Das Ende des Interpretenbetriebs

    Thomas Oberender im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 05.05.2013
    Das Großtreffen der Theaterbranche, das Theatertreffen, findet derzeit in Berlin statt - und zwar zum 50.Mal. Thomas Oberender veranstaltet das Theatertreffen und erklärt, was sich in den letzten Jahren verändert hat.
    Thomas Oberender war in Bochum Dramaturg, dann Kodirektor in Zürich und danach Schauspielchef bei den Salzburger Festspielen. Er leitet seit einem Jahr die Berliner Festspiele, die das Theatertreffen veranstalten – und mit ihm sprach Susanne Burkhardt darüber, wie die neue Funktion seinen Blick auf das Theatertreffen verändert hat.

    "Ich will diese leichte Note von Selbstgefälligkeit abschütteln, die der Veranstaltung innewohnt", sagt Oberender. Das Theatertreffen sei ein Spiegel unserer Gesellschaft, hier schlage sich Zeitgeschichte nieder. "Es ist ein Blick in den Zustand unseres Gemeinwesens, was uns bewegt." Theater werfe oft ein Schlaglicht auf gesellschaftliche Vorkommnisse. Das müsse auch das Thema des Theatertreffens sein.

    "Kunst fängt da an, wo Politik aufhört", sagt Oberender. Sie entstehe aus einem Problem, das in der Analyse eines Zustands eine Form von anderem Weltwissen produzierte. Sei aber nie zu verwechseln mit einer Ansage von Lösungen - im Gegensatz zur Politik, die Lösungen hervorbringen müsse. Kunst schaue Gesellschaft genau an, übersetze diese in eine andere Sprache und habe so einen starken Einfluss auf die Politik.

    Wo steht das deutsche Theater heute?
    Vor allem die Gesellschaft habe sich in den letzten 50 Jahren verändert, sei mobiler als früher. "Wir gehen heute anders mit Autoritäten um, das Bild des Vaters, aber auch des Sohnes habe sich verändert", sagt Oberender. Aber auch die ökonomische Liberalisierung habe uns alle an den Rand unserer Funktionsfähigkeiten gebracht. "Das lässt die Kunst über sich selber nachdenken über ihre Institutionen und Formen."

    Das deutsche Theater sei nicht mehr nur ein Interpretenbetrieb. Das Theatertreffen sei auf Institutionen für Interpreten gebaut worden, aus denen man heute ausgezogen sei - die Gründer des Theatertreffens wären davon vermutlich zutiefst irritiert. "Heute sind diese Institutionen Orte, in denen Autoren arbeiten und diese Autoren nennen sich Regisseure", sagt Oberender. Es gehe nicht mehr darum, die x-te Lesart von "Kabale und Liebe" zu finden, sondern dieses Reflexivwerden von Kunst und diese Ausweitung des Werkbegriffs auf Momente des Performancehaften, der Multigenres.

    Das vollständige Gespräch mit Thomas Oberender können Sie bis mindestens 5. Oktober 2013 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
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