsert von staatlichen Stellen hat man also deutsche Kultur vermittelt und auswärtige Kulturpolitik gemacht.

Die Verdoppelung von Aufführungssituation und Stücktext ist nicht ganz unproblematisch. Wenn die Schauspieler ihre Situation als Bühnenrolle spielen, karikieren sie sich schnell und machen sich wohl dümmer als sie sind – andererseits erscheinen die Reiseerfahrungen, die in die Aufführung einfließen, gestellt und wirken kaum spontan. Bei der Heimkehr-Aufführung in Berlin hörte man nicht mehr als etwas oberflächliche Touristenklischees über die USA und über die übliche Gruppendynamik in einer Reisegruppe. "Start up" ist insofern wohl nicht mehr als ein "Gegenseitig-Kennenlernstück". So formulierte es auch einer der Teilnehmer.

Andererseits zeigt die Heimkehr-Aufführung im Haus der Berliner Festspiele wie souverän Regisseur Ronald Marx mit den unterschiedlichen Orten, an denen sein giftgrüner Theaterbus Halt machte, umgegangen ist und wie er diese Orte mit der Installation der Schauplätze (Ankunft, Bar, Hotel, Schwimmbecken) wohl auch erkundet und erforscht hat. Überzeugend ist auch die Übermalung der realen und übermalten Bilder von Klischees und Reiseaufnahmen (Claudia Rohrmoser und Herr Schobel) in Videos und Filmen, die gerade nicht in den USA, sondern bisweilen in der Kulisse von Wildweststädten in Brandenburg gedreht wurden.

Und vor allem! Im Gegensatz zu der ernüchternden Fahrt der drei Deutschen in Schimmelpfennings Stück, ist Ronald Marx' unermüdliche Arbeit um den Austausch von deutscher und amerikanischer Dramatik seit zwölf Jahren – mag sein, manchmal sehr mühsam – aber wirkungsvoll, erfolgreich und sehr nötig! Ronals Marx' "Start up" hat beste Überlebens- und Wachstumschancen!

Start Up
Von Roland Schimmelpfennig
Regie: Ronald Marx
Haus der Berliner Festspiele