Das BR-SO mit Igor Levit und Lionel Bringuier

Alles tanzt!

Der Pianist Igor Levit
Der Pianist Igor Levit © Felix Broede/Website Igor Levit
29.05.2015
Der junge französische Dirigent Lionel Bringuier debütierte beim BR-Sinfonieorchester - das Programm war französisch und ganz dem Tanz gewidmet - natürlich mit dabei Ravels "Boléro". Außerdem spielte Igor Levit Beethovens 3. Klavierkonzert. stand ganz im Zeichen des Tanzes - mit dabei natürlich auch Ravels "Boléro".
Ein Gesellenstück eröffnet den Konzertabend - Anton Weberns "Passacaglia" für Orchester, sein Opus Eins, noch in spätromantischer großer Besetzung geschrieben vom gelehrigen Schüler Arnold Schönbergs, der bald darauf für seine Sparsamkeit in jedweder musikalischer Hinsicht bekannt werden sollte.
Zwei ursprünglich spanische Tänze bilden an diesem Abend also die Klammer, wenn der rauschhafte, einst skandalträchtige "Boléro" von Maurice Ravel das Programm abschließt. Dazwischen steht mit Ludwig van Beethovens 3. Klavierkonzert das einzige Werk, das nicht so sehr dem Geist des Tanzes entlehnt ist, aber dafür umso deutlicher dem der Improvisation. Denn der Komponist hat es selbst als Solist 1803 in Wien uraufgeführt. Augenzeugen berichten, dass die Noten, die auf dem Solo-Klavier gelegen haben, nur aus fragmentarischen Notizen bestanden. Beethoven hat sein drittes Klavierkonzert also erst niedergeschrieben, nachdem er es der Öffentlichkeit vorgestellt hatte.
Besonderen Repertoirewert hat das dritte Werk des Abends, die "Tragödie der Salome", eine sinfonische Dichtung des französisch-lothringischen Komponisten Florent Schmitt. Dessen Musik ist hierzulande gänzlich unbekannt. Diese Vernachlässigung mag auch darin begründet sein, dass mit der Biografie des 1870 geborenen und 1958 gestorbenen spätromantischen Komponisten einige unschöne Details verbunden sind. Bei Schmitt ging - ähnlich wie bei Hans Pfitzner - eine erzkonservative musikalisch-ästhetische Haltung eine reaktionäre politische Einstellung einher. Er diffamierte öffentlich Komponisten wie Kurt Weill und zeigte offene Sympathien mit dem Vichy-Regime und der deutschen Okkupation. Seine zweiteilige sinfonische Dichtung über Salomé, eine Figur, die als Sujet um die vorletzte Jahrhundertwende äußerst beliebt war, zeigt den Komponisten im Vollbesitz seiner musikalisch-geistigen Kräfte. Publiziert hat er das Werk zwei Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges. Der junge Dirigent Lionel Bringuier fand es beim ersten Hören im Paris unserer Tage überwältigend und hat es seit Beginn seiner steilen Karriere schon mehrfach aufgeführt.
Geboren 1986 in Nizza zählt Lionel Bringuier heute zum vielversprechenden Dirigentennachwuchs, wobei er schon mehrere feste Positionen besetzt und von vielen großen Orchestern heißt begehrt wird. Seit der laufenden Saison leitet er als Chefdirigent in der Nachfolge von David Zinman das Zürcher Tonhalle Orchester. Gerade hat er ein ähnlich ausgefallenes Programm wie das in München mit dem Cleveland Orchestra erarbeitet. Überhaupt setzt er sich international für das wenig bekannte französische Repertoire ein, für missachtete Komponisten wie Florent Schmitt oder Vincent d'Indy oder die selten zu hörenden Werke bekannter Leute wie Camille Saint-Saëns.
Über den in Hannover ausgebildeten und lebenden Pianisten Igor Levit muss man hierzulande nicht mehr viel sagen. Er ist beinahe omnipräsent mit seinen brillanten und mitreißenden Interpretationen sowohl der solistischen wie der konzertierenden Literatur aus Klassik und Romantik.
Philharmonie im Gasteig, München
Aufzeichnung vom 15. Mai 2015
Anton Webern
Passacgalia für großes Orchester op. 1
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-moll op. 37
Florent Schmitt
"La tragédie de Salomé" Ballettsuite für Orchester op. 50
Maurice Ravel
"Boléro" Ballettmusik für Orchester
Igor Levit, Klavier
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Lionel Bringuier