Das Ensemble der Künste

Musik am Bauhaus

Von Albrecht Dümling · 07.04.2019
Obwohl es am Weimarer Bauhaus keine eigene Musik-Abteilung gab, spielte die Tonkunst in diesem Laboratorium der Moderne eine wesentliche Rolle. Ebenso wie Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger interessierte sich auch der Bauhaus-Gründer Walter Gropius für eine Verbindung zwischen moderner Musik und anderen Kunstrichtungen.
Musik war kein eigenes Lehrfach am Bauhaus. Jedoch traten bei den Bauhaus-Abenden in Weimar so renommierte Interpreten wie Eduard Steuermann, Adolf Busch und Rudolf Serkin auf. Die Bauhaus-Meister Paul Klee, Wassily Kandinsky und Johannes Itten waren hochmusikalisch. Itten, der regelmäßig Klaviermusik von Bach spielte, hatte schon früh Korrespondenzen zwischen Musik und Malerei entdeckt. 1916 kam er nach Wien, wo er den damals noch mit Alma Mahler verheirateten Walter Gropius kennenlernte. Gemeinsam entwickelten sie die Konzeption des Bauhauses. Alle Studenten sollten zuerst einen Vorkurs besuchen, der sie in die kreative Arbeit einführte. Dazu gehörte eine sogenannte Harmonisierungslehre.
Gertrud Grunow, die einzige Berufsmusikerin unter den Bauhaus-Meistern, war geprägt durch die Rhythmische Erziehung des Schweizer Musikpädagogen Émile Jaques-Dalcroze. In ihrer Harmonisierungslehre verknüpfte sie empfindungsbezogene Ausdrucksbewegungen mit den zwölf Tönen der Tonleiter, einer 12-wertigen Farbreihe und einer entsprechend aufgebauten Gruppe von geometrischen Grundelementen.
Um die Musik noch stärker in die Ausbildung einzubeziehen, lud Johannes Itten den Komponisten Josef Matthias Hauer nach Weimar ein. Ihn hatte er in Wien kennengelernt. Unabhängig von Arnold Schönberg hatte Josef Matthias Hauer zu einer ganz eigenen Art von Zwölftonmusik gefunden. Hauer kam nicht ans Bauhaus. Die Pläne, Arnold Schönberg für Weimar zu gewinnen, scheiterten ebenso.
Die Bauhaus-Woche stellte im August 1923 die Arbeit dieser Institution umfassend der Öffentlichkeit vor. Die dazugehörigen Konzertprogramme hatte der mit Gropius befreundete Dirigent Hermann Scherchen entworfen. Wohl auch dank seiner Mitwirkung kamen wichtige Komponisten zu den Konzerten nach Weimar. Neben Paul Hindemith erschien Ferruccio Busoni. Er traf hier zum ersten Mal Igor Strawinsky, dessen "Geschichte vom Soldaten" auf dem Programm stand. Von Busoni wurden polyphone Klavierstücke uraufgeführt.
Einige musikalische Impulse des Bauhauses wurden von der Berliner Novembergruppe weitergeführt, andere erst sehr viel später. Unter dem Einfluss von László Moholy-Nagy, Ittens Nachfolger, war inzwischen am Bauhaus das Ideal der Dombauhütte durch Konstruktivismus und Funktionalismus verdrängt worden.
Da in Weimar der Widerstand gegen das Bauhaus wuchs, zog man 1925 nach Dessau um, wo die Bauhaus-Kapelle nun vermehrt Jazz spielte. Aber die Nazis betrieben 1932 die Schließung der als kulturbolschewistisch bekämpften Schule. Viele Bauhaus-Meister verbreiteten ihre Ideen nun im Ausland weiter. Stefan Wolpe wurde Pionier der modernen Musik zuerst in Palästina und später in den USA. Hier hatte der Bauhaus-Meister Josef Albers die Sommerkurse des Black Mountain College gegründet. Wolpe verfocht als dessen Musikdirektor weiter Bauhaus-Ideen.
Zu Stefan Wolpes Schülern gehörten die Komponisten Morton Feldman, Ralph Shapey und David Tudor, welche die musikalische Avantgarde der USA wesentlich prägten. 1948 kam John Cage ans Black Mountain College. László Moholy-Nagy, der in Chicago ein New Bauhaus gründete, hatte ihn schon 1941 eingeladen, dort experimentelle Musik zu unterrichten.
In Weimar und Dessau waren sehr unterschiedliche Arten von Musik zu hören gewesen. Obwohl die Bauhaus-Idee vom sich gegenseitig inspirierenden Ensemble der Künste die Musik nie in den Vordergrund stellte, prägte sie auch die musikalische Entwicklung. Dies wirkt bis heute fort.
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